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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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etwas, das mir zur Seite steht. Etwas, das ich um Hilfe bitten kann. Etwas, das mir sagt, alles wird gut.“ Er schaute d’Albret von der Seite an. „Ist das Gott? Hat Gott mich vorhin vor dem Tode bewahrt?“
    Der Priester massierte sich den Nasenrücken. „Cori hat Sie vor dem Tode bewahrt“, sagte er heiser. „Vielleicht kommt Ihr Gefühl auch nur daher, dass wir den Gedanken, wir könnten sterben, nicht wahrhaben wollen.“ Er schaute auf den Fluss hinaus. Was redete er da?
    Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Gott ist keine Schmusedecke.“
    York runzelte die Stirn und schwieg.
    „Und jetzt?“, fragte Tilly ratlos. „Wo sind wir eigentlich?“
    D’Albret dachte nach. „Wir sind zuletzt auf die Anden zugeflogen, grob in Richtung Süden.“
    Tilly stimmte ihm zu. „Der Río Sillay muss im Osten liegen. Wir waren noch in der Nähe von San Ramón, bevor wir abgestürzt sind, oder?“
    Cori schwieg. Er betastete einen Riss über dem Ohr. Aber er blutete kaum.
    „Also, dann müssen wir nach Osten“, sagte der Priester. „Da waren doch aucme ren doch Siedlungen der Shawi. Vielleicht finden wir dort Hilfe.“
    Der Peruaner stand auf und löste die Machete vom Rucksack des Amerikaners. Er hieb prüfend auf einige Stauden ein. Zufrieden sah er zu, wie Äste und Blätter zu Boden fielen.
    „Wir sollten los.“
    Dienstag, 16. Juni, Iquitos, Peru
    Der Mann aus der Türkei war älter, als Francesco Pérez erwartet hatte. Aber er wirkte schlank und gesund und in seinem dunklen Anzug und den teuren Schuhen sehr elegant. Der Eindruck wurde vermutlich noch verstärkt durch den Kontrast zu den Rucksacktouristen, mit denen er die Gangway herunterkam.
    Hinter dem blauweißen Airbus 319 von Star Perú ragten Palmen auf. Der internationale Flughafen Coronel FAP Francisco Secada Vignetta von Iquitos stellte neben dem Fluss die einzige Möglichkeit dar, die Großstadt mit ihren 400’000 Einwohnern im Herzen des Dschungels zu erreichen. Trotzdem war er nicht mehr als ein langes, schmales Stück gerodeter und asphaltierter Regenwald im Westen der Stadt, umgeben von den Armenvierteln von San Juan Bautista. Es war wahrscheinlich der einzige Flughafen der Welt, der seinen Betrieb jeden Tag für eine Weile einstellte, weil die Geier den Luftraum über ihm in Beschlag nahmen.
    Tanriverdi zog ein Taschentuch aus der Anzugjacke und tupfte sich einige Schweißtropfen von der Stirn. Über ihre Köpfe hinweg zog ein Polizeihubschrauber in die rote Abenddämmerung. Der Wind der Rotoren zwang Tanriverdi, seinen breitkrempigen grauen Hut festzuhalten. Der Türke zog einen einzigen, großen Rollkoffer hinter sich her. Pérez ging auf ihn zu und reichte ihm die Hand.
    „Es freut mich, Sie persönlich kennenzulernen“, begrüßte ihn Tanriverdi.
    „Ganz meinerseits“, antwortete Pérez und meinte es nicht so. „In welchem Hotel wohnen Sie?“
    „Oh, im El Dorado Plaza.“ Tanriverdi ließ den Blick über das schlichte, flache Flughafengebäude mit dem niedrigen Tower schweifen. „Mein Sekretär meinte, es wäre das beste in Iquitos.“
    „Da hat er sicher recht“, stimmte Pérez zu. „Es ist das erste und einzige Fünf-Sterne-Hotel in Iquitos.“
    Tanriverdi trat in den Schatten einiger Bäume am Rand der Landebahn und zog ein dunkles Smartphone aus der Tasche. „Mein Blackberry hat mir vorhin gemeldet, es sei Zeit für das Abendgebet“, erklärte er. „Und die Sonne ist ja tatsächlich schon untergegangen.“
    Er warf einen Blick auf das flache Gerät und drehte sich dann so, dass er fast parallel zur Landebahn Richtung Osten schaute.
    „Großartig, diese Technologie“, sagte er. „Es ist mir jetzt überall möglich, exakt in Richtung Mekka zu blicken.“
    Er kreuzte die Arme vor der Brust und begann, laut zu beten.
    Pérez musste grinsen. Seinem Verständnis nach schickte Tanriverdi seine Gebete jetzt eher in Richtung Antares als nach Mekka. Oder unterlagen seine Worte auf besondere Weise der Schwerkraft und flogen der Erdkrümmung folgend in Richtung Kaaba? Er ging zur Seite und verfolgte gelangweilt den Flug einiger später Geier, die über einer der Müllhalden der Stadt kreisten.
    Nach einer Weile beugte sich der Türke vor, die Hände auf den Knien. Dann zog er ein großes Taschentuch aus der Jacke, legte es auf den Boden, kniete sich darauf und drückte die Stirn gegen den Boden. Endlich erhob er sich und ging mit ausholenden Schritten auf das Flughafengebäude zu.
    „Es ist gut, dass wir die ganze Sache

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