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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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leid, ich habe keine Zeit, jetzt danach zu suchen.“
    Enttäuscht gab Tilly das Mikro an Amaringo zurück. Der Apu lauschte eine ganze Weile auf die Worte des Arztes, die aus dem Lautsprecher krachten. Plötzlich sprang er auf und stieß eine Faust in die Luft.
    „Es gibt großartige Neuigkeiten“, rief er. „Der Premierminister hat angekündigt, dass die Regierung den Kongress morgen auffordern wird, die schlimmsten Gesetze fallen zu lassen. Der Premierminister will außerdem zurücktreten, sobald die Proteste beendet sind. Unser Anführer darf nach Nicaragua ausreisen.“
    Amaringo strahlte über das ganze Gesicht. „Das ist ein großer Erfolg. Das bedeutet, es wird für diese Verbrecher nicht mehr ganz so leicht sein, uns auszurauben. Jetzt herrschen wieder die Verhältnisse von zuvor. Schlecht, aber immerhin.“
    Er stand auf und breitete seine Arme aus. „Ich würde mich freuen, wenn ihr diese Nachrichten heute Abend mit mir feiern würdet. Wir sind traurig über den Tod unserer Brüder. Aber das sind historische Momente für uns.“ Er wandte sr w Er wanich zur Tür. „Ich muss das meinen Leuten sagen.“
    Draußen wies er die Böschung hinunter zum Fluss.
    „Möchten Sie vielleicht angeln?“, fragte er. „Das bieten wir Touristen immer gern an. Es gibt wunderschöne Stellen hier. Und die Touren sind nicht teuer.“
    Cori schüttelte den Kopf. Er verabschiedete sich von den anderen. Tilly konnte sich denken, was der Pilot vorhatte. Sie konnte es verstehen. Ihr war auch nicht danach, Touristin zu spielen. Andererseits … irgendwas mussten sie ja tun, solange sie hier festsaßen.
    Ein breiter Weg führte hinunter zur Anlegestelle. Etliche Kanus verschiedenster Größen lagen am Ufer im Schatten einiger Palmen. Menschen stiegen ein und aus, trugen Säcke an Bord und Kübel mit Fischen an Land.
    Amaringo führte sie hinunter und sprach mit einem der jungen Männer, die gerade ein großes Kanu entluden. Kurz darauf hockten die drei Besucher mit dem Shawi namens Jesús in einem langen Einbaum in einem schmalen, stillen Seitenarm des Río Sillay.
    Die Bäume am Ufer stützten sich auf Wurzeln, die tief ins Wasser reichten, sodass Wald und Fluss ineinander übergingen. Der Eindruck wurde noch dadurch verstärkt, dass sich die Bäume im Wasser spiegelten.
    Jesús reichte dünne Äste herum, an denen sich Schnüre mit einem Haken befanden. Aus einer Plastikdose reichte er ihnen kleine Stückchen Fisch als Köder.
    D’Albret winkte ab. Er hasste das Angeln. Er konnte nicht nachvollziehen, dass es spannend sein sollte, seine Kräfte mit einem Fisch zu messen. Wenn man Fische essen wollte, okay, dann mussten die Tiere irgendwo herkommen. Darum ging es Anglern jedoch in der Regel nicht. Klar, die Tiere wurden verspeist. Aber eigentlich war das Ziel, ein anderes Lebewesen hereinzulegen und umzubringen. Die Krone der Schöpfung machte sich einen Spaß daraus, geistig unterlegene Kreaturen zu unterwerfen. Vielleicht brauchten Angler das Machtgefühl, weil sie sonst im Leben keine Kontrolle ausüben durften? Andererseits waren viele Politiker und Manager und sonstige Machtmenschen passionierte Angler und Jäger. Ging es also darum, auch in der Freizeit noch Macht, Beherrschung und Kontrolle auszuüben? Und den Erfolg damit zu feiern, dass das Opfer zum krönenden Abschluss verspeist wurde – was ja im Geschäftsleben nicht gut möglich war?
    Sie verbrachten den Rest des Tages in dem Kanu und sprachen kaum miteinander.
    D’Albret dachte immer wieder an den Absturz. Er machte sich schwere Vorwürfe, weil er nicht in der Lage gewesen war, Cori zu helfen, als dieser York aus dem Flugzeug geholt und wiederbelebt hatte. Er hatte wieder völlig versagt. Er dachte an Yvonne und die Hure in Sevilla. Auch da hatte er völlig versagt. Dazwischen blitzten immer wieder Bilder von Bertrand Merdrignac auf, blutüberströmt, mit einer Stichwunde im Hals.
    Auch Tilly ging der Absturz nicht aus dem Kopf. Sie wären beinahe gestorben. Und die Zahl der Menschen, die nach der Begegnung mit ihr wirklich gestorben waren, wuchs ständig. Es hatte mit Belotti angefangen. Dann der Junge in Lima, die Demonstranten in der Curva del Diablo, der Kardinal und sein Fahrer. Und sie selbst wäre während des Ausflugs zum Cumpanama fast umgekommen.
    Wenigstens war Arie nur krank geworden und nicht gleich gestorben. Was hätte sie darum gegeben, den Kopf jetzt an seine Brust legen zu können.
    York dagegen dachte darüber nach, wie es weitergehen

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