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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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Kreationisten.“
    „Ich“, sagte Tanriverdi würdevoll, „muss überhaupt nichts zeigen. Und kommen Sie mir bloß nicht mit dem Archaeopteryx oder dem Tiktaalik . Das alles sind Mosaikformen, die Allah genauso erschaffen hat, wie wir sie finden.“
    Erneut war es Pérez, der dem Türken widersprach. „Wenn wir von vielen Arten Fossilien ausschließlich aus der jüngeren Vergangenheit finden, dann doch vermutlich deshalb, weil es diese Arten vorher nicht gab. Wenn wir Fossilien von Säugetieren finden, die den Knochen von Walen ähneln, und wenn wir feststellen, dass Wale noch überflüssige Reste hinterer Gliedmaßen besitzen … das spricht dafür, dass es bei Walen einen Schritt aus dem Wasser ans Land und wieder zurück gab.“
    Pérez hob die Stange mit der Schiffschraube ein wenig an, damit sie sich nicht in den Untergrund grub. „Die Evolutionstheorie“, erklärte er, „wurde ja auch bestätigt durch Entdeckungen in der Genetik, der Entwicklungsbiologie, der Biogeografie, der Verhaltensbiologie, der Geologie. Es sind noch lange nicht alle Details geklärt. Und es wird noch diskutiert, wie genau das alles vor sich gegangen ist und immer noch vor sich geht. Aber …“
    „Was reden Sie denn da?“, widersprach Tanriverdi. „Gerade die neuen Erkenntnisse aus der Mikrobiologie und der Genetik zeigen, dass die Evolutionstheorie falsch ist.“
    Es begann zu regnen. Revilla setzte den Hut wieder auf und schaute Tanriverdi unter der Krempe hervor zornig an. „Ich hätte mich auf die Diskussion gar nicht erst einlassen sollen. Wenn ich Sie jetzt nach diesen Erkenntnissen frage, überfahren Sie uns wahrscheinlich mit einer Sammlung obskurer Daten, die mit obskuren Methoden ermittelt wurden.“
    Tanriverdi erwiderte den Blick. „Sie beleidigen mich. Sie werfen mir Unredlichkeit vor. Aber Sie sind es doch, die alle Forscher ablehnen und beschimpfen, die sich nicht nach Ihren Maßstäben richten.“
    Das Boot legte sich ein wenig zur Seite, als Pérez zum Ufer steuerte. Sie hatten Bethel erreicht, ein Dorf mit fast 300 Einwohnern am Nordufer des Flusses.
    In Bethel herrschte gespannte Nervosität. Die Indigenen machten einen Bogen um die Fremden, während Tanriverdi und die Amerikanerin sich neugierig umschauten. Pérez suchte den Apu. Doch bevor sie den Ältesten gefunden hatten, stießen sie auf eine Gruppe schwer bewaffneter Polizisten. Einer der Uniformierten führte sie zu seinem Vorgesetzten. Sie zeigten ihm die Genehmigung des Instituto Nacional de Cultura für ihre Expedition. Widerwillig prüfte der Offizier die Papiere.
    „Kehren Sie zurück nach Jeberos“, wandte er sich an Revilla. „Hier könnte es gefährlich werden, und wir können nicht für Ihre Sicherheit garantieren.“ Er warf den Dorfenearf denbewohnern, die sie mit grimmigen Gesichtern beobachteten, einen wütenden Blick zu.
    Revilla bedankte sich. „Wir werden vorsichtig sein. Aber was ist eigentlich hier los?“ Der Polizist schüttelte den Kopf und wandte sich ab.
    Endlich entdeckte Pérez den Apu. Der Dorfälteste kam aus einer großen Hütte in der Mitte des Dorfes. Er erkannte Pérez wieder. Verwundert kam er herüber. Der Student bat ihn, sie mit Essen zu versorgen. Während sie in der Hütte des Apu aßen, erzählte ihnen der Alte, was die Polizei hier draußen wollte.
    Die Behörden beschuldigten die Indigenen, die Arbeiter der Ölfirma aus dem Lager an der Bohrstelle, auf das Pérez gestoßen war, entführt zu haben. Am Morgen waren Ermittlungsbeamte und Einheiten der Dinoes in den Dörfern am Río Supayacu aufgetaucht, hatten die Bewohner – wo nötig mit Gewalt – zusammengetrieben und begonnen, sie zu befragen. Noch immer hockten etliche der Indigenen im Gemeindehaus und warteten darauf, verhört zu werden. Nach allem, was der Dorfälteste erfahren hatte, wurden 13 Arbeiter vermisst.
    Die Ölfirma und die Behörden hielten den Vorfall wegen der Unruhen im ganzen Land geheim, dachte Pérez. Offenbar hatte bisher noch nicht einmal die Presse in Iquitos Wind von der Sache bekommen.
    In der Hoffnung, noch vor der Dunkelheit das Ziel zu erreichen, brachen sie bald wieder auf. Um weiteren Begegnungen mit der Polizei aus dem Weg zu gehen, hielten sie sich von den Dörfern fern. Um kurz nach 15 Uhr machten sie eine kurze Rast am Südufer, sodass Tanriverdi sein Asr-Gebet sprechen konnte. Auf der gegenüberliegenden Seite lag das Dorf Nuevo Junín. Ab hier würden sie auf keine weiteren Siedlungen mehr stoßen.
    Sonnenstrahlen

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