Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
Vom Netzwerk:
fielen schräg durch die Wolken, die sich über den Baumkronen ballten. Das Licht tanzte auf den kleinen Wellen, die ihr Peke-Peke in Richtung Ufer schickte. Pérez bog in den schmalen, nördlichen Zufluss des Río Supayacu, an dessen Ufer er das Fossil gefunden hatte. Es würde bald dunkel werden, aber jetzt war es nicht mehr weit.
    Es herrschte angespanntes Schweigen. Alle suchten konzentriert die Ufer nach der richtigen Sandbank ab. Revilla hatte sich halb aufgerichtet. Tanriverdi rutschte auf dem Holzbrett herum, auf dem er saß. Selbst Pérez erwischte sich dabei, wie er mit zusammengekniffenen Augen nach Hinweisen auf ihr Ziel Ausschau hielt, obwohl er wusste, dass sein GPS-Gerät sie direkt dorthin bringen würde.
    Endlich tauchte am westlichen Ufer ein baumloser Streifen lehmiger Erde unterhalb einer Böschung auf. Sie waren am Ziel.
    Pérez steuerte hinüber. Das Boot schabte über den grauen Grund und wirbelte Wolken von Schlick auf.
    Jetzt, wo er wusste, worauf er achten musste, sah Pérez die freiliegenden Teile des riesigen Krokodilkiefers sofort. Sein Fossil. Nicht nur irgendein weiterer Saurier. Nein, vielleicht eine der wichtigsten Entdeckungen der Naturwissenschaften.
    Revilla sprang aus dem Bug und platschte den letzten Meter durch das Wasser. Tanriverdi folgte ihm. Während Pérez und die Amerikanerin das Boot ans Ufer zogen, tastete der Paläontologe sich mit vorsichtigen Schritten, den Blick auf den Boden geheftet, zu dem Schädel hinüber. Dann drehte er sich zu den anderen um. „Wartet bitte einen Augenblick.“
    Er schaute eine Weile auf die braungrauen Strukturen hinab, die Arme um den Oberkörper geschlungen. Schließlich sank er auf die Knie und pickte Laub weg, das Teile des 15 Millionen Jahre alten Kiefers bedeckte.
    Pérez hatte gespannt auf diesen Augenblick gewartet. Ungeduldig beobachtete er den Wissenschaftler.
    Der Professor beugte sich über das Fossil. Regungslos verharrte er eine Weile in dieser Haltung. Dann rückte er sich die Brille zurecht, brachte das Gesicht ganz nahe an den Kiefer und starrte auf die Pfeilspitze im Knochen. Sein Gesicht hatte alle Farbe verloren. Seine Hände zitterten leicht, als er einen Pinsel aus der Tasche zog und die Stelle rme die Stvorsichtig bearbeitete.
    Pérez, Tanriverdi und die Amerikanerin warteten schweigend. Dann richtete Revilla sich wieder auf und räusperte sich.
    „Erwarten Sie nicht, dass ich jetzt schon etwas dazu sage.“ Er wies auf verschiedene Stellen des Uferstreifens. „Achtet genau darauf, wo ihr hintretet“, sagte er. „Hier sind überall weitere Knochen im Boden.“
    Pérez grinste.
    „Wir können hier hinten die Böschung hoch und dort oben zelten.“ Er stemmte sich seinen Rucksack auf die Schultern und stieg den kurzen Hang hinauf.
    Tanriverdi scharrte sprichwörtlich mit den Füßen, seine Kamera vor der Nase. Endlich wies ihm Revilla einen Weg zu dem Fossil. Der Türke ging zu dem Krokodilschädel hinüber, hockte sich davor und machte Nahaufnahmen.
    „Bitte seien Sie vorsichtig“, schnauzte Revilla ihn an. „Berühren Sie ja nichts.“
    Pérez musste erneut grinsen. Es war deutlich zu sehen, wie scharf sich die beiden Männer gegenseitig im Auge behielten, um sich keine Gelegenheit zu geben, etwas zu manipulieren.
    Revillas Assistentin hatte ebenfalls einen Fotoapparat gezückt und begann, detaillierte Bilder von den Fossilien und der Umgebung aufzunehmen. Tanriverdi machte ihr schließlich an dem riesigen Schädel Platz.
    Der Türke stieg zu Pérez hinauf. „Ein Krokodilschädel. Ein Mohrenkaiman wahrscheinlich“, sagte er lächelnd.
    „So ein Unfug“, rief Revilla, der seinen Rucksack hinter ihm die Böschung hinaufschleppte. „Das Fossil sieht völlig anders aus. Der Kopf ist viel größer und flacher und breiter.“
    Er schüttelte den Kopf. „Das ist ganz eindeutig der Schädel eines Purussaurus . Schauen Sie doch nur die riesige Nasenöffnung an, die ist ja mehr als halb so lang wie der gesamte Schädel. Und das große Foramen incisivum reicht vorn bis zwischen die Fossae der ersten Unterkieferzähne …“
    Er schaute zu dem Türken hinüber und tippte sich an die Stirn. „Sie haben natürlich keine Ahnung, wovon ich rede, oder? Das ist vermutlich ein Purussaurus mirandai . Der gehört zwar zur selben Unterfamilie wie der Mohrenkaiman, aber zu einer eigenen Gattung.“
    Er winkte ab und wandte sich an Pérez. „Hier schlagen wir unser Lager auf?“
    „Damit uns die noch lebenden Verwandten

Weitere Kostenlose Bücher