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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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es nicht laut sagen.
    „Ich kann nicht mehr“, sagte Tilly leise. „Ich kann nicht mehr rennen.“
    Sie sackte mit dem Rücken an der Wand zusammen. Ihr war, als würde sie einen fremden Menschen beobachten, dem Dinge zustießen, die ihr niemals zustoßen würden, weil sie viel zu gefährlich waren, viel zu furchtbar. Sie war mit einem Killer ins Bett gegangen. Mit einem Flugzeug abgestürzt. Sie rannte in dunklen Gängen um ihr Leben. Sie hatte zugesehen, wie York von Kugeln getroffen wurde. Bei dem Gedanken stöhnte sie laut auf. „Was ist mit Rob?“, fragte sie leise.
    D’Albret hockte sich neben sie und legte den Arm um ihre Schultern. „Es tut mir leid“, flüsterte er. „Ich fürchte, er ist tot.“
    „Warum sind wir nur weggerannt?“, rief Tilly. „Ihr habt doch auch Waffen. Warum habt ese Warum ihr diesen Mistkerl nicht erschossen? Dann hätten wir Rob helfen können.“
    Sie schlug d’Albret gegen die Brust.
    D’Albret ließ sie gewähren. „Ich kann mit diesem Ding nicht besonders gut umgehen“, sagte er leise und zeigte auf das Gewehr. „Ich bin … Priester.“
    Wie lächerlich das klingt, dachte er. Wäre die Situation nicht so furchtbar gewesen, hätte er über diese Feststellung laut gelacht.
    MacLoughlin beugte sich zu Tilly herunter. „Es tut mir sehr leid, Nora. Aber selbst wenn York noch lebt … ich wüsste gar nicht, was wir tun sollten.“
    Sie ballte frustriert die Fäuste. „Arie hat ihn zweimal in die Brust getroffen, das habe ich gesehen. Er hätte einen Arzt gebraucht, und wir“, sie wies in die Finsternis, „wir stecken hier fest.“
    Tilly ließ ihren Kopf an d’Albrets Brust sinken und weinte lautlos.
    MacLoughlin überlegte. Was würde van der Merwe tun? Er musste sie eigentlich alle als Zeugen ausschalten, das war klar. Aber er selbst war auch ein Eindringling und konnte sich nicht gefahrlos in diesen Tunneln bewegen. Vielleicht würde er auch die Anlage verlassen, in der nicht unbegründeten Hoffnung, sie würden hier alle sterben. Er könnte eine Expedition für seine Auftraggeber organisieren und zurückkommen. Vielleicht schwer bewaffnet, um sich diese intelligenten, aber technisch natürlich völlig unterlegenen Tiere vom Hals zu halten? Er …
    Ihr Blick fiel auf den oberen Bereich der Wand zu ihrer Linken. Das Licht ihrer Lampe wurde nicht von der Mauer reflektiert, sondern geschluckt. Ein breiter Spalt klaffte zwischen der Decke und der Wand. Und jetzt, wo sie genauer hinschaute, konnte sie eine rohe Zeichnung erkennen, die die Wand und einen Teil der Decke verzierte. Eine riesige Echse. Die Kiefer des Tieres umfassten den Spalt in der Wand, sodass die Öffnung das Maul des Reptils darstellte. Die Farbe, mit der der Körper gezeichnet worden war, war kaum noch zu erkennen. Lediglich die großen, kalten Augen, mit denen das Tier auf sie herabschaute, waren noch deutlich zu erkennen. Sie streckte sich ein wenig und fuhr mit der Hand in den Spalt hinein. Eine lang gestreckte Nische? Oder vielleicht …
    Sie sicherte die Pistole, steckte sie ins Holster und legte die Taschenlampe auf den Sims. Dann zog sie sich an der Mauer hoch. Dahinter befand sich ein schmaler Raum, der parallel zum Gang verlief. MacLoughlin schätzte ihn auf vielleicht einen Meter tief und vier oder fünf Meter lang. Sie schob sich über den Sims und ließ sich auf der anderen Seite wieder hinunter. Es knirschte unter ihren Stiefeln wie morsches Holz. Sie leuchtete nach unten und stieß einen lautlosen Pfiff aus. Knochen bedeckten den Boden. Menschliche Knochen. Ihr schauderte. Aber im Vergleich zu dem, was ihnen sonst drohte, war es wenigstens ungefährlich, dachte sie. Sie zog sich wieder auf den Mauersims.
    „He“, rief sie leise. „Ich habe einen Vorschlag.“
    Drei müde Augenpaare funkelten ihr im Licht der Lampe entgegen.
    „Hier ist ein Raum, der vom Gang aus kaum zu sehen ist. Offenbar hat hier jemand vor langer Zeit Leichen entsorgt. Aber ich denke, wir können uns hier eine Weile ausruhen.“
    D’Albret half der jungen Frau und dem Peruaner über die hohe Trennwand, bevor er sich selbst hinüberzog.
    Er zuckte zusammen, als unter seinen Stiefeln der Oberschenkelknochen eines menschlichen Skeletts zerbrach. Doch wirklich schockieren konnte ihn so etwas inzwischen nicht mehr. Dieser Mensch hier spürte nichts mehr.
    MacLoughlin leuchtete den Raum aus. Es waren vier Skelette, die über den Sims geworfen worden waren. „Der Echse ins Maul gestopft“, flüsterte sie.
    Fetzen

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