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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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oder Varillales von Jeberos mit ihrem nährstoffarmen Grund bestanden aus Feuchtgebieten entlang der Flüsse, Seen und Sümpfe und beherbergten eine ganz besondere Tier- und Pflanzenwelt. So wuchsen die Pflanzen hier langsamer und waren widerstandsfähiger gegen Insekten als ihen ekten are Verwandten auf nährstoffreicherem Boden. Da der Regenwald hier – wie überall – mit hohem Tempo vom Menschen zerstört wurde, war es wichtig, die Gebiete zu untersuchen. Nur wenn man wusste, was zerstört wurde, konnte man Einfluss nehmen auf die Entscheidungen über Holzschlag, Landwirtschaft und Ölbohrungen.
    Die Aufgabe, die er für seine Doktorarbeit bewältigen musste, bestand unter anderem darin, den Bestand der Arten aufzunehmen, für die Jeberos unter Vogelfreunden berühmt war. Die Liste der Tiere, die er bereits entdeckt hatte, war beeindruckend lang.
    Nach einer Weile war er sicher, welcher Vogel da rief. Ein Schwarzpipra. Den hatte er schon auf seiner Liste. Er holte seine Notizen heraus und trug das Tier der Vollständigkeit halber ein. Der Vogel war bald wieder still. Andere meldeten sich in der zunehmenden Dämmerung. Die Rufe, die er nicht kannte, versuchte er in seinem Notizbuch lautmalerisch zu skizzieren.
    Er hatte seine Fahrt auf dem Río Supayacu im Norden von Jeberos begonnen und die Dörfer der Shawi am Fluss besucht. Die Zerstörung des Waldes rund um die kleinen Siedlungen mit ihren Pfahlbauten war erschreckend. Immer größer wurden die bewirtschafteten Flächen, immer wieder kamen neue kleine Dörfer hinzu, von denen aus die Zerstörung tiefer in den Dschungel getragen wurde.
    In Nuevo Junín, einem der westlichsten Dörfer am Río Supayacu im Distrikt Jeberos, hatte Pérez sich ausführlich mit dem Apu, dem Ältesten der einige Dutzend zählenden Einwohner, unterhalten. Der Chayahuita- oder Shawi-Dialekt der Cahuapana-Sprachfamilie war hier noch lebendig, doch die meisten der Männer, die neben Hosen und Shirts häufig noch traditionelle Röcke und Federschmuck trugen oder sogar halb nackt herumliefen, sprachen auch spanisch.
     

Die Indios waren Pérez gegenüber abweisend gewesen. Jemand war vor ihm hier vorbeigekommen, hatte einen schlechten Eindruck gemacht und war nach Nordwesten weitergezogen. Auch Hubschrauber überquerten den Dschungel seit einiger Zeit offenbar häufiger. Er befürchtete, dass es sich um Ölsucher handeln könnte oder um Kriminelle, die hier, weit weg vom Einfluss der Sicherheitsbehörden, nach Möglichkeiten suchten, Coca-Plantagen anzulegen.
    Als er erklärt hatte, dass er ebenfalls weiter nach Nordwesten wollte, hatten sie ihm vermittelt, das Gebiet sei verflucht oder tabu oder so etwas. Er hatte schon befürchtet, dass der Dorfschamane ihm irgendeinen Talisman verkaufen wollte. Er …
    Hatte da jemand in der Nähe auf den Fingern gepfiffen? Er richtete sich erschrocken auf. Erneut schwebte der hohe, einzelne Laut durch den Wald. Und wurde von jenseits des Flusses beantwortet.
    Pérez griff nach seiner Machete. Der Schweiß brach ihm aus. Wurden da Signale ausgetauscht? Waren die Indios mit ihren Speeren und Blasrohren gekommen, um den unerwünschten Eindringling zu erledigen? Er wusste, dass die Shawi einmal Kopfjäger gewesen waren. Das war lange her. Aber allein abends im Dschungel erschien der Gedanke daran plötzlich nicht mehr ganz so abwegig.
    Der Pfiff wiederholte sich und wurde erneut beantwortet. Nachdem das viermal geschehen war, atmete Pérez auf. Die Pfiffe kamen immer von denselben Stellen. Menschen hätten sich sicher längst bewegt.
    Er sprühte sich Arme und Gesicht mit Mückenspray ein, stopfte sich die Hose in die Socken, schlüpfte in die Schuhe und kletterte aus dem Zelt.
    Die Sonne hatte den wolkigen Horizont über den Bäumen in ein Feuerwerk aus Rot, Gelb und Violett verwandelt, das sich mit dem Spiegelbild im Fluss zum zerfransten Bild eines Rorschach-Testes vereinigte.
    Vorsichtig schlich er in den Wald. Dann hatte er den Ursprung des Geräuschs entdeckt. Eine Schreieule, die ihrem Namen alle Ehre machte. Als er sich ihr langsam näherte, begann sie mit einer Reihe seltsam kauender und schmatzender Laute. Das imposante Tier, das ihn aus großen, schwarz umrandeten Augen skeptisch betrachtete, war vielleicht 40 Zentite.cht 40 meter groß. In der Dämmerung konnte er keine Farben mehr erkennen, doch die dunklen Streifen, die dem Tier seinen englischen Namen Striped Owl gaben, hoben sich deutlich vom übrigen hellen Gefieder ab. Federbüschel

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