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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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Gruß. Jetzt segnet er ihn, dachte Tilly. Sie hatte sich getäuscht. Er winkte nur, und als sich die beiden erreicht hatten, umarmten sie sich herzlich.
    Dann zeigte Merdrignac fragend auf die Blessur an d’Albrets Auge.
    Der Priester winkte ab. „Nachher.“
    Mit neugierig hochgezogenen Augenbrauen betrachtete der Kardinal dann die weibliche Begleitung seines früheren Mündels und streckte ihr die Hand mit einem großen, goldenen Ring entgegen. Sie überlegte kurz, ob sie aufgefordert war, seinen Ring zu küssen. Aber er schüttelte ihr nur die Hand.
    „Dann sind Sie also Frau Tilly“, stellte er auf Englisch mit französischem Akzent fest. „Und Sie erweisen uns die Ehre, uns nach Peru zu begleiten? Das ist schön.“
    Während der Begrüßung umfasste er mit der linken Hand ihren Unterarm.
    „Ich hatte Sie mir anders vorgestellt“, rutschte es der jungen Frau heraus.
    Der Kardinal lachte. „Haben Sie erwartet, dass ich in schwarzer Soutane mit roten Knöpfen, scharlachrotem Gürtelband und Scheitelkäppchen aus Moiréseide auftrete?“ Merdrignac hob die Schulter. „Ich hoffe, dass ich, sollte es dazukommen, bereit bin, als Märtyrer zu sterben. Das soll die rote Farbe nämlich signalisieren. In der Tracht trete ich nur auf, wenn ich unbedingt muss, meine liebe Tochter.“
    Er wies auf seinen Begleiter. „Hochwürden Riccardo Lassandri, mein Sekretär.“
    Tilly und d’Albret schüttelten auch dem etwa 40-jährigen Mann die Hand.
    „È ora“, sagte Lassandri. „Wir müssen noch mit der Untergrundbahn zum Terminal hinüberfahren.“
    Arnaud d’Albret hatte sich an Bord des Airbus 340 kaum auf seinen Platz in einer der Viererreihen in der Mitte der Economy Class niedergelassen, als Hochwürden Lassandri sich an den Passagieren vorbeidrängte, die noch im Gang standen.
    „Seine Eminenz hat vorgeschlagen, dass Sie zu ihm in die Business Class kommen“, erklärte der Sekretär des Kardinals auf Englisch. „Ich soll den Platz mit Ihnen tauschen.“
    „Damit machen Sie mir eine große Freude, Hochwürden“, sagte d’Albret, der deutlich spürte, dass Lassandri alles andere als begeistert war von der Idee, seinen Platz im Bug des Flugzeugs aufzugeben. Der übergewichtige Priester lächelte gequält und ließ d’Albret vorbei. Dann zwängte er sich auf den Sitz neben Tilly.
    „Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus?“, wandte er sich an sie.
Die junge Frau schüttelte den Kopf. Sie hatte bereits ihren Laptop auf dem Schoß und fuhr den Computer hoch.
    Bertrand Kardinal Merdrignac hatte es sich in der Business Class auf einem der vordersten Plätze am Fenster bequem gemacht. Er hatte die Beine ausgestreckt und lächelte d’Albret an. „Ich vermisse die First Class. Aber das hier ist auch in Ordnung. Die Liegefläche lässt sich tatsächlich auf eine ordentliche Länge ausfahren. Da kann sogar ich darauf schlafen.“
    D’Albret zog seine Jacke aus und verstaute sie in der Gepäckablage. Dann ließ er sich auf dem Platz neben dem Kardinal nieder.
    „So lässt es sich fliegen“, bestätigte er. „Immerhin sind wir fast zwölf Stunden unterwegs.“ Er dachte an Nora Tilly und Lassandri und kam sich ein wenig schäbig vor.
    Eine Durchsage informierte die Passagiere, dass sie Platz nehmen und sich anschnallen sollten. Ein kaum spürbares Beben ging durch das Flugzeug, dann bewegte sich das Gate vor dem Fenster nach hinten. Der neue Tower kam ins Blickfeld. Seine Form erinnerte d’Albret an ein riesiges mittelalterliches Zepter, zugleich wirkte das Gebäude sehr modern, fast futuristisch.
    Die Maschine startete und geriet sofort in dicht gedrängte Kumuluswolken. Madrid erwartete ein Gewitter. Doch das Wetter würde sie hier oben nicht mehr viel angehen. Als d’Albret nach zehn Minuten einen Blick durch das kleine Fenster warf, verhinderte eine geschlossene Wolkendecke unter ihnen die Sicht auf die Erde.
    „Erzähl mir von dieser Nora Tilly“, bat Merdrignac den jungen Priester. Er hatte den Sitz schräg gestellt und lag mehr, als dass er saß, in den Lederpolstern.
    D’Albret erklärte ihm, was er von ihr wusste. Was nicht viel war. Und er betonte, dass er mit ihr nicht mehr zu tun hatte, als dass sie bis Lima – und vielleicht bis Jaén – dieselbe Reiseroute hatten. „Wir tun ihr nur einen Gefallen.“ Er überlegte. Es war ein wenig mehr als das. Er erklärte dem Kardinal, dass sie einen Schatz suchte und sich verfolgt und bedroht fühlte.
    „Das klingt ziemlich weit hergeholt“, sagte

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