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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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gewesen. Dort hatten islamische Terroristen 2004 in Pendlerzügen Sprengsätze gezündet, fast 200 Menschen getötet und etwa 1800 verletzt. Was für Unterschiede in der Dimension, dachte Tilly. Was wohl wäre, wenn die Basken Muslime wären?
    Über ihr und Arnaud d’Albret wölbte sich elegant die gelborangefarbene Konstruktion aus Bambusholz, die das gesamte Gebäude überdachte. D’Albret ließ sich am Hauptschalter der Iberia die vom Vatikan organisierten Bordkarten aushändigen.
    Das Plaza Mayor hatte bereits geöffnet. Die Einrichtung des Selbstbedienungsrestaurants war einem öffentlichen Platz in der spanischen Hauptstadt der 1930er Jahre nachempfunden. Sie setzten sich an einen der kleinen Tische unter der Nachbildung einer alten Straßenlaterne.
    Tilly hatte während der Zugfahrt wenig mit d’Albret gesprochen. Ständig hatte er die Knöpfe seines iPods im Ohr. Er war offensichtlich nicht zum Reden aufgelegt. Und ihr ging es genauso. Ihre Gedanken beschäftigten sich mit dem Derrotero von Ritz und mit den Informationen, die sie über das Entschlüsseln gesammelt hatte.
    Gestern hatte sie lange darüber nachgedacht, wie sie die Geheimschrift knacken könnte. Sie hatte das Buch über die Codes komplett durchgelesen, aber keine weiteren hilfreichen Informationen entdeckt. Sie hatte in einer Bank Euros in Dollars umgetauscht. Dann hatte sie Rob York angerufen und mit der Neuigkeit überrascht, dass sie bereits so gut wie in Peru war. Aber auch er hatte neue Informationen für sie. Er würde morgen ebenfalls nach Peru fliegen. Er würde selbst an dem Ausflug in den Dschungel teilnehmen.
    Sie war erleichtert darüber. Auch darüber, dass York bereits nach Möglichkeiten gesucht hatte, die weitere Reise von Moyobamba aus mit einem Kleinflugzeug zu organisieren. Aber sie war auch verärgert, weil sie das Gefühl hatte, York würde ihr die Sache aus der Hand nehmen. Das hier war ihre Schatzsuche. Ihre große Reise. Ihr großes Abenteuer, von dem so viele träumten und das so wenige erleben durften.
    York schien sich auf sie zu freuen. Der verdammte Mistkerl. Sie hatte den Verdacht, dass es ihm eigentlich nur darum ging, mit ihr dort weiterzumachen, wo sie aufgehört hatten, als sie sich zuletzt im selben Raum aufgehalten hatten. Wieder weit weg von seiner Frau und seinen Kindern.
    Nahm er sie überhaupt ernst? Er würde sich noch wundern. Wenn sie erst einmal den Geheimtext entschlüsselt hatte. Das musste sie allerdings erst noch schaffen. Jetzt hieß es: Augen zu und durch. Vielleicht konnte sie d’Albret bitten, für sie zu beten. Oder wäre das anmaßend angesichts der großen Probleme in der Welt?
    Es war 10.45 Uhr. Ihr Flieger würde um 12.40 Uhr starten.
    Sie schaute zu d’Albret hinüber, der gedankenverloren in seinem Essen stocherte. In seinen Ohren steckten wieder die Kopfhörer. Der Mann wirkte völlig abwesend. Als er sich nach dem Essen aufmachte, um sich Zeitungen zu besorgen, startete sie ihren Laptop und fuhr fort, den Derrotero zu übertragen.
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    „Mein Bischof ist immer noch ein Kardinal“, korrigierte der Priester Tilly und nahm einen Kopfhörer aus dem Ohr. „Ich habe vorhin gesehen, dass der Flug aus Rom pünktlich kommt. Also in zehn Minuten.“
    „Sollen wir ihn am Gate begrüßen?“
    D’Albret nickte und schob seine Zeitungen zusammen. Sie verließen das Restaurant.
    Als die Passagiere des Fluges von Rom nach Madrid in die Ankunftshalle strömten, erkannte Tilly den Kardinal sofort – obwohl er nicht ihren Erwartungen entsprach. Ein großer, sehr dicker Mann in einem maßgeschneiderten schwarzen Anzug zwängte sich durch die Menge. Auf dem runden Kopf saß ein grauer Hut mit einer breiten Krempe, unter der sich einige dicke, dunkle Locken kringelten. Das Doppelkinn wölbte sich über den Rand seines Priesterkragens. Tilly schätzte ihn auf Mitte 60. Koteletten rahmten die dicken Backen ein. Hätte ihr jemand das Aussehen des Mannes beschrieben, sie wäre sicher gewesen, dass er eine Witzfigur darstellte. Aber tatsächlich strahlte der Geistliche eine große Gelassenheit und Selbstsicherheit aus – ganz im Gegenteil zu dem ebenfalls übergewichtigen zweiten, jüngeren Priester, der ihm folgte, den Blick unruhig durch die Halle schweifen ließ und sich dabei mit der Hand immer wieder über das schüttere, schwarze Haar strich. Über jeder Schulter hing eine Tragetasche an langen Riemen.
    Als Bertrand Kardinal Merdrignac Arnaud d’Albret entdeckte, hob er die Hand zum

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