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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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ich auch“, sagte van der Merwe und legte die Kamera in die Tasche zurück. „Wenn die Auftraggeber sich keine Autoren leisten kann.“
    „Und jetzt schreibst du über protestierende Indios am Amazonas?“, fragte Tilly.
    „Na, Indios sagt man ja eigentlich nicht. Indigene ist besser. Das ist mehr political correct, nicht?“ Der Niederländer zog eine Schnute und lächelte sie dann erneut an. „Und wohin willst du?“
    „Ach, ich schaue mir die Sehenswürdigkeiten an. Zuerst die Ruinen der Wolkenmenschen in Chachapoyas, dann Cuzco, Machu Picchu, was das Land eben so zu bieten hat“, erzäh jat“, elte Tilly drauflos.
    Van der Merwe hörte interessiert zu. Es war nicht zu leugnen – ihr Körper reagierte auf ihn. Und das nach wenigen Minuten und einem Austausch belangloser Sätze? Sie warf einen Blick auf seine Hände. Er trug keinen Ehering, an seinem Handgelenk hing lediglich ein breiter, silberner Reifen, in den ein Geflecht eng verschlungener Drachen geätzt war.
    „Hast du schon ein Hotel in Lima?“, fragte der Niederländer. „Ich muss noch eine beslissing nemen.“
    Tilly schaute ihn ratlos an. „Wie bitte?“
    Van der Merwe lachte. „Excuseer. Ich muss noch eine Entscheidung treffen. Mein Favorit ist das Hostal Roma. Günstig, zentral. Hat mir ein Freund empfohlen. Aber vielleicht weet du ein bessere Alternative?“
    Tilly schüttelte den Kopf. Sie hatte sich am Vortag im Internet einen kurzen Überblick verschafft. Tatsächlich war das Roma einer der Kandidaten gewesen, die infrage kamen. Und das sagte sie ihm.
    „Okay“, sagte er fröhlich. „Dann werde ich es nehmen.“
    Er nickte in Richtung ihres Laptops. „Ich will dich aber nicht von den Arbeiten abhalten.“ Er klopfte auf seinen Fremdenführer. „Muss sowieso noch checken, wie ich zu meine Zielen komme.“
    Er lächelte sie an und wartete höflich, bis Tilly sich über den Laptop beugte. Dann lehnte er sich zurück und vertiefte sich in seinen Fremdenführer.
    Tilly hatte jetzt etwa zehn Stunden Zeit, sich um die Geheimschrift zu kümmern. Das sollte reichen. Das musste reichen.
    Es störte sie, dass sowohl van der Merwe als auch Lassandri ihr zuschauen konnten, wenn sie wollten. Aber beide schienen sich nicht für ihre Arbeit zu interessieren. Lassandris Gesicht war hinter einem Buch von Richard Spaemann verschwunden, der Niederländer hatte jetzt die Augen geschlossen und schien zu schlafen.
    Gestern hatte sie mit ihrem Computer noch mehrere Seiten des Derrotero auf den Computer übertragen und die Buchstabenhäufigkeit in dem Brief von Caspar Ritz an Philipp von Hutten berechnet. Da sie über kein spezielles Programm verfügte, das einzelne Buchstaben zählen konnte, hatte sie diese nach und nach vom Textprogramm durch ein Sonderzeichen ersetzen lassen.
    Nach jedem Durchgang war die Meldung gekommen, wie häufig der jeweilige Buchstabe ersetzt worden war. Das e war der häufigste Buchstabe gewesen, gefolgt von n , i , a , r , t , s und d . Diese Reihenfolge unterschied sich ein wenig von der Häufigkeitsverteilung im modernen Deutsch, die sie im Internet nachgeschaut hatte. Demnach tauchte zwar der Buchstabe e mit Abstand am häufigsten auf, er machte im Schnitt mehr als 17 Prozent jeden Textes aus. Dann folgten die Buchstaben n mit fast zehn Prozent und i mit 7,5 Prozent, doch dann änderte sich die Reihenfolge zu s , r , a , t und d . Die Verteilung konnte früher natürlich wirklich anders gewesen sein als heute. Zum Beispiel war der Buchstabe y früher häufig für i und das ß für s verwendet worden.
    Tilly erinnerte sich an das, was Simon Singh in seinem Buch noch über die Entschlüsselung geschrieben hatte: Man überlegte, mit welchem Buchstaben das e am häufigsten ein sogenanntes Bigramm bildete. Im Deutschen waren dies die Kombinationen en , er , ei und es . Dann kümmerte man sich um die Trigramme, von denen die Kombination ein das häufigste war. Und mit hoher Wahrscheinlichkeit wusste man nun, was tatsächlich für e , n und i stand. Nutnen> standzte ein Geheimtext Leerstellen zwischen einzelnen Wörtern, ließ sich meist auch leicht erkennen, welches Symbol für d stand. Denn das Wort die war das häufigste Wort in der deutschen Sprache, gefolgt von der und des .
    Sie wandte sich dem verschlüsselten Wegweiser zu und ließ ihr Schreibprogramm die Häufigkeit der einzelnen Symbole zählen. Dann ordnete sie den acht häufigsten Symbolen ihrer Analyse entsprechend die Buchstaben zu und tauschte sie im

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