Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
Vom Netzwerk:
auf.“
    Tilly war nicht klar, wem die Verachtung des Piloten mehr galt – der Polizei, der Regierung oder den Inditerder denos.
    „Hat das was mit den Protesten der Indios in der Amazonasregion zu tun?“
    Der Pilot seufzte. „Diese Polizisten sind da, um die Blockaden zu beenden. Die Regierung hat den Notstand ausgerufen.“
    Er steuerte das Flugzeug mit aufheulendem Motor neben das Gebäude. Stotternd kam der Propeller zum Stehen.
    „Da wird Blut fließen“, verkündete der Pilot mit finsterer Miene.
    Der Flugplatz befand sich in einem breiten Tal, das nach allen Seiten von Bergen eingeschlossen war, die sich in der Ferne im Dunst verloren. Es war kühl. Tilly zog den Reißverschluss ihrer Jacke hoch. Dunkle Wolken kündigten Regen an.
    Neben einigen Geländewagen mit der Aufschrift „Policía“ wartete ein ziviles Fahrzeug, ein dunkler VW-Bus. Ein groß gewachsener junger Priester in Soutane stieg aus und kam ihnen entgegen. Er stellte sich als Oscar Araoz vor und erklärte, der Bischof von Jaén hätte ihn beauftragt, für das Wohlergehen der Gäste zu sorgen.
    Die Straße durchschnitt fast schnurgerade die bewaldete Hügelkette im Süden, knickte in Richtung Westen ab ins Tal des Río Amojú mit seinen Reisfeldern und führte im Schatten der Berge in einem weiten, von Mango- und Papayabäumen, Bananenstauden und Kokospalmen gesäumten Bogen nach Jaén hinein. Die Häuser erinnerten Tilly an die Vororte Limas. Allerdings wimmelte es in den Straßen von Mototaxis – vorn Motorrad, hinten eine Art Hollywoodschaukel – sowie alten Motorrädern und Autos. Je weiter sie in die Stadt hineinkamen, desto höher wurden die Häuser, bis zu fünf Stockwerke waren hier und dort aufeinandergestapelt, wobei viele Gebäude wie halbfertige Rohbauten wirkten. Gelbe, blaue und rötliche Fassaden versteckten sich hinter zahllosen Werbeflächen. Sie passierten die Plaza de Armas, deren Promenaden sternförmig auf den Brunnen in der Mitte zuliefen.
    „Da hinten liegt die Kathedrale.“ Araoz zeigte auf ein bescheidenes Gebäude auf der anderen Seite des Platzes, das durch die Bäume und den großen, blauen Brunnen verdeckt war. Tilly erhaschte einen kurzen Blick auf die Kirche, die lediglich aus einem riesigen, gewölbten Dach zu bestehen schien. Die gelbe Fassade erinnerte mit ihren bogenförmigen Bleiglasfenstern an eine aufgeschnittene Zwiebel. Der schmale Kirchturm stand für sich, nicht viel mehr als ein Signalmast für eine Bahnhofsuhr.
    Eine Menschenmenge hatte sich auf dem Platz versammelt. Etliche Hundert Indios, viele mit roten Streifen in den Gesichtern, manche mit seltsam geformten, bunten Hüten und langen Umhängen bekleidet, reckten Speere, Bögen und Pfeilbündel in die Luft. Polizisten hatten den Platz umstellt. Verschanzt hinter Plastikschildern schauten sie aus einiger Distanz durch heruntergeklappte Helmvisiere auf die Demonstranten.
    „Das sind Awajun und Wampi“, erklärte Araoz. „Von denen blockieren etwa 3000 den Highway nach Bagua.“
    Er erzählte, dass die Gemeinden am Amazonas seit dem 9. April einen unbegrenzten Streik ausgerufen hatten, um gegen eine Reihe neuer Gesetze zu protestieren. Gesetze, die es den Bergbau-, Holz- und Ölfirmen erheblich erleichterten, über die Köpfe der Einheimischen hinweg den Regenwald auszubeuten. Demonstriert wurde schon seit dem vergangenen Jahr. Aber jetzt ging es richtig rund. Die Indios hatten vielerorts die Transportwege unterbrochen.
    „Wie ist die Haltung der Kirche gegenüber den Protesten?“, fragte MacLoughlin.
    Araoz beugtet sich zu ihr hinüber. „Wir unterstützen sie aus vollem Herzen. Der Urwald, ihr Lebensraum, muss geschützt werden. Aus dem Buch Genesis wissen wir, dass Gott den Menschen in den Garten Eden gebracht hat, um diesen zu bearbeiten und zu beschützen.“
    „Aber Adam und Eva wurden aus dem Garten Eden doch hinausgejagt“, stellte die Journalistin trocken fest.
    Araoz blinzelte überrascht. „Für die Kirche ist der Mensch jedenfalls das Zentrum der Schöpfung und der nachhaltigen Entwicklung – das istalt – da ein unwiderruflicher Wert.“
    Der Wagen hielt vor einem Hotel. El Bosque.
    „Wir sind da“, erklärte der Priester. „Die Zimmer genügen hoffentlich Ihren Ansprüchen. Es gibt sogar einen Pool.“
    Er wandte sich an Tilly. „Seine Eminenz hat uns gebeten, auch für Sie ein Zimmer zu reservieren. Leider ist unser eigenes Gästehaus vollständig von einer Delegation der Amazonasvölker belegt.“
    Tilly

Weitere Kostenlose Bücher