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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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nickte. Sie war sehr einverstanden damit, auch wenn sie langsam auf ihre Finanzen achten musste. Es ging ihr nicht besonders gut. Sie war müde und fühlte sich schwach. Während der Fahrt mit dem Auto hatte sie zudem leichte Kopfschmerzen bekommen. Darunter litt sie selten. Die Folgen eines langen Interkontinentalfluges, einer furchtbaren Nacht und von extremem Stress, vermutete sie. Wahrscheinlich wäre es am besten, sie würde einen Tag hierbleiben und ihrem Körper die Zeit geben, sich an die Verhältnisse zu gewöhnen.
    Die Hotelzimmer waren klein, aber mit einem Fernseher ausgestattet. Sie verstaute ihre Sachen. Als sie ihren Laptop im Hotelsafe deponieren ließ, fiel ihr Blick auf den Pool hinter dem kleinen Restaurant. Jetzt wusste sie, was sie tun würde, um sich nach der furchtbaren Nacht und dem Flug zu entspannen.
    Brea MacLoughlin hatte die gleiche Idee gehabt. Die Journalistin drehte bereits langsam ihre Runden in dem kleinen Becken, als Tilly ins Wasser stieg. MacLoughlin winkte ihr zu. Tilly schwamm zu ihr, um nicht unhöflich zu sein.
    „Entschuldigen Sie meine Neugier“, sagte die Irin. „Berufskrankheit. Aber was machen Sie eigentlich in Peru? Sie haben irgendwie mit Herrn d’Albret zu tun, richtig?“
    „Ich bin nur eine Bekannte von Arnaud“, winkte Tilly ab. „Wir haben uns in Sevilla kennengelernt. Und als er gehört hat, dass ich in Peru jemanden treffen will, hat er mir seine Hilfe angeboten.“
    „Und was machen Sie in Peru?“
    „Ich bin Historikerin und treffe mich mit jemanden, der in der Region Chachapoyas ein archäologisches Projekt starten möchte.“
    „Ah, die geheimnisvollen Wolkenmenschen“, seufzte MacLoughlin. Sie legte den Kopf in den Nacken. Ihre roten Haare bildeten auf der Wasseroberfläche einen Strahlenkranz um ihren Kopf. „Vielleicht ist es wirklich Zeit, dass ich etwas ganz anderes mache“, murmelte sie. „Vielleicht könnte ich mal über so ein Projekt schreiben.“
    Tilly schwieg. Hoffentlich würde MacLoughlin diese Idee schnell wieder vergessen.
    Sie wunderte sich. Während des Fluges, im Gespräch mit Kardinal Merdrignac, war ihr die Frau selbstbewusst vorgekommen. Jemand, der wusste, wo er stand und wohin er wollte. Die Unentschlossenheit, die sie jetzt andeutete, passte nicht ins Bild.
    „Na ja, zuerst muss ich mich noch um ein Wunder kümmern“, sagte die Journalistin.
    Tilly nickte nur. Sie drehte gemeinsam mit MacLoughlin noch einige Runden im Pool, bevor sie sich in ihr klimatisiertes Zimmer mit Fernseher, Minibar und Straßenakustik zurückzog.
    Donnerstag, 11. Juni, Jaén, Peru
    Der Arzt Luis Espinoza rutschte nervös auf dem einfachen Holzstuhl in dem fast kahlen Zimmer im Gemeindehaus des Vikariats herum. Es war dieser junge Mediziner gewesen, der das Mädchen Luisa in das Krankenhaus von Jaén gebracht und dort versucht hatte, ihr das Leben zu retten. Nun sollte er die Fragen von Kardinal Merdrignac, Monseñor Ampuero als Advocatus Diaboli und Brea MacLoughlin beantworten. Arnaud d’Albret saß als Sekretär des Kardinals neben Merdrignac. Als medizinischer Sachverständiger war Professor Felipe Baldo Riva von der Universidad Nacional Mayor de San Marcos in Lima zu ihnen gestoßen.
    Sie hatten bereits früh am Morgen begonnen, die Zeugen zu vernehmen: Zwei Missionsdominikanerinnen, die am Bett des Mädchens gebetet hatten, sowie die Mutter, die Bartolomé de Las Casas bereits jetzt als Heiligen bezeichnete.
    Professor Baldo Riva n z Baldo war mit dem Arzt Espinoza die medizinischen Fakten durchgegangen. Aus Sicht des Professors gab es keine Zweifel daran, dass alles auf eine Meningokokkeninfektion hindeutete.
    „Aber“, fragte Monseñor Ampuero jetzt den jungen Zeugen, „haben Sie nicht vielleicht zu früh aufgegeben? Wenn Sie Luisa weiter medizinisch behandelt hätten, anstatt sie den Ordensschwestern zu überlassen, wäre Ihre Patientin nicht vielleicht auch aus dem Koma erwacht?“
    „Das habe ich mich natürlich auch gefragt.“ Espinoza schüttelte den Kopf. „Ich habe getan, was ich konnte, und die Ärzte im Krankenhaus haben mich mehr unterstützt, als es ihre Pflicht gewesen wäre. Aber nachdem es zur Hirnhautentzündung und der Blutvergiftung gekommen war und die Lunge nicht mehr gearbeitet hatte …, da konnte nur ein Wunder das Mädchen noch retten.“
    Er bekam Unterstützung von Professor Baldo Riva. „Nach allem, was ich gehört und gesehen habe, kann man Doktor Espinoza nicht nur keinen Vorwurf machen. Man muss ihn

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