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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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unterdrückten Schrei aus. Eine Gruppe von Polizisten näherte sich von dort.
    „Was wollen die hier?“, fragte der Alte.
    Die Männer in Tarnuniform und schwarzen Schutzwesten hatten die Indigenen oben auf dem Hügelkamm offenbar noch nicht bemerkt. Der Alte wies die anderen an, sich ein Stück zurückzuziehen. Einige der Indigenen rannten den Hügel zur Straße hinunter und schlugen Alarm. Sofort eilten etliche Demonstranten von dort auf den Hügel hinauf. Als die Polizisten den Kamm erreicht hatten, stießen sie zu ihrer Überraschung auf eine große Gruppe Indigener, die ihnen ihre Speere entgegenstreckte und Steine in den Fäusten hielt.
    Die Polizisten brüllten auf die Demonstranten ein. Tilly schnappte hier und da spanische Schimpfworte auf, sonst verstand sie kein Wort. Die Erregung der Indigenen wuchs. Inzwischen hatten sicher 100 von ihnen den Hügelkamm erreicht.
    Plötzlich erfüllte das Brummen von Turbinen die Luft. Über Siempre Viva stieg ein Hubschrauber in den inzwischen hellblauen, diesigen Himmel auf. Es war eine der plumpen russischen Transportmaschinen, die sie schon am Flughafen von Jaén gesehen hatten. In der breiten, offenen Luke hinter dem Cockpit hockte ein Polizist mit einer Waeinmit einffe im Anschlag.
    Aus dem Hubschrauber flog eine Granate und schlug in der Nähe des Hügelkammes auf. Tränengas strömte aus und blockierte einem Teil der Indigenen, die noch auf dem Weg hinauf waren, den Weg.
    Die Polizisten auf dem Hügel waren inzwischen von Demonstranten eingeschlossen. Einige richteten ihre Sturmgewehre auf die wütende Menge, während andere ihre durchsichtigen Plastikschilder hochhielten. Dann passierte alles gleichzeitig und blitzschnell.
    Ein wütender junger Mann schlug mit dem Speer auf den Helm eines Polizisten.
    Und der Beamte feuerte seine Waffe ab.
    Die Kugel traf den Demonstranten. Weitere Polizisten eröffneten das Feuer, und drei oder vier der Indigenen gingen schreiend zu Boden. Der alte Anführer hob beschwichtigend die Hände und schob sich zwischen die Polizisten und die wütende Menge.
    Tilly hörte ihn rufen. Dann schlugen Kugeln in seinen Körper.
    Die Menge der Demonstranten wurde von Raserei gepackt. Die Speere, eigentlich nur als Symbole mitgebracht, verwandelten sich in tödliche Waffen. Sie wurden geworfen und gestoßen, trafen Polizisten in die Beine, den Bauch, die Achselhöhlen, überall dort, wo sie ungeschützt waren. Steine krachten gegen Helme.
    Die Beamten feuerten wild in die Menge.
    Tilly warf sich auf die Erde. Graue Schwaden zogen vorbei. Ihre Augen begannen zu brennen. Sie drehte sich zu d’Albret und MacLoughlin, die neben ihr am Boden lagen und fassungslos auf das Gemetzel starrten.
    „Wir müssen sofort hier weg“, schrie die Journalistin und robbte auf den Knien zur Seite.
    Tilly richtete sich auf. Vielleicht zwei Dutzend Menschen lagen blutüberströmt und schreiend am Boden, Polizisten und Demonstranten.
    Tilly sprang auf und hetzte den Hügel hinab. Vor und neben ihr rannten Indios. Überall knallten Schüsse. Der Lärm war infernalisch.
    Unten in der Kurve herrschte ebenfalls Chaos. Eine Phalanx von Polizisten, mit Schilden und mit Gasmasken geschützt, marschierte auf die Barriere zu, die in eine dichte Wolke von Tränengas gehüllt war. Tilly ging ein Stück hinter der Barriere am Straßenrand in Deckung, neben ihr warfen sich d’Albret und MacLoughlin zu Boden. Männer mit Baseballkappen auf den Köpfen rannten hin und her, hielten sich ihre Hemden und T-Shirts vor das Gesicht und klaubten rasend vor Zorn Steine als Wurfgeschosse von der Straße.
    Ein Stück den Hügel hoch sah Tilly einen Polizisten, der sich über eine Gestalt am Boden beugte. Als der verletzte Mann versuchte, sich auf die Ellenbogen hochzustemmen, hob der Uniformierte sein Gewehr und feuerte eine kurze Salve in den Körper. Der Mann riss Arme und Beine hoch, dann blieb er regungslos liegen.
    „Mein Gott! Sie geben den Verletzten den Rest.“ MacLoughlin legte die Hand über ihren Mund. „Das ist Mord. Das verstößt gegen die Genfer Konventionen.“
    Die Genfer Konvention? Tilly begann zu lachen. Ihr ganzer Körper verkrampfte sich. Die Journalistin gab ihr eine Ohrfeige. Ihr Lachen verwandelte sich in ein leises Schluchzen.
    Drei Hubschrauber kurvten jetzt über den Köpfen der Demonstranten. Überall stiegen Wolken von Tränengas auf. Von der Curva del Diablo her näherte sich ein gepanzertes Fahrzeug. In den Plastikschildern der heranrückenden

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