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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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Polizist schüttelte den Kopf, dann ließ er sie doch passieren.
    Am Abend hatte Araoz Tilly angeboten, sie nach Moyobamba mitzunehmen, wo er sich mit einem Vertreter der Territorialprälatur treffen wollte. Zuvor sollte er als Vertreter der Kirche allerdings den Abzug der Indigenen aus der Curva del Diablo begleiten. Die Polizei hatte den Befehl erhalten, den Highway zu räumen – wenn nötig, mit Gewalt. Der Polizeigeneral hatte den Indigenen eine Frist bis 10 Uhr am nächsten Morgen gegeben, um freiwillig abzuziehen, und die Demonstranten hatten eingewilligt.
    Tilly konnte also spätestens am Abend in Moyobamba sein. Sie musste nur mit ihm das Ende der Demonstration abwarten.
    Jetzt war sie sich nicht mehr sicher, ob das eine gute Idee gewesen war. Sie klammerte sich an die Tasche mit ihrem Notebook auf dem Schoß und wünschte sich, sie könnten einfach weiterfahren bis Moyobamba.
    Im Wagen hinter ihr lehnte sich Brea MacLoughlin im Beifahrersitz zurück. Sie hatte das Gespräch zwischen Araoz und dem Polizisten durch das Objektiv ihrer Kamera verfolgt. Aber es war zu dunkel, um zu fotografieren, und ein grelles Blitzlicht konnte gefährliche Reaktionen auslösen.
    Auf der Rückbank saßen Bertrand Merdrignac und Arnaud d’Albret. Der Kardinal hatte geschlafen. Jetzt blickte er sich mit leicht verwirrtem Gesichtsausdruck um. Ihr Fahrer, ein Jesuit mit deutlich erkennbar indianischen Wurzeln, schien leise zu beten.
    Tilly schaute zurück. Ein drittes Auto hatte sich ihnen angeschlossen. Offenbar nahm die Polizei an, dass es zu diesem kleinen Konvoi der katholischen Kirche gehörte.
    Rechts hockten die flachen Gebäude des Dorfes Siempre Viva zwischen den Sträuchern auf den Hügeln. Dazwischen bewegten sich dunkle Gestalten.
    Nach wenigen Hundert Metern fieltkbaMetern hrte der Highway in einem scharfen Knick um einen steilen Hügel, dessen letztes Stück für die Straße weggesprengt worden war, links stürzte ein dicht bewachsener Abhang steil zum Flussufer hinunter.
    „Die Curva del Diablo“, sagte Araoz. „Die Teufelskurve. So nennen ihn die Lastwagenfahrer, weil hier so viele Unfälle …“
    Er stieg auf die Bremse. Vor ihnen tauchte eine Barrikade aus Stämmen, Ästen und Steinen auf. Eine Gruppe von Gestalten, viele mit Speeren in der Hand, etliche mit Federn geschmückt, umringte das Auto. Nachdem Araoz sie begrüßt hatte, wurde ein Teil der Barriere beiseitegeräumt. Die drei Autos wechselten auf die Seite der Indigenen.
    Zwischen den Büschen brannten kleine Feuer. Überall hockten Menschen unter Plastikplanen und bereiteten ihr Frühstück zu. Araoz fuhr noch ein Stück weiter, bis zwischen der Straße und dem Fluss zu ihrer Linken eine Handvoll Häuser auftauchten.
    Sie hielten zwischen den Hütten von Puertachuelo an. Der dritte Wagen setzte die Fahrt auf dem Highway fort. Schnell waren seine Rücklichter zu roten Glühwürmchen geschrumpft, dann hatte die Dunkelheit das Auto verschluckt.
    Sie stiegen aus und scharten sich um Araoz, der sich mit einem älteren Indigenen unterhielt.
    „Von hier aus sieht man die Polizei gar nicht“, wunderte sich Araoz.
    „Wir haben zwei Aussichtspunkte auf dem Hügel“, erklärte der Alte. Er trug ein weißes Hemd, eine weite, dunkle Hose und Sandalen. Um den Kopf hatte er ein buntes Stirnband geschlungen. Dunkle Streifen bedeckten sein Gesicht. Hinter ihm versammelten sich einige Demonstranten. Sie wirkten verbittert, resigniert. Viele hielten Pfeilbündel und Speere in den Händen.
    Der alte Mann wies auf die Feuer auf den Hügeln. „Jetzt wollen unsere Leute noch in Ruhe essen. Dann werden wir nach Hause gehen und verhindern, dass die Regierung dort macht, was sie will.“
    Er wandte sich an MacLoughlin. „Unser Bruder sagt, dass Sie eine Journalistin sind. Kommen Sie mit, ich zeige Ihnen, was hier vor sich geht.“ Araoz übersetzte für MacLoughlin, die nur wenig Spanisch konnte.
    Araoz und d’Albret folgten ihnen. Merdrignac allerdings, der sehr erschöpft wirkte, blieb mit dem Jesuiten bei den Autos. Bevor sie sich den anderen anschloss, bat Tilly den Kardinal, auf ihre Sachen aufzupassen.
    MacLoughlin schaute auf ihre Uhr. Es war halb sechs. Die ersten verzagten Sonnenstrahlen schauten über die Berge im Osten herüber.
    Der Alte folgte einem Pfad den steilen Hügel über der Kurve hinauf.
    Oben stießen sie auf ein Dutzend Indigene, die von hier aus bis zu den Häusern von Siempre Viva schauen konnten. Plötzlich stieß einer der Wachposten einen

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