Na endlich Liebling
gerade in diesem Augenblick Alf laut stöhnen. Mrs. Lawton tat einen Schritt vorwärts und blickte gebannt in die Richtung, aus der die Töne kamen. Dann sagte sie spitz: »Ich hoffe, Ihr Vater ist nicht wieder krank!«
»Das ist er allerdings«, gab Sally schlagfertig zur Antwort. »Aber er schläft nicht im Waschhaus. Dort liegt Alf, unser Farmhelfer. Er kam betrunken heim, und wir haben ihn dort eingeschlossen,«
Irgend etwas an Mrs. Lawtons Lächeln berührte Justin so peinlich, daß er die Selbstbeherrschung verlor. »Möchten Sie ihn vielleicht anschauen? Oder wollten Sie etwas anderes? Wie Sie wissen, ist es ziemlich spät. Es ist mir bekannt, daß Nachbarn in den seltsamsten Momenten auftauchen, aber dieser Moment ist wirklich ganz besonders seltsam.«
Mrs.Lawton blickte durch ihn hindurch, als ob er Luft wäre. »Der junge Mann aus dem Laden?« fragte sie herablassend. »Ja, Sally hat Glück, sie hat gleich zwei Beschützer!«
Das war zuviel für Justin. Möglich, daß ihn die Bezeichnung der junge Mann aus dem Laden irritierte. Jedenfalls war er müde, hatte eine Wut auf alles, sogar auf Sally, weil sie ihn in diese Situation gebracht hatte. Die größte Wut aber hatte er auf sich selbst.
»Anscheinend hat sie sogar vier!« sagte er scharf. »Und woher haben Sie von Sallys Nöten gehört, Mrs. Lawton? Hat Percy einen SOS-Ruf an alle ausgeschickt? Oder war es nur die übliche Lust nach einer Party?«
Das war unverzeihlich, um so mehr, als es augenscheinlich zutraf. Mrs. Lawtons Gesicht überlief bis in den Hals eine häßliche, dunkle Röte. Wütend wandte sie ihm den Rücken zu.
»Natürlich hatten wir keine Ahnung von all diesen — diesen aufregenden Vorgängen. Wir waren ausgegangen, und gerade vor Ihrem Haus war unser Benzin alle. Wir sahen das Licht bei Ihnen; deshalb kamen wir herein, um bei Ihnen etwas zu leihen. Ich bedaure, daß Sie unser Besuch so überrascht hat.«
Das allgemeine Schweigen bewies, daß das eine Lüge ersten Ranges war.
9
Endlich zog sie von dannen. Mr. Lawton tappte mit einem Kanister Benzin unglücklich hinterdrein. Daß sie es nicht gebraucht hatten, wußte jeder. Als die Tür hinter ihnen ins Schloß fiel, meinte Clive: »Gar zu gern hätte ich in ihren Tank geschaut. Wetten, daß der voll ist? Sie hat am Telefon gehört, was Percy zu mir sagte, und sich gleich auf den Kriegspfad begeben.«
Für einen kurzen Augenblick schienen in dem gemeinsamen Ärger über die Eindringlinge alle Zwistigkeiten beigelegt zu sein.
Sally ging schließlich doch schlafen, ehe noch mehr Porzellan zerschlagen war. Mit gekünstelter Heiterkeit und einem Buch aus Mr. Ross’ Bücherschrank bezog Justin wieder seine Stellung in der Spülküche. Kennedy angelte sich brummend eine Zeitung, und jeder versuchte, die Gegenwart des anderen zu vergessen.
Am nächsten Morgen standen schlecht gelaunt zwei unausgeschlafene und unrasierte junge Männer herum, die ihre langen Beine streckten und sich ein wenig genierten. Die Ereignisse der vergangenen Nacht erschienen jetzt in einem anderen Licht. Justin dachte, wenn dieser Schafskopf unbedingt die Nacht in der kalten Spülküche hatte verbringen wollen, hätte er selbst das ruhig zulassen und unbekümmert um Sallys Bitten nach Hause fahren sollen. Der zitternde, beleidigte Flick war augenscheinlich der gleichen Meinung.
Beide Männer hatten nur den einen Wunsch: ihre Wut an dem unglückseligen Alf auszulassen und dann, wenn möglich, auf Nimmerwiedersehen auseinanderzugehen. Wie zwei Polizisten marschierten sie nebeneinander ins Waschhaus. Der Delinquent saß auf dem kalten, harten Fußboden; ein Auge war verschwollen, die Lippe aufgeschlagen, und sein Riesenkater erregte sogar das Mitleid ihrer verhärteten Herzen.
»Pack deine Sachen!« befahl Clive kurz. »Ich expediere dich zum Bus.«
Justin überließ Clive die weitere Strafpredigt. Schließlich behielt er die angenehme Erinnerung an Alfs blaues Auge und die aufgeschlagene Lippe und vor allem an Sallys Gesicht, als sie sagte: »Was täte ich ohne Sie, Bill?«
Die übrigen Erinnerungen erschienen ihm an diesem Morgen weniger angenehm. Die frühe Stunde ist nicht die rechte Zeit für romantische Gefühle, vor allem, wenn man ungewaschen und unrasiert ist und die Nacht auf einem schmalen Liegestuhl verbracht hat.
Als Justin den Laden betrat, hörte er schon Percy am Telefon sprechen. »Ja, ja, ich höre Sie, Mrs. Lawton! Ich kann Ihnen nur versichern, daß Sie sich irren. Für
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