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Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Titel: Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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alles wirkt eher wie eine Inszenierung aus «Verstehen Sie Spaß?». Allmählich könnte mal der Moderator hinter einem Ochsen hervorspringen und die ganze Sache aufklären. Leider kommt keiner.
    Treiberin Lissy strahlt mich voller Herzlichkeit an. Mit festem Griff drückt sie mir die Hand. «Servus», sagt sie leise. Und ich: «Habe die Ehre.»
    Dann gehen uns die Gesprächsthemen aus. Lissy packt mich am Arm «Kommst mit zu die Oxnboxn, i stell dia an Luzi vor.» Sie zieht mich weg. Knoll winkt zum Abschied.
    Die Ochsenboxen entpuppen sich als zeltartiger Kuhstall. Hier riecht es würzig, ein wenig stechend, aber nicht so unangenehm wie auf einer Großstadttoilette. Ich zwinge mich, mir nicht die Nase zuzuhalten, denn ich möchte keinen der Anwesenden brüskieren. Außerdem bin ich ja selbst auf dem Land aufgewachsen. Die Ochsen aber hatte ich anders in Erinnerung – kleiner.
    Luzifer ist ein Bulle von einem Ochsen. Seine Schulterhöhe dürfte bei etwa eins siebzig liegen – genau wie meine. Als er uns sieht, dreht er den Kopf und schnaubt wild in meine Richtung. Lissy packt ihn bei den Hörnern und legt ihre Stirn an seine. Das beruhigt ihn ein wenig, sein Muhen verwandelt sich in ein seltsames Gemisch aus Schnurren und Röhren. «Du konnst’n scho olanga», sagt Lissy. Ich greife über den provisorischen Raumtrenner in Luzifers Box und tätschele ihm den Rücken. «Ned so zaghaft», kommentiert Lissy. «Des merkt dea ned.» Also greife ich fester zu. Ich kann seine Muskeln spüren. Das Fell ist warm und fest, es lässt sich nicht hin-und herwabbeln. Luzifer ist durchtrainiert. Unwillkürlich erinnere ich mich an die Schautafeln beim Fleischer: hier das Filet, da die Lende, dort die Schulter. Ich fühle mich ein wenig schuldig.
    Es heißt, dass man Krankheiten bei Tieren an den Hufen erkenne. Luzifers Hinterhufe glänzen. Lissy bemerkt meinen Blick: «Des san a paar schene Haxen, ge?», fragt sie.
    «Auf jeden Fall», antworte ich. «Es tut bestimmt höllisch weh, wenn er einem damit auf den Fuß tritt.»
    Eine tiefe Stimme antwortet aus Luzifers Box: «Des is korrekt.» Sie gehört einem kleinen Mann in blauer Latzhose. Er humpelt auf uns zu. In der einen Hand hält er eine Bürste, in der anderen einen Eimer. Er mustert mich.
    «Du bist da Reiter, ge?»
    Ich nicke.
    «Seppi», sagt Seppi und streckt mir die Hand entgegen. «I woaß scho, du bist da Waschtl.»
    Erneut nicke ich. Dies ist schließlich eine Ausnahmesituation.
    «Bist scho amoi auf an Ochs gritten?»
    «Nein. Ist das schwerer, als auf einem Pferd zu reiten?»
    «Des woaß i ned, auf am Pferd bin i no nia gritten.»
    «Ich auch nicht.»
    «Du gfoist ma.»
    «Du mir auch. Schon mal runtergefallen?», frage ich.
    «Naa, du haitst di am Gurt fest, da foist ned oba.»
«Warum hält man sich nicht am Sattelknauf fest?» «Weis ko Sattel ned gibt.»
    «Oh.»
    «Den Luzi konnst eh bloß mit am fliegenden Start reitn.»
    «Mit einem fliegenden Start?»
    «Freilich. Des Kommando kimmt, die Lissy schiabt o, du springst nauf, und ab geht die Post.»
    Ich glaube, ich werde blass.
    «Gemma naus», schlägt Seppi vor. «Du schaugst a bisserl krank aus.» Er wendet sich an Lissy. «Kimmst mit?» Aber Lissy scheint gerade nicht ansprechbar zu sein. Der riesige Ochse hat seinen Kopf auf ihre Schulter gelegt. Die beiden sind in eine Art sodomitische Meditation versunken.
    Vor dem Zelt sitzen vier Mädchen auf der Wiese. Die Größte spielt Gameboy, die anderen schauen ihr über die Schulter. Auf ihren T-Shirts stehen Teamnamen wie «Haching Oxboys» oder «Die Bullen».
    «Fui Reiter san Madeln», erklärt Seppi, «die san leichter wia die Buam. Glei is die Vorrunde, da Sieger kimmt no ins Finale. Da konnst amoi lurn.»
    «Danke, ich muss gar nicht.»
    «Ah geh! Lurn heißt schauen.» Er schüttelt fassungslos den Kopf und bahnt uns den Weg durch die Menge. In der ersten Reihe, direkt an der Rennstrecke, treffen wir Knoll.
    Vier kräftige Mannsbilder ziehen und schieben gerade die Ochsen hinter die Startlinie und rücken ihre Köpfe zurecht, bis sie nach vorn zum Ziel schauen. Am Horizont ziehen allmählich dunkle Wolken auf. Es wird ein wenig kühler. Knoll und Seppi wechseln besorgte Blicke.
    «Aufgepasst, glei geht’s los», verkündet die Lautsprecherstimme. «Drei, zwoa», die Treiber legen ihre Hände auf die Ochsenhintern, «oans!» Die Tiere preschen los. Das große Mädchen wird von der Wucht ihres Ochsen nach vorn gerissen, ihre Beine wirbeln hoch, sie

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