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Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Titel: Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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Lieber.»
    «Ach, die hatte ich doch schon vorher.»
    «Den Kindern gefällt’s jedenfalls.» Jochen deutete auf zwei erstaunlich hübsche, erstaunlich junge Mädchen, die uns gegenübersaßen und irgendetwas Durchsichtiges aus Gläsern durch schwarze Strohhalme zogen. «Die eine sieht schon die ganze Zeit zu dir rüber.»
    «Ist mir gar nicht aufgefallen.» Ich gähnte demonstrativ. Natürlich wollten wir noch in eine weitere Bar gehen, aber ehrlich gesagt hätte ich auch nichts dagegen gehabt, mich schlafen zu legen. Als ich meine Jacke anzog, standen die beiden Kindfrauen auf und kamen zu uns herüber.
    «Hi», raunte die größere der beiden mit dunkler Stimme. Sie überragte mich um einige Zentimeter, war gertenschlank und hatte an diesem Abend ordentlich Erdbeer-Lipgloss aufgelegt. «Ich habe mich gerade gefragt, ob du der einzige Mann unter all diesen Jungs bist.» Gute Frage. «Ich schätze, du bist mindestens 27?» Mit dem Handrücken strich sie mir über die Brust.
    «Dreißig.»
    Die jugendliche Verführerin schaute mir tief in die Augen und ließ die Hand auf mir ruhen. «Und du willst wirklich schon gehen?», fragte sie.
    Ich beschloss, sie vor den Kopf zu stoßen. «Weißt du, hier bumst es einfach nicht.»
    Sie lächelte nur zweideutig. «Da kennst du uns aber schlecht.»
    Nicht zu fassen! So etwas war mir in all meinen Jahren in Berlin noch nicht passiert. Der heimliche Traum aller Männer – ein Dreier, so nah wie noch nie.
    Aber irgendwie hatte ich keine Lust. Vielleicht waren die beiden zu jung, vielleicht war ihre Masche zu plump. Wahrscheinlich lag es aber auch daran, dass ich schon den ganzen Abend an Roni denken musste. Jedenfalls sagte ich: «Danke, kein Bedarf.»
    Die Verführerin zog ihre Hand zurück, als hätte ich mich in eine ansteckende Krankheit verwandelt. «Ist ja auch schon spät», zischte sie. «Geh mal lieber nach Hause, Opa.»
     
    «Geht’s noch, Alter?!», fragte Jochen, als wir draußen waren. «Ist dir klar, dass du eben einen Dreier mit zwei Ia-Bräuten abgelehnt hast?» Er schien ehrlich gekränkt.
    «Jochen, ich bin schwer in Roni verliebt.»
    Mein bester Freund legte mir den Arm um die Schultern. «Dass ich das mal von dir hören würde …»
    «Ich habe sogar überhaupt keine Lust auf andere Frauen.»
    «Diese Roni muss ja eine Granate im Bett sein.»
    «Keine Ahnung.»
    «Was soll das denn heißen?»
    «Wir waren noch nicht im Bett. Ich will es langsam angehen lassen. Sie ist halt anders als die Frauen hier. Ehrlicher und netter. Die kann man nicht einfach so angraben. Ich muss mir ihre Liebe erst verdienen.»
    «Alter, du bist echt noch verrückter als früher.»
    Am Sonntag schliefen wir bis mittags und frühstückten gefühlte dreißig Stunden lang bei strahlendem Sonnenschein in einem Café am Boxhagener Platz. Ich zahlte.
     
    Jetzt sitze ich mal wieder im Leimstüberl und warte auf Knoll. Montagabend ist hier «Schweinziabend». Das Arrangement «Schweinebraten komplett» kostet ab 18 : 00 Uhr nur sechs Euro. Es beinhaltet zwei daumendicke Din-A5-Scheiben Schwein, einen Kartoffelknödel, dazu Krautsalat mit viel Speck und einen Williamsbirnenschnaps, Willi genannt, «zum Zersetzen». Als Knoll kommt, grüßt er «HabedieEhre», nimmt Platz und bestellt. Wir haben uns angewöhnt, beim Essen nicht zu reden. Danach stürzen wir gleichzeitig den Willi herunter. «Hea amoi, Waschtl», beginnt Knoll. «Du deafst ned oiwei weglaafa. Do wiast no kreizunglücklich. Des Weisenblasn hod dir ned so taugt, des hob i scho gmerkt.»
    Weil ich weiß, dass jetzt noch mehr kommt, schweige ich erwartungsvoll. Die Erfahrung gibt mir recht:
    «I hob an Neffen, den Urs, der is a Rankler. Am Samstag gibts des Großrankeln in Bad Steiring an da Grenze zu Österreich. Do sieghst amoi die harte Seitn von Bayern.»
    Rankeln, lerne ich, ist eine Art bayerisches Judo. Klingt gar nicht übel, das muss ich zugeben. Also rauschen wir am Wochenende in Knolls rotem Pick-up durch das Morgengrauen über die Salzburger Autobahn nach Steiring. Roni und Regina sind auch mitgekommen, weil sie Urs schon lange nicht mehr gesehen haben. Und weil Regina findet, dass rangelnde Burschen doch «nett anzuschauen» seien. Knoll hat eine neue Kassette eingelegt: amerikanischen Country-Folk, eine flotte Mischung aus Ska und Polka. Roni wippt mit dem Kopf und singt lauthals mit. Ihre Stimme ist wirklich fabelhaft. «Is des schee», denke ich und fühle mich sofort von mir selbst ertappt.
    Je weiter wir

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