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Nach all den Jahrmilliarden

Nach all den Jahrmilliarden

Titel: Nach all den Jahrmilliarden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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schritt in die Gruft hinein und überlebte, um dies hier zu erzählen. Pilazinool folgte mir. Dann, ein wenig vorsichtiger, Dr. Horkkk. Mirrik blieb auf Pilazinools Vorschlag hin draußen. Falls sich dies als Falle herausstellen sollte, dann brauchten wir einen Überlebenden, der die anderen davon unterrichtete, was geschehen war.
    Sicherheitshalber blieben wir nahe am Eingang der Gruft und vollführten keine plötzlichen Bewegungen, die unseren riesigen Gastgeber hätten alarmieren können. Wir wußten noch immer nicht, ob die Absichten des Roboters friedlicher Natur waren. Und so sehr wir auch darauf brannten, die an der Rückwand der Gruft angehäuften komplexen Instrumentenpulte in näheren Augenschein zu nehmen – wir wagten es nicht, uns ihnen zu nähern, denn dazu hätten wir uns zwischen den Roboter und seine Geräte begeben müssen. Und vielleicht hätte ihm das nicht gefallen.
    Er wandte sich nun den Instrumenten zu und berührte eine der Kontrollen. Im gleichen Augenblick flackerten Bilder auf: Es handelte sich um die gleiche Art der bildschirmlosen Projektion, die wir schon von der Kugel her kannten.
    Wir betrachteten eine Art Lichtbildvortrag über die Superzivilisation der Erhabenen. Die Szenen unterschieden sich von denen der Kugel, waren aber ähnlich eindrucksvoll und machten uns all die Pracht und den Ruhm jener Geschöpfe deutlich. Wir sahen Aufnahmen von Städten der Erhabenen, die die früheren vollkommen in den Schatten stellten: Städte, die ganze Planeten zu bedecken schienen, mit komplexen Mustern aus Luftkabeln, die sanft hin und her trieben und überbrückten und verbanden und sich offenbar in alle Richtungen erstreckten. Wir beobachteten Fürsten der Erhabenen, die in majestätischen Prozessionen durch prächtige, glitzernde Hallen schritten. Jeder einzelne von ihnen war von einem Dutzend Robotdiener aller Größen, Formen und Funktionen umgeben, die sofort allen Wünschen nachkamen. Wir sahen durch Tunnel, in denen gewaltige Maschinen pochend und rotierend unergründliche Zwecke erfüllten. Wir betrachteten zwischen den Sternen reisende Raumschiffe, Erhabenen-Forscher, die auf den Oberflächen unbekannter Planeten landeten und ihre Schiffe selbstsicher verließen, ausgerüstet für alle möglichen Umweltbedingungen – von öder Leere bis hin zu üppigem, tropischem Grün. Wir erhielten einen überwältigenden Eindruck von dieser unglaublichsten aller Zivilisationen, dieser wahren Herrenrasse aus der Morgendämmerung des Universums. Die Kugel hatte uns davon nur einen Bruchteil gezeigt. Mehr als eine halbe Stunde lang hatte die Gruftwand brillante, lebendige Szenen verströmt.
    Tempel und Bibliotheken, Museen, Computerhallen, Auditorien – wer konnte den Zweck erahnen, dem diese gewaltigen Gebilde dienten? Wir sahen, wie sich die Erhabenen versammelten und einen kreisenden Lichtpunkt betrachteten, aber welche Art von Schönheit fesselte sie dabei? Wie viele Informationen enthielten diese gleißenden Datenbänke und was für Informationen? Die Raumschiffe, die sich so mühelos von Stern zu Stern schwangen, offenbar ohne Treibstoffverbrauch; die Eleganz der Hauseinrichtungen; die rätselhaften Rituale; die Würde dieser Geschöpfe, mit der sie gelassen ihren täglichen Pflichten nachgingen – all das vermittelte uns den Eindruck einer Rasse, deren Kultur so weit jenseits all der Errungenschaften unserer Ära lag, daß unser Stolz auf unsere eigenen hübschen Leistungen wie das einfältige Posieren von Affen erschien.
    Und doch … sie waren aus dem Universum verschwunden, diese großartigen Wesen, und uns gibt es noch. Und so unbedeutende Geschöpfe wir auch sein mögen, wir haben es geschafft, durch den Sterndschungel den Weg hierher zu finden und den Wächter dieser uralten Gruft zu befreien. Das ist bestimmt keine kleine Leistung für eine Spezies, deren Evolution aus affenartigen Vorfahren nur eine Million Jahre alt ist. Und bestimmt hätten die Erhabenen, deren Größe für jede Minute von uns ein Jahrhundert dauerte, zugegeben, daß wir es bisher relativ weit gebracht haben.
    Und es lag Ironie darin, diese demütigende Zurschaustellung funkelnden Ruhms zu betrachten und zu wissen, daß jene, die es zu all dieser Größe gebracht haben, vor Hunderten von Millionen Jahren dein Untergang anheimgefallen sind.
    „Ozymandias“, sagte Mirrik ergriffen, während er von außerhalb der Höhle die Bilder betrachtete.
    Genau. Shelleys Ozymandias. Der „Reisende aus einem alten Land“, der

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