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Nach all den Jahrmilliarden

Nach all den Jahrmilliarden

Titel: Nach all den Jahrmilliarden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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verließ und sich an mich heranschob, ein funkelnder Metallkoloß, der fast zweimal so groß ist wie ich.
    Zwei seiner Arme senkten sich. Aus Hohlräumen in den faustartigen Verdickungen am Ende jedes Arms glitten gewebeartige Finger, die die Kugel vorsichtig umfaßten. Der Roboter nahm sie auf und hob sie hoch über seinen Kopf, als wollte er sie mit zerschmetternder Wucht auf mich schleudern.
    Ich wandte mich um und rannte der Fähre entgegen. Ich dachte überhaupt nicht daran, mich der niedrigen Schwerkraft anzupassen, sondern hüpfte und sprang den ganzen Weg über. Besorgte Hände streckten sich nach mir aus und zogen mich in die Fähre hinein.
    Ich sah zurück. Der Roboter hatte sich nicht gerührt. Wie ein Titan, der eine Welt in seinen Klauen hält, stand er da, die Kugel noch immer hoch erhoben. Regungslos starrte er zu ihr hinauf, gefangen in einem eine Milliarde Jahre alten Traum.
    Seit ich in die Fähre zurückgekehrt bin, sind nun zwei Stunden vergangen. Der Roboter hat sich während dieser Zeit nicht einmal gerührt. Wir haben uns in der Fähre zusammengedrängt, verwirrt, ängstlich, aber auch außerordentlich neugierig. Dr. Horkkk, Dr. Schein und Pilazinool beraten sich einmal mehr, vorn in der Pilotenkanzel. Ich habe keine Ahnung, was wir als nächstes unternehmen sollen. Unsere wildesten Vorstellungen sind noch übertroffen worden. Wir sind geradewegs zum Asteroiden geflogen, auf dem die Erhabenen ihre Gruft bauten; wir haben die Gruft gefunden; und wir haben auch den Roboter gefunden, in noch immer funktionsfähigem Zustand. Dies alles ähnelt der Art von Träumen, die Süchtige in Kifferpalästen kaufen können. Doch inzwischen ist der Traum von der Realität abgelöst worden. Dort draußen wartet der Roboter auf uns. Einer von uns ist bereits tot. Sollen wir es wagen, die Herausforderung anzunehmen? Oder stehlen wir uns wie Feiglinge davon, obwohl wir die größte archäologische Entdeckung aller Zeiten gemacht haben?
    Ich weiß es nicht.
    Und der Roboter wartet noch immer. So wie er bereits seit einer Milliarde Jahren wartet.

 
13
     
    2. Januar 2376
    Der Asteroid
     
    Gestern morgen hat Pilazinool nach Freiwilligen gefragt, die hinausgehen und versuchen sollen, Kontakt mit dem Roboter aufzunehmen. Jans Hand kam als erste in die Höhe. Meine folgte und dann die der meisten anderen, wobei sich Steen Steen und Leroy Chang bezeichnenderweise zurückhielten. Der Gruppe, die schließlich hinausging, gehörten Pilazinool, Dr. Horkkk, Mirrik und ich an. Jan wollte nicht gern zurückstehen, doch ich war erleichtert, daß sie nicht aufgerufen wurde.
    Hintereinander marschierend überquerten wir die öde Felsebene, Pilazinool vorn, Mirrik hinten. Bis auf Dr. Horkkk waren wir alle bewaffnet. Ich war mit einem Positronengewehr ausgerüstet, mit dem ich den Roboter wahrscheinlich in die Luft jagen konnte, aber ich war nicht scharf darauf, diese Waffe zu benutzen.
    Als wir uns dem Roboter bis auf zwanzig Meter genähert hatten, blieben wir stehen und schwärmten weit aus. Dr. Horkkk trat vor. In seinen linken Händen hatte er eine kleine Tafel; in einer seiner rechten Hände hielt er einen Inschriftsknoten. Der Roboter nahm keine Notiz von ihm. Er stand noch immer reglos wie eine Statue und hielt die Kugel hoch, obwohl sie nun keine Bilder mehr zeigte.
    Langsam schwenkte Dr. Horkkk den Inschriftsknoten von Seite zu Seite und versuchte auf diese Weise, die Aufmerksamkeit des Roboters zu wecken. Dazu gehörte viel Mut. Es war durchaus möglich, daß der Roboter dadurch ärgerlich wurde. Nach einigen Minuten begann Dr. Horkkk damit, die Hieroglyphen des Inschriftknotens auf seiner Tafel zu kopieren, die er dabei dem Roboter zuwandte, so daß die Maschine sehen konnte, was geschah. Damit sollte dem Roboter demonstriert werden, daß wir intelligente Lebewesen waren, die die Schrift der Erhabenen zwar nicht verstehen, zumindest aber kopieren konnten.
    „Angenommen“, murmelte Mirrik, „das, was er abschreibt, ist obszön? Oder unfreundlich? Was, wenn es den Roboter wütend macht?“
    Dr. Horkkk fuhr damit fort, Hieroglyphen zu skizzieren.
    Allmählich begann der Roboter, ihm Interesse entgegenzubringen.
    Er ließ die Kugel bis auf Brusthöhe sinken. Er starrte hinunter auf den kleinen Thhhianer, und die Farben seines Sichtbandes verdunkelten sich; fahle Grün- und Gelbtöne verblaßten und wurden von einem satten, mit karmesinroten Flecken durchsetzten Kastanienbraun ersetzt. Vielleicht das Äquivalent eines

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