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Nach all den Jahrmilliarden

Nach all den Jahrmilliarden

Titel: Nach all den Jahrmilliarden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Religion sie drüben auf Bellatrix XIV haben, und deshalb veranstaltete er eine paradoxistische Messe, knapp und irgendwie bewegend. Ich will nicht versuchen, an dieser Stelle alles zu wiederholen. Ich kann mir nur eine Stelle davon ins Gedächtnis zurückrufen, die paradoxistischste von allen: „Deine Zeit hat ein Ende, uns zu lehren, daß die Zeit endlos ist. Du verkürzt unsere Tage, auf daß unsere Tage länger werden. Du machst uns sterblich, auf daß die Ewigkeit unser sei. Vergib uns, o Vater, wie auch wir Dir vergeben. Amen.“
    Eine Stunde später kehrten wir vorsichtig zur Gruft zurück.
    Unsere Stimmung war natürlich düster und niedergedrückt. Doch wir bezweifelten, ob 408b gewollt hätte, daß wir lange über ihn trauerten, wenn wichtige Arbeit auf uns wartete. Wir hatten Scheinwerfer in der Ebene aufgestellt, damit wir beim Aufschneiden der Angel genügend Licht hatten. Jetzt brachten wir sie näher heran, so daß sie das Innere der Gruft ausleuchteten. Wir blickten hinein, wahrten dabei aber vorsichtig Distanz. Ich zitterte ein wenig, als der Schock des Wiedererkennens wie ein frostiger Schauer über meinen Rücken lief: Ganz deutlich sah ich die Szene vor mir, die in der Kugelsequenz veranschaulicht worden war.
    Eine sechseckige Kammer. Fremdartige, rätselhafte Geräte, die an der Rückwand angebracht waren: Bildschirme und Hebel und Knoten und Schalttafel. Und der riesige Roboter saß genau in der Mitte, so massig wie ein gewaltiges Götzenbild, ein Koloß, den die Erhabenen vor zehn Millionen Jahrhunderten hier zurückgelassen hatten, damit er diese Höhle bewachte.
    Die Zeit hatte dem Mechanismus im Innern dieser Gruft nichts anhaben können. Der Feuerschein, der dem Leben von 408b ein Ende gesetzt hatte, war ausreichender Beweis dafür.
    Und auch dem Roboter hatte die Zeit keinen Schaden zugefügt. Es war unglaublich, aber er funktionierte noch immer. Durch die Kombination der Konstruktions-Fertigkeit der Erhabenen und einer konservierenden, luftlosen Umgebung hatte er allem Zerfall widerstehen können. Als das Licht unserer Scheinwerfer über seinen kugelförmigen Kopf blitzte, sahen wir, wie sein Sichtband als Reaktion darauf die Farbe wechselte – vielleicht das Äquivalent des Roboters zu einem Augenzwinkern. Andererseits aber gab er durch nichts zu erkennen, daß er uns wirklich bemerkte. Eine ganze Weile standen wir ihm schweigend gegenüber, vor der Gruft nebeneinander aufgereiht, und wir wagten es nicht, näher heranzugehen.
    Was nun? Wir konnten nichts weiter unternehmen.
    Dann fiel mir die Kugel ein und unsere Absicht, sie als Hilfsmittel für eine Verständigung zu verwenden. Ich erinnerte Dr. Schein daran, und er schickte mich zur Fähre zurück, um sie zu holen.
    Die Kugel war jetzt auf Rollen montiert. Ich schob sie bis auf zwanzig Meter an den Gruftzugang heran.
    „Schalten Sie sie ein“, ordnete Dr. Schein an.
    Meine Hand berührte den Knauf. Um uns herum formte sich die Sphäre aus grünlichem Licht und dehnte sich so weit aus, bis ihr Umfang über die Eingangsschwelle der Gruft hinüberreichte. Bilder der Erhabenen begannen durch das Vakuum zu schweben. Ihre Luftstädte wurden gezeigt, ihre Räume, ihre Straßen, sogar die Sequenz, die den Bau genau dieser Gruft veranschaulichte. Das Sichtband des Roboters flackerte nervös. Rasch aufeinanderfolgend nahm das Glühen alle Farben des sichtbaren Spektrums an, wechselte von hellem Purpur zu Dunkelrot und ging dann in den infraroten Bereich über. Das konnte ich nicht mehr sehen, doch ich spürte eine plötzliche Hitze, die von der Gruft ausstrahlte.
    Der Roboter bewegte sich.
    Langsam und unbeholfen, wie eine ägyptische Mumie, die aus einem tausendjährigen Schlaf erwachte, erhob sich der sitzende Roboter, neigte sich erst nach vorn in eine Art hockende Position und faltete dann seine pfeilerartigen Beine auseinander. Wie gelähmt, erschrocken und fasziniert, sahen wir zu, wie sich das riesige Ding zu seiner vollen Größe von mindestens dreieinhalb Metern aufrichtete. Etwa eine Minute lang stand der Roboter hoch erhoben, testete seine vier Arme und streckte sie aus, als recke er sich. Er betrachtete die Szenen, die die Kugel zeigte.
    Dann setzte er sich würdevoll in Bewegung und begann, aus der Gruft heraus und uns entgegenzuschreiten.
    Alle um mich herum verloren den Kopf und rannten davon. Ich blieb an Ort und Stelle, mehr aus Verblüffung als aus Tapferkeit. Und so stand ich ganz allein, als der Roboter die Gruft

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