Nach all den Jahrmilliarden
den Männern schlafen zu lassen. (Der Umstand, daß Kelly überhaupt keinen Wert auf eine Privatsphäre legte, ist unbedeutend, da Androiden die Gleichbehandlung gegenüber menschlichen Wesen aus Fleisch und Blut beanspruchen, einschließlich des Rechts, unsere Neurosen zu teilen. Kelly besitzt den uneingeschränkten Status einer vollwertigen, menschlichen Frau, und sie anders zu behandeln hieße, sich der Rassendiskriminierung schuldig zu machen, nicht wahr?)
Die Lösung, die Dr. Schein vorschlug, sah folgendermaßen aus: Alle Männer – er selbst, Leroy Chang, Saul Shahmoon und ich – sollten in einer Aufblashütte unterkommen und Jan und Kelly in der anderen. In Ordnung, das wurde den elementaren Anstandsformen gerecht, aber …
Jan und Kelly würden dadurch bei den Aliens schlafen müssen, und einige von ihnen waren männliche Vertreter ihrer Spezies. (Steen Steen und 408b konnten von dieser Kategorie ausgenommen werden: Steen, weil er/sie beide Geschlechter in sich/ihr vereinte, und 408b, weil es keins von beiden zu besitzen schien.) Ich vermute, die verkalkten Moralapostel auf der Erde gerieten ganz aus der Fassung bei der Vorstellung, Jan und Kelly zögen sich vor den Augen irgendwelcher Männer an und aus – selbst wenn es sich dabei um Aliens handelte. (Jedenfalls würden sie sich wahrscheinlich über Jan aufregen; über die Lebensumstände von Androiden scheinen sich diese bornierten Typen keine großen Gedanken zu machen.) Das war es jedoch nicht, was Dr. Schein Sorgen machte. Er wußte, daß Kelly keine moralischen Blockaden besitzt. Und daß Jan, während sie die üblichen Tabus in Hinsicht auf die vier menschlichen Männer beachtet, überhaupt nicht damit rechnet, daß Pilazinool oder Dr. Horkkk oder Mirrik vielleicht eine Bedrohung ihrer Tugend darstellten. Statt dessen machte er sich Sorgen darüber, die Aliens könnten sich beleidigt fühlen. Wenn Jan die Bekleidungstabus zwar uns, aber nicht ihnen gegenüber beachtete, konnte dies dann nicht so ausgelegt werden, als bedeutete es, sie betrachte sie als minderwertige Lebensformen? Sollte sich ein Mädchen nicht allen intelligenten Lebensformen gegenüber sittsam verhalten – oder niemandem? Wo ist in diesem Fall die Gleichheit der galaktischen Rassen, von der man so viel spricht?
Ich kann dein ungeduldiges und amüsiertes Schnaufen hören und wie du eine deiner charakteristischen, vernünftigen Antworten gibst. Wahrscheinlich hättest du darauf hingewiesen, daß keiner der Aliens selbst Kleidung trägt oder irgendein die Privatsphäre betreffendes Tabu einzuhalten hat oder auch nur andeutungsweise nachvollziehen könnte, aus welchem Grund die Erdenmenschen das Bedürfnis haben, gewisse Teile ihres Körpers zu bedecken. Du hättest ebenfalls bemerkt, daß die galaktische Gleichberechtigung nichts mit Sex zu tun hat – und das ist es, was unserem Problem mit der Bekleidung zugrunde liegt – und daß es für ein Mädchen ganz in Ordnung ist, einem männlichen Geschöpf seiner eigenen Spezies gegenüber Zurückhaltung zu üben und die männlichen Vertreter anderer Rassen gleichzeitig scheinbar zu demütigen. Aber nicht immer regiert der gesunde Menschenverstand die Welt, Lorie. Dr. Schein hatte eine lange, vertrauliche Unterredung mit Jan, konferierte dann mit Saul Shahmoon und Leroy Chang, und schließlich trug er die ganze Sache – sehr aufgeregt – Dr. Horkkk vor. Der sie für so außerordentlich komisch hielt, daß er alle seine Arme verknotete, eine Geste, mit der die Bewohner von Thhh schallendes Gelächter zum Ausdruck bringen. Er sprach die Überzeugung aus, daß keiner der Nichtmenschen sich
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