Nach all den Jahrmilliarden
einen riesigen Gefallen, indem sie deine Anrufe übermitteln. Ich glaube, sie müssen uns arme Teufel ziemlich verachten, die wir nicht über ihre Begabungen verfügen und nur auf Worte angewiesen sind, um miteinander zu kommunizieren.“
„Nicht alle sind eklig“, sagte ich. „Meine Schwester zum Beispiel nicht. Lorie hat sehr viel Geduld mit allen. Lorie ist wirklich eine Heilige.“
„Wenn das stimmt, dann ist sie das erste höfliche TP-Mädchen, von dem ich überhaupt jemals gehört habe. Wie kommt es, daß ich niemals auf Entgegenkommen stoße, wenn ich eine Nachricht durchgeben muß?“
„Lorie nimmt keine Gespräche von der Öffentlichkeit an“, erklärte ich. „Weil sie die ganze Zeit über an ihr Krankenzimmer gefesselt ist. Sie fungiert auschließlich als Aufnahmepunkt und Relaisstation.“
„Ich verstehe. Wahrscheinlich haben sie alle freundlichen Menschen dazu eingesetzt, als Relaisstationen zu arbeiten, und in den öffentlichen Büros sitzen die ganzen Fieslinge. Ich würde deine Schwester irgendwann gern einmal kennenlernen.“
„Vielleicht wirst du das.“
„Sieht sie dir sehr ähnlich?“
„Eigentlich nicht. Sie ist kleiner und zarter und an einigen Stellen rundlicher. Außerdem braucht sie sich nicht zu rasieren.“
„Witzbold! Ich meine, abgesehen davon, daß sie ein Mädchen ist!“
„Man sagt, wir seien uns sehr ähnlich, besonders für zweieiige Zwillinge“, antwortete ich. „Ich kann das kaum beurteilen. Sie ist ruhiger als ich, und sie hat einen anderen Sinn für Humor. Ich meine, manchmal sagt sie eine halbe Stunde lang kein Wort und hört nur den anderen Leuten in ihrem Zimmer zu, und dann kommt sie mit etwas heraus, in einer sehr sanften Stimme, so daß man die Ohren spitzen muß, um es zu verstehen … und es ist etwas absolut Verheerendes, etwas, das es fertigbringt, zugleich lustig und zutreffend zu sein. Manchmal kann sie jemanden mit zwei oder drei gut gewählten Worten ganz schön aus der Fassung bringen.“
„Du vermißt sie sicher sehr.“
„Noch nie zuvor habe ich so lange Zeit nicht mit ihr sprechen können. Ich habe immer versucht, sie an meinen Erlebnissen teilhaben zu lassen – was ich auch mache, wohin ich auch gehe. Hier aber … so weit von ihr entfernt …“
„Du könntest sie anrufen.“
„Über Marge die Lächelnde?“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich will ihr Bewußtsein nicht durch den unnötigen Kontakt mit einem gedanklichen Güllefaß beschmutzen. Außerdem kostet es eine hübsche Stange Geld.“
„Ist dein Vater nicht reich?“
„Mein Vater schon. Ich nicht. Er behält den Daumen in seiner eigenen Tasche.“
„Ach.“
„Ich türme Nachrichtenwürfel für Lorie auf und erzähle ihr die ganze Geschichte. Wenn ich zur Erde zurückkomme, kann sie sie alle abspielen, die ganzen Hörbriefe von zwei Jahren auf einmal.“
„Dann hast du also die ganze Zeit für sie gesprochen!“
„Ist es dir aufgefallen?“
„Wenn ich dich in der letzten Zeit gesucht habe“, sagte Jan, „dann warst du meistens vollauf damit beschäftigt, in einen Nachrichtenwürfel zu sprechen.“
Interessant, daß sie nach mir gesucht hatte.
Aus strategischen Erwägungen erwiderte ich: „Natürlich sind diese Würfel nicht alle für Lorie. Ich meine, versteh’ das richtig: Nicht daß ich drüben auf der Erde irgendwelche festeren Bindungen hätte, aber ich glaube, es gibt da ein paar Mädchen, die an meinen Abenteuern hier draußen im All interessiert sind, und …“
„Natürlich“, sagte Jan. „Es ist sehr aufmerksam von dir, daß du dich an sie erinnerst, obwohl du so weit fort bist.“
Ihr Tonfall war völlig neutral. Ich entdeckte nicht einmal einen Hauch der Eifersucht, die ich so plump hervorzurufen versucht hatte,
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