Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nach all den Jahrmilliarden

Nach all den Jahrmilliarden

Titel: Nach all den Jahrmilliarden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
gan­zen Abend. Wie kann ich ihn los­wer­den?“
    Ich wand­te mich zur Ka­bi­nen­tür um und warf einen flüch­ti­gen Blick auf Leroy Chang, der auf dem Kor­ri­dor her­um­schlich. Leroy ist der ein­zi­ge rich­ti­ge Schlei­cher, den ich je­mals ge­se­hen ha­be. Er starr­te mich vol­ler Wut an, als wol­le er mir sa­gen, wie ekel­haft es von mir sei, mich er­neut zwi­schen ihn und die Frau zu stel­len, der er nach­jag­te. Dann pirsch­te er sich da­von, wo­bei er be­stimmt et­was vor sich hin­brumm­te und sich einen Schnurr­bart her­bei­sehn­te, an dem er hät­te zup­fen kön­nen.
    „Der ar­me Teu­fel“, sag­te ich. „Ich ver­mu­te, er hat ein se­xu­el­les Pro­blem.“
    Kel­ly ließ ein strah­len­des Lä­cheln auf­blit­zen. „Wann wird er be­grei­fen, daß ich nicht dar­an in­ter­es­siert bin, ihm bei der Lö­sung be­hilf­lich zu sein?“
    Ich hat­te plötz­lich Mit­leid mit dem um­her­schlei­chen­den Leroy. Die An­droidin, die mir ge­gen­über saß, sah au­ßer­or­dent­lich be­geh­rens­wert aus. Kel­lys fun­keln­des, kas­ta­ni­en­brau­nes Haar fiel fast bis zu den Schul­tern her­ab; es glüh­te und glänz­te in ei­nem Schim­mer, der nur in den Schöp­fungs­bot­ti­chen der An­dro­iden ent­ste­hen kann. Ih­re dun­kel­grü­nen Au­gen wa­ren wie kost­ba­re Ju­we­len. Ih­re ma­kel­lo­se Haut war nicht die Haut von Nor­mals­terb­li­chen. Und in ih­rer sorg­lo­sen Art trug sie nur einen eng­an­lie­gen­den Auf­sprüh-Um­hang, was nicht viel mehr war als ein biß­chen Flaum hier oben und ein biß­chen mehr wei­ter un­ten. Sie war ei­ne ver­füh­re­ri­sche Er­schei­nung – und die La­bo­ra­to­ri­ums­tech­ni­ker, die sie aus Ami­no­säu­ren und Elek­tri­zi­tät er­schaf­fen hat­ten, hat­ten ihr einen grau­sa­men Streich ge­spielt, denn sie hat­ten Kel­ly nicht das ge­rings­te Ver­lan­gen nach Sex mit­ge­ge­ben. Wahr­schein­lich hät­te sie Leroy Chang auf ge­wis­se Wei­se zu­frie­den­stel­len kön­nen – wenn sie ge­wollt hät­te. Aber sie woll­te nicht, und sie woll­te nicht ein­mal wol­len, und sie konn­te auch Leroys Mo­ti­ve nicht ver­ste­hen. Für sie sind die grund­le­gen­den Trie­be der Men­schen ge­nau­so fremd­ar­tig wie für uns das Be­stre­ben der Shil­amak­ka, sich selbst in Ma­schi­nen zu ver­wan­deln.
    Aber sie war wun­der­hübsch: ein strah­len­des Bild sinn­li­cher, neun­zehn­jäh­ri­ger Weib­lich­keit, ei­ne Art Traum­ge­schöpf. Al­le An­dro­iden sind at­trak­tiv, in ei­ner stan­dar­di­sier­ten, ste­reo­ty­pen Art und Wei­se, aber wer auch im­mer das Pro­gramm für Kel­ly ent­wi­ckelt hat, er muß ein Bot­tich­poet ge­we­sen sein. Als ich mit ihr zu­sam­mensaß und mich in ei­ner Art kul­ti­vier­ter Plau­de­rei üb­te, kam ich mir fast so vor wie der Held ei­ner die­ser Tri­dem-Fil­me: für al­le Zei­ten ver­strickt in ei­nem Netz aus ro­man­ti­scher Kon­ver­sa­ti­on mit ge­heim­nis­vol­len Schön­hei­ten, an Bord ei­nes Raum­schif­fes, das weit ent­fern­te Wel­ten an­steu­ert.
    Al­ler­dings war nie­mand so auf­merk­sam, mir ein Dreh­buch in die Hand zu drücken. Im Ver­lau­fe des Ge­sprächs muß­te ich mir die Dia­lo­ge selbst aus­den­ken. Kel­ly schi­en jetzt, nach­dem ich sie vor Leroy dem Sit­ten­strolch er­ret­tet hat­te, ge­neigt zu sein, in der Bi­blio­thek zu ver­wei­len und die gan­ze Nacht hin­durch mit mir zu re­den. Nach den ers­ten zehn Mi­nu­ten aber muß­te ich fest­stel­len, daß ich mei­nen Vor­rat an seich­ten Kon­ver­sa­ti­ons­flos­keln er­schöpft hat­te. Es ist nicht ein­fach, Ge­sprächsthe­men zu fin­den, wenn man sich an Bord ei­nes Ul­tra­raum­kreu­zers be­fin­det, ein­ge­schlos­sen in ei­nem ver­sie­gel­ten Be­häl­ter und so­mit ab­ge­schnit­ten von al­len Kon­tak­ten zum Rest des Uni­ver­sums. Man kann nicht ein­mal über das Wet­ter re­den. So­bald man über sei­ne Re­ak­tio­nen auf die wäh­rend des Ein­tritts in den Ul­tra­raum er­fol­gen­de In­nen-Um­stül­pung ge­spro­chen hat, ist man am En­de.
    Um der men­ta­len Vor­stel­lung, kalt­blü­ti­ger Star ei­ner auf­re­gen­den Tri­dem-Show zu sein (Tom Ri­ce, in­ter­ga­lak­ti­scher Ge­heim­agent), Ge­nü­ge zu tun, muß­te

Weitere Kostenlose Bücher