Nach all den Jahrmilliarden
ganzen Abend. Wie kann ich ihn loswerden?“
Ich wandte mich zur Kabinentür um und warf einen flüchtigen Blick auf Leroy Chang, der auf dem Korridor herumschlich. Leroy ist der einzige richtige Schleicher, den ich jemals gesehen habe. Er starrte mich voller Wut an, als wolle er mir sagen, wie ekelhaft es von mir sei, mich erneut zwischen ihn und die Frau zu stellen, der er nachjagte. Dann pirschte er sich davon, wobei er bestimmt etwas vor sich hinbrummte und sich einen Schnurrbart herbeisehnte, an dem er hätte zupfen können.
„Der arme Teufel“, sagte ich. „Ich vermute, er hat ein sexuelles Problem.“
Kelly ließ ein strahlendes Lächeln aufblitzen. „Wann wird er begreifen, daß ich nicht daran interessiert bin, ihm bei der Lösung behilflich zu sein?“
Ich hatte plötzlich Mitleid mit dem umherschleichenden Leroy. Die Androidin, die mir gegenüber saß, sah außerordentlich begehrenswert aus. Kellys funkelndes, kastanienbraunes Haar fiel fast bis zu den Schultern herab; es glühte und glänzte in einem Schimmer, der nur in den Schöpfungsbottichen der Androiden entstehen kann. Ihre dunkelgrünen Augen waren wie kostbare Juwelen. Ihre makellose Haut war nicht die Haut von Normalsterblichen. Und in ihrer sorglosen Art trug sie nur einen enganliegenden Aufsprüh-Umhang, was nicht viel mehr war als ein bißchen Flaum hier oben und ein bißchen mehr weiter unten. Sie war eine verführerische Erscheinung – und die Laboratoriumstechniker, die sie aus Aminosäuren und Elektrizität erschaffen hatten, hatten ihr einen grausamen Streich gespielt, denn sie hatten Kelly nicht das geringste Verlangen nach Sex mitgegeben. Wahrscheinlich hätte sie Leroy Chang auf gewisse Weise zufriedenstellen können – wenn sie gewollt hätte. Aber sie wollte nicht, und sie wollte nicht einmal wollen, und sie konnte auch Leroys Motive nicht verstehen. Für sie sind die grundlegenden Triebe der Menschen genauso fremdartig wie für uns das Bestreben der Shilamakka, sich selbst in Maschinen zu verwandeln.
Aber sie war wunderhübsch: ein strahlendes Bild sinnlicher, neunzehnjähriger Weiblichkeit, eine Art Traumgeschöpf. Alle Androiden sind attraktiv, in einer standardisierten, stereotypen Art und Weise, aber wer auch immer das Programm für Kelly entwickelt hat, er muß ein Bottichpoet gewesen sein. Als ich mit ihr zusammensaß und mich in einer Art kultivierter Plauderei übte, kam ich mir fast so vor wie der Held einer dieser Tridem-Filme: für alle Zeiten verstrickt in einem Netz aus romantischer Konversation mit geheimnisvollen Schönheiten, an Bord eines Raumschiffes, das weit entfernte Welten ansteuert.
Allerdings war niemand so aufmerksam, mir ein Drehbuch in die Hand zu drücken. Im Verlaufe des Gesprächs mußte ich mir die Dialoge selbst ausdenken. Kelly schien jetzt, nachdem ich sie vor Leroy dem Sittenstrolch errettet hatte, geneigt zu sein, in der Bibliothek zu verweilen und die ganze Nacht hindurch mit mir zu reden. Nach den ersten zehn Minuten aber mußte ich feststellen, daß ich meinen Vorrat an seichten Konversationsfloskeln erschöpft hatte. Es ist nicht einfach, Gesprächsthemen zu finden, wenn man sich an Bord eines Ultraraumkreuzers befindet, eingeschlossen in einem versiegelten Behälter und somit abgeschnitten von allen Kontakten zum Rest des Universums. Man kann nicht einmal über das Wetter reden. Sobald man über seine Reaktionen auf die während des Eintritts in den Ultraraum erfolgende Innen-Umstülpung gesprochen hat, ist man am Ende.
Um der mentalen Vorstellung, kaltblütiger Star einer aufregenden Tridem-Show zu sein (Tom Rice, intergalaktischer Geheimagent), Genüge zu tun, mußte
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