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Nach alter Sitte

Nach alter Sitte

Titel: Nach alter Sitte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Breuer
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eigentlich?«
    Lorenz antwortete: »Na ja, wenn hier zehntausend römische Soldaten ihr Leben gelassen haben, müsste die betreffende Erdschicht mit Rüstungs- und Waffenteilen durchsetzt sein. Reste von Helmen, Schwertern, Lanzen. Die Kelten benutzen Speere, Äxte und Wurfsteine. Davon müsste sich einiges finden lassen.«
    »Also hauptsächlich doch Metallteile, oder?«
    »Klar, alles andere ist nach über zweitausend Jahren verrottet.«
    »Und warum haben wir dann keinen Metalldetektor?«
    »Gute Frage«, brummte Lorenz. »So etwas besitze ich nicht. Und kaufen – gute Geräte sind teuer.«
    Gustav schüttelte lachend den Kopf. »Aber für irgendwas muss ein alter Silberminenbesitzer doch gut sein. Auch mein letztes Hemd wird keine Taschen haben, weißt du?«
    »Stimmt, ich vergaß, dass du stinkend reich bist«, erwiderte Lorenz. »Ich werde heute Abend eine Wunschliste schreiben.«
    »Tu das«, meinte Gustav und nahm ein Stofftaschentuch aus der Hosentasche. Er verknotete die Enden und setzte sich die so entstandene Mütze auf den kahlen Schädel. »So, jetzt kann es weitergehen. Bei dieser Sonne muss man schon aufpassen.«
    »Wohl wahr«, antwortete Lorenz und schob seine abgewetzte Baseballkappe zurecht. »Das bisschen Hirn, was uns geblieben ist, sollten wir in Ehren halten.«
    Die beiden packten ihre mitgebrachten Schaufeln aus und fuhren fort, den Erdhaufen zu durchwühlen, den Wilhelm Naas aufgeworfen hatte. Der alte Bauer ging an ihnen vorbei zu seinem Bagger. Ohne stehen zu bleiben, murmelte er vor sich hin: »Su jet han ich noch net jesehn. Ihr set doch verdötsch.«
    Gustav begann leise zu lachen. »Sehr nett«, meinte er. »Klar, solche Verrückten wie uns hat er bestimmt noch nicht gesehen.«
    Lorenz kommentierte: »Kommissar Wollbrand war sich sicher, dass der alte Eifelbauer ohnehin noch nicht viel gesehen hatte, und dieses Wenige dürfte auch nicht sonderlich schlau oder erhebend gewesen sein.«
    Dann dröhnte der Dieselmotor des Baggers auf und machte mit seinem ohrenbetäubenden Lärm jede weitere Äußerung unsinnig. Naas verbreiterte die Grube immer weiter, und Lorenz begann sich zu fragen, welche Art von Gebäude denn einen solch riesigen Keller benötigte. Sie arbeiteten still vor sich hin, ohne mehr zu finden als ein paar Tierknochen oder ab und an ein Stück Müll. Nichts davon war älter als wenige Jahre oder allenfalls Jahrzehnte. Die Sonne stieg höher, und als es auf Mittag zuging, waren Lorenz und Gustav sowohl müde und erhitzt als auch voller Dreck. Sie gingen zu einem Trog, in den frisches Wasser aus einem rostigen Metallrohr floss. Dort wuschen sie sich den gröbsten Schmutz von den Händen. Dann kramte Lorenz ein Stück Seife aus der Tasche, das er in weiser Voraussicht eingesteckt hatte. Mittlerweile hatte auch Wilhelm Naas offenbar eine Pause nötig und gesellte sich zu ihnen. Er legte ein Paket neben sich ab und wusch sich den Schweiß aus dem Gesicht. Lorenz äugte neugierig auf das Paket, das halb offen war und in dem sich eine tüchtige Kante Räucherspeck befand. Er merkte, wie hungrig er war. Der Bauer wies indes auf das Stück Seife, und meinte: »Jävv mich ens ding Seef.«
    Lorenz entgegnete: »Jävv mich e Stöck von dingem Speck.«
    Naas sah kurz auf und meinte: »Verrecke sollste an ding Seef!«
    Lorenz brummte: »Erstecke sollste an dingem Speck!«
    Gustav hatte den kurzen Dialog grinsend verfolgt. Hier schienen sich zwei ähnliche Charaktere getroffen zu haben. Keiner der beiden verzog eine Miene oder machte Anstalten, dem kurzen Abtausch noch etwas hinzuzufügen. Und obwohl Naas nicht vorhatte, an seinem Speck zu ersticken, und Lorenz seinerseits nicht gewillt war, an seiner Seife zu verrecken, wusch der eine sich die Hände ohne Seife, und der andere blieb hungrig.
    Lorenz meinte: »Wir könnten in den Blenser   Bauernstuben   etwas essen gehen.«
    Gustav stimmte zu, und so gingen sie los, folgten dem Odenbach ins Dorf hinunter. Bald saßen sie in der nicht weit entfernten Wirtschaft und ließen sich ein Bitburger Pils durch die trockenen Kehlen laufen. Dann aßen sie, obwohl keine Wildsaison, einen Wildschweinbraten. Lorenz freute sich, dass er dies ohne Bärbels Schelte, die er sich dafür in ihrem Beisein sicherlich eingehandelt hätte, tun konnte. Alleine schon weil sie an Ambiorix dachten und an Asterix und Obelix, die dasselbe gegessen hätten. Allerdings war er, als sie sich wieder auf den Rückweg machten, so müde, dass er eigentlich keine Lust mehr

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