Nach alter Sitte
Schichten zu gelangen, die uns interessieren.«
»Klar«, bestätigte Bärbel. »Wer hier baut, betätigt sich quasi als Ausgrabungshelfer.«
Gustav fügte hinzu: »Leider mit grobem Gerät und ohne jedes archäologische Interesse, wie zu befürchten ist.«
»Stimmt«, musste Lorenz beipflichten. »Wenn man den Eifelbauern nicht beim Buddeln über die Schulter schaut, ist das alles für die Katz. Die können doch ein römisches Pilum nicht von einem abgebrochenen Stück einer Egge unterscheiden.«
»Wat verzällste do für ne Dress?« Ein Mann, gekleidet in einen schmutzigen blauen Arbeitsanzug, kam auf sie zu und wedelte mit einer Kappe herum, so als wolle er die drei Besucher damit schlagen.
Lorenz fragte spontan: »Was?«
Gustav erklärte: »Der Herr fragte dich freundlich, welchen Mist du da erzählst.«
Lorenz winkte ab. »Ich hab ihn schon verstanden, danke.« Dann fragte er: »Guter Mann, ist das Ihr Grundstück?«
Der Angesprochene sah Lorenz aus zusammengekniffenen Augen an. »Dat well ich meene. Ich darf he baue, wie un wat ich well, dat sen ming Bende he!«
»Ich bezweifle nicht, dass Sie auf Ihrer Wiese bauen dürfen. Mich interessiert nur, ob es vielleicht möglich wäre zu sehen, was in der Erde so drinsteckt. Alte Dinge aus früheren Zeiten, meine ich.«
»Ahle Krempel?«, übersetzte der Mann fragend. »Jet Düüres?«
Lorenz winkte ab. »Nein, nichts Wertvolles. Aber interessant vielleicht schon. Wir betreiben Heimatkunde, wissen Sie. Vielleicht kann man hier im Boden die Reste alter Siedlungen finden. Töpfe, Mauerreste, vielleicht sogar Werkzeuge, deren Alter man bestimmen könnte. Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich gerne regelmäßig vorbeikommen und die Erde ansehen, die Sie ausheben. Wie lange arbeiten Sie denn hier noch?«
»Dat witt noch jet duure«, antwortete der Mann, der immer noch nicht recht wusste, was er von den Besuchern zu halten hatte. »Un ihr set net vum Amp?«
»Nein, nicht vom Amt«, beruhigte Lorenz ihn sofort. Gustav hatte schon seit Beginn der Unterhaltung ein Grinsen im Gesicht, das nun langsam auch für Lorenz ansteckend wirkte. Er beherrschte sich jedoch, denn er wusste, wie schnell ein Eifelbauer sich verulkt vorkommen konnte. Er gab dem Mann die Hand. »Lorenz Bertold, aus Nideggen.« Der Mann ergriff Lorenz’ Hand, ohne den Arbeitshandschuh vorher auszuziehen. »Wilhelm Naas.«
»Ah«, sagte Lorenz. »Verwandt mit dem Estrich-Naas?«
»Kennste der?«
»Ja, sicher. Netter Kerl.«
Wilhelm Naas schien kurz nachzudenken, dann sagte er: »Nee.«
»Wie? Haben Sie was gegen den Estrich-Naas?«
»Nee. Mir sen net verwandt.«
»Ach so.« Jetzt konnte Lorenz sich doch ein Grinsen nicht mehr verkneifen. »Hätte ja sein können. Wusste nicht, dass es hier unterschiedliche Familien mit dem Namen Naas gibt.«
Wilhelm Naas nickte zustimmend, sagte aber nichts mehr darauf. Offenbar war das Thema für ihn damit erschöpfend ausdiskutiert. Er drehte sich weg und stiefelte zum Bagger. Dabei sagte er noch: »Wenn ihr wullt, künnt ihr he in mingem Dreck sööke, wat ihr wullt.«
Lorenz war froh, des hiesigen Dialektes mächtig zu sein. Er wusste daher, dass er soeben die Erlaubnis erhalten hatte, den Aushub des Wilhelm Naas nach Belieben zu untersuchen.
»Danke!«, rief er dem Mann zu und wollte noch etwas sagen, unterließ dies aber, da es ohnehin im Dröhnen des Baggers untergegangen wäre. Naas hatte offensichtlich beschlossen weiterzuarbeiten und kümmerte sich nicht weiter um die drei. Die mussten eilig einige Schritte zurücktreten, um von der herumschwenkenden Schaufel nicht in die Grube gewischt zu werden.
»Was für ein Vogel«, meinte Lorenz, als sie wieder auf der Straße standen.
»Das kannst du aber laut sagen«, pflichtete Bärbel bei. »Aber ich bin erstaunt, dass er so mir nichts, dir nichts die Erlaubnis erteilt hat, hier auf seinem Grundstück die Erde zu durchsuchen.«
»Stimmt«, meinte auch Gustav. »Seltsam für einen Blenser.«
Lorenz zuckte mit den Achseln. »Mag sein, ist aber gut so. Die Zeiten ändern sich, offenbar wird auch der gemeine Nordeifler langsam aber sicher etwas umgänglicher. Glück für uns. Ich besorge ein paar kleine Hilfsmittel, dann können wir morgen mit der Arbeit beginnen. Es ist zwar nur eine kleine Chance, aber es ist eine.«
Dann zog er sein Mobiltelefon aus der Tasche, um Benny mit dem Transporter nach Blens zu beordern. Er hatte keinesfalls vor, die steile Serpentinenstraße hinauf nach Nideggen mit
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