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Nach dem Bankett.

Nach dem Bankett.

Titel: Nach dem Bankett. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yukio Mishima
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dem Boden lag, war das einzig Ungewöhnliche in der nächtlich stillen Bibliothek. Kazu wußte, daß ihre Schenkel unter dem Saum des Kimonos sichtbar waren und sich außerhalb des trüben Lichtkreises, im gleichen Rhythmus wie ihr Atem, unmerklich hoben und senkten. Sie wußte auch genau, welche Stellen entblößt waren, denn durch die Kälte wurden sie allmählich gefühllos. Mit Bedauern dachte Kazu daran, daß es ganz zwecklos war, ihre nackten weißen Schenkel der Kälte auszusetzen, da sie überhaupt nicht beachtet wurden. Sie meinte zu spüren, wie Noguchis Ablehnung durch die frierenden, entblößten Schenkel in ihren Körper foß.
       Schließlich ordnete sie ihr Gewand, setzte sich aufrecht hin und verbeugte sich bis zum Teppich hinab. Dann erklärte sie, sie wolle alles gestehen. Tatsächlich hielt sie mit nichts zurück und erzählte Noguchi sogar von der Hypothek auf Setsugoan.
       Daraufhin sagte Noguchi mit unerwartet sanfter Stimme: »Was geschehen ist, läßt sich nicht mehr ändern. Aber ab morgen wirst du das Setsugoan schließen und nur noch in diesem Hause leben. Hast du mich verstanden? Und du wirst keinen Schritt mehr aus dem Hause gehen.«
       »Ich soll das Setsugoan schließen?«
       »Ja. Wenn du mir nicht gehorchst, bleibt mir nichts anderes übrig, als mich von dir scheiden zu lassen.«
       Diese Drohung war furchtbarer als die schlimmste Züchtigung. Vor Kazus Augen tat sich ein großes dunkles Loch auf. ›Wenn er sich von mir trennt, werde ich mein Grab verlieren‹, dachte sie. Und dieser Gedanke bewog sie, alles zu tun, was er von ihr forderte.

Ein Hindernis auf dem Pfade der Liebe

    Nach diesem Streit kam Kazu zu dem Ergebnis, daß ihr kein anderer Ausweg blieb, als das Setsugoan zu verkaufen. Das Setsugoan hatte bereits mehrfach Anlaß zu Gerüchten gegeben, und das konnte für die gegnerische Propaganda von großem Nutzen sein. In Noguchis Augen war es nur der Stützpunkt für Kazus unerwünschte Aktivität; er war sogar außerordentlich aufgebracht gewesen übe die Hypothek, die Kazu hinter seinem Rücken auf das Gasthaus aufgenommen hatte, um mit dem Geld den Vorwahlkampf zu fnanzieren; aber wie die Dinge jetzt lagen, hielt er es für das Beste, die Wurzel allen Übels auszurotten und das Setsugoan zum Verkauf anzubieten. Mit diesem ehrlich und anständig erworbenen Geld konnte er die Unkosten der Wahl bestreiten; denn er hatte be dem Streit mit Kazu zum erstenmal davon gehört, wie arm seine Partei war.
       Um den Verkauf des Setsugoan wollte sich Noguchi kümmern. Kazu hing mit tiefer Liebe an dem Besitz, und der Schmerz, ihn aufgeben zu müssen, ließ sich nicht in Worten beschreiben; aber sie zog doch das kleine moosbedeckte Familiengrab der Noguchis dem schönen Garten vom Setsugoan vor.
       Das Durcheinander, das der Verkauf mit sich brachte, bot Kazu manchen guten Vorwand, der Haft in Noguchis Haus zu entrinnen und gelegentlich zum Setsugoan zu fahren. War sie aber dort, dann rührte sie keinen Finger, um die Liquidation des Gasthauses voranzutreiben. Selbst gegenüber den Angestellten die bereits unruhig wurden, weil das Restaurant so lange geschlossen blieb, ließ sie nichts über den wahren Sachverhalt verlauten. Sie rief vielmehr jeden Tag Yamazaki zu sich und begann, mit ihm zusammen neue Intrigen zu spinnen Wenn sie eine gute Idee hatte, konnte sie vor Aufregung nicht mehr stillsitzen und gab sofort Befehl, den Wagen vorzufahren. Trotz der Lektion, die Noguch ihr erteilt hatte, verlief ihr Leben unverändert – abgesehen davon, daß das Setsugoan außer Betrieb war.
       Noguchi hatte einen ihm nahestehenden Rechtsanwalt mit dem Verkau betraut. Es dauerte nicht lange, da meldete sich ein vielversprechender Käufer Fujikawa Genzo vom Fujikawa-Konzern. Die Verhandlungen, die zwischen seinem und Noguchis Rechtsanwalt geführt wurden, erweckten den Eindruck als würde man schnell zu einem Abschluß kommen. Es ging eigentlich nur noch um die Kaufsumme. Die geforderten hundert Millionen Yen war der Käufer nich bereit zu zahlen. Er wollte achtzig Millionen Yen geben und lehnte es ab, darübe hinaus zu verhandeln.
       Eines Tages, als Kazu im Setsugoan war, meldete das Mädchen, daß Nagayama Genki am Telefon sei und Kazu zu sprechen wünsche. Kazu, die nicht die Absicht hatte, die Freundschaft mit Genki wieder aufeben zu lassen, wollte zunächst nicht ans Telefon gehen. Aber Yamazaki, der zufällig neben ihr saß, klopfte ihr aufmunternd aufs

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