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Nach Dem Sommer

Nach Dem Sommer

Titel: Nach Dem Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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>Angeschmiert mit Klopapier! Werwölfe gibt's doch gar nicht. Hast du das echt geglaubt? <«
    Ich wollte ihr sagen, dass es wirklich keine Werwölfe gab. Dass es Menschen gab und Wölfe und dann noch diejenigen unter uns, die auf dem Weg vom einen zum anderen waren. Aber ich konnte einfach nicht mehr, also sagte ich gar nichts.
    »Versprich mir, dass du es niemandem erzählst«, fiel Grace abrupt ein. »Ich glaube zwar nicht, dass du es schon getan hast, aber das muss auch auf jeden Fall so bleiben.«
    »Hältst du mich für eine Vollidiotin? Verdammt noch mal, mein Dad hat einen von den Wölfen erschossen, nur weil er sauer war. Meinst du, ich renne jetzt los und erzähle ihm, dass Jack einer davon ist? Und meine Mutter ist schon so mit Medikamenten vollgepumpt, dass sie nur noch Sterne sieht - die wäre also sicher eine Riesenhilfe. Nein, damit muss ich allein klarkommen.«
    Grace wechselte einen Blick mit mir, der wohl »Gut erkannt, Sam« ausdrücken sollte.
    »Nicht allein«, widersprach Grace. »Wir helfen dir, wo wir können. Und Jack muss das auch nicht allein durchstehen. Dazu müssten wir ihn allerdings erst mal finden.«
    Isabel wischte sich ein unsichtbares Stäubchen vom Stiefel, als wüsste sie nicht, wie sie mit Grace' Freundlichkeit umgehen sollte. Schließlich entgegnete sie, ohne den Blick von ihrem Stiefel zu wenden: »Ich weiß nicht. Als ich ihn zum letzten Mal gesehen habe, war er nicht besonders nett. Ich weiß gar nicht, ob ich ihn finden will.«
    »Tut mir leid«, sagte ich.
    »Was?«
    Dass ich dir nicht sagen kann, Jack sei nur so mies drauf, weil er gebissen wurde, und es würde wieder weggehen. Ich zuckte mit den Schultern. Das tat ich in letzter Zeit andauernd, so kam es mir zumindest vor. »Dass ich keine angenehmeren Nachrichten habe.«
    Aus der Küche drang ein leises, aber irritierendes Summen.
    »Die Quiche ist fertig«, seufzte Isabel. »Wenigstens bekomme ich einen Trostpreis.« Sie sah erst mich an, dann Grace. »Er hört also bald auf, sich hin- und herzuverwandeln, ja? Weil wir schon fast Winter haben?«
    Ich nickte.
    »Gut«, sagte sie und sah aus dem Fenster auf die kahlen Bäume. Sie sah hinaus auf den Wald, der nun Jacks Heimat war und bald auch wieder meine sein würde. »Ich kann es kaum erwarten.«

  Kapitel 43 - Grace (7°C)
    I ch war ein schlafloser Zombie. In meinem Kopf nichts als
    Englischaufsatz Mr Rinks Stimme
    Flackerndes Neonlicht über meinem Schreibtisch
    Bio-Leistungskurs
    Isabels versteinertes Gesicht
    Schwere Lider
    »Erde an Grace«, sagte Rachel und zwickte mich in den Arm, als sie auf dem Weg zum Parkplatz an mir vorbeiging. »Da ist Olivia. Ich hab sie im Unterricht gar nicht gesehen. Du?«
    Ich folgte Rachels Blick zu den Grüppchen von Schülern, die auf den Bus warteten. Olivia stand dabei und hüpfte auf und ab, damit ihr wärmer wurde. Keine Kamera. Ich dachte an die Fotos. »Ich muss mit ihr reden.«
    »Ja, das musst du«, erwiderte Rachel. »Ihr müsst euch schließlich wieder vertragen haben, bevor wir in den Weihnachtsferien zusammen in die Sonne düsen. Ich würde ja mitkommen, aber Dad wartet schon auf mich und er hat irgendeinen Termin in Duluth. Der wird nur wieder fuchsteufelswild, wenn ich nicht in einer Sekunde da bin. Erzähl mir, was sie gesagt hat, ja?«
    Sie rannte in Richtung Parkplatz und ich joggte zu Olivia hinüber. »Olivia!«
    Sie zuckte zusammen und ich packte sie beim Ellbogen, als könnte sie versuchen zu fliehen, wenn ich sie nicht festhielt. »Ich hab versucht, dich anzurufen.«
    Olivia zog ihre Bommelmütze ein Stück tiefer und schlang ihre Arme gegen die Kälte um den Körper. »Ja?«
    Eine Sekunde lang dachte ich darüber nach, einfach abzuwarten, was sie sagen würde. Um zu sehen, ob sie von selbst zugeben würde, dass sie über die Wölfe Bescheid wusste, ohne dass ich sie drängen musste. Aber da fuhren die Busse vor und ich wollte nicht noch länger warten. Ich senkte die Stimme und flüsterte ihr ins Ohr: »Ich hab deine Fotos gesehen. Von Jack.«
    Mit einem Ruck wandte sie sich zu mir um. »Du hast sie?«
    Ich versuchte mäßig erfolgreich, meine Worte nicht zu vorwurfsvoll klingen zu lassen. »Isabel hat sie mir gezeigt.«
    Olivia wurde blass.
    »Warum hast du mir nichts davon erzählt?«, wollte ich wissen. »Und warum hast du mich nicht angerufen?«
    Sie biss sich auf die Lippe und warf einen Blick über den Parkplatz. »Ich wollte ja, zuerst. Ich wollte dir sagen, dass du recht hattest. Aber dann hab ich

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