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Nach Dem Sommer

Nach Dem Sommer

Titel: Nach Dem Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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Schwall kalter Luft schnitt mir in die Wangen; ich drehte die Heizung so hoch wie möglich und wappnete mich für den Weg ins Haus. Ich drückte die Hände gegen die Lüftungsschlitze, spürte, wie die Hitze meine Haut ver-sengte, und kniff die Augen zu, versuchte mich krampfhaft abzulenken. Vorhin hatte das doch auch geklappt. Ich dachte daran, wie ich Grace im Süßigkeitenladen an mich gezogen hatte, wie warm sich ihr Körper an meinem angefühlt hatte, wie sie die Gerüche in sich aufgenommen hatte - und mich roch, das wusste ich. Ich zitterte. Ich hatte keine Ahnung, ob ich es schaffen würde, noch so eine Nacht mit ihr zu verbringen, in der ich mich zurückhalten musste.
    »Sam!«, rief Grace draußen. Ich schlug die Augen wieder auf und konzentrierte mich auf ihren Kopf, der aus dem Türspalt lugte. Sie versuchte, den Eingang so warm wie möglich für mich zu halten. Clever.
    Es war so weit. Ich sprang aus dem Bronco und schloss ab, dann rannte ich die glatte Auffahrt hinauf, fand auf dem Eis keinen richtigen Halt. Meine Haut prickelte und zog sich vor Kälte zusammen.
    Grace knallte die Tür hinter mir zu, sperrte die Kälte aus und legte die Arme um mich, schenkte mir ihre Körperwärme. Atemlos flüsterte sie mir ins Ohr: »Ist dir warm genug?«
    Meine Augen, die sich gerade an das Dunkel des Flurs gewöhnten, fingen den Glanz in ihren auf, den Umriss ihres Kopfes, die geschwungene Linie ihrer Arme um meinen Hals. Im Spiegel an der Wand sah ich die ebenso schwach beleuchtete Silhouette ihres Körpers vor meinem. Ich verharrte lange in ihrer Umarmung, bevor ich antwortete. »Mir geht's gut.«
    »Möchtest du noch was essen?« Ihre Stimme klang laut in dem leeren Haus, hallte vom Holzboden wider. Das einzig andere Geräusch war die Luft in den Heizungsschächten, wie ein stetiger, tiefer Atemzug. Mir war überdeutlich bewusst, dass wir allein waren.
    Ich schluckte. »Ich will ins Bett.«
    Sie klang erleichtert. »Ich auch.«
    Beinahe bedauerte ich, dass sie mir zustimmte. Denn wenn ich aufgeblieben wäre und ein Sandwich gegessen, ferngesehen oder sonst irgendwas gemacht hätte, dann hätte mich das davon abgelenkt, wie sehr ich sie wollte.
    Aber sie hatte mir zugestimmt. Sie schleuderte die Schuhe in die Ecke hinter der Tür und ging auf Socken vor mir den Flur hinunter. Wir schlüpften in ihr dunkles Zimmer. Nur das Mondlicht leuchtete auf der dünnen Schicht Schnee vor ihrem Fenster. Die Tür schloss sich mit einem leisen Seufzer und einem Klicken und sie lehnte sich rückwärts dagegen, die Hände immer noch auf dem Türknauf.
    Es verging eine Weile, bis sie etwas sagte. »Warum gehst du so vorsichtig mit mir um, Sam Roth?«
    Ich versuchte, ihr die Wahrheit zu sagen. »Ich - es ist - ich bin kein Tier.«
    »Ich habe keine Angst vor dir«, entgegnete sie.
    Sie sah auch nicht so aus, als hätte sie Angst vor mir. Sie war wunderschön, so mondbeschienen, verführerisch, und roch nach Minze und Seife und warmer Haut. Elf Jahre hatte ich damit verbracht, dem Rest der Rudelmitglieder dabei zuzusehen, wie sie zu Tieren wurden, hatte meine Instinkte verdrängt, mich zusammengerissen, darum gekämpft, menschlich zu bleiben, darum gekämpft, das Richtige zu tun.
    Als könnte sie meine Gedanken lesen, sagte sie: »Willst du wirklich behaupten, dass es nur der Wolf in dir ist, der mich küssen will?«
    Alles in mir schrie danach, sie so lange zu küssen, bis ich mich auflöste. Ich stützte mich zu beiden Seiten ihres Kopfes an der Tür ab, die unter meinem Gewicht knarzte, und drückte meine Lippen auf ihre. Sie erwiderte meinen Kuss, ihr Mund war warm und ihre Zunge schnellte gegen meine Zähne; die Hände noch immer hinter dem Körper, stand sie noch immer gegen die Tür gelehnt. Alles in mir summte wie elektrisch geladen, voller Sehnsucht, die wenigen Zentimeter zwischen uns auch noch verschwinden zu lassen.
    Sie küsste mich fester, ich spürte ihren drängenden Atem an meinem Mund, und biss mich in die Unterlippe. Der pure Wahnsinn. Ich konnte mich nicht zurückhalten und mir entfuhr ein Knurren, doch ehe es mir peinlich werden konnte, hatte Grace schon ihre Hände hinter dem Rücken hervorgenommen, verschränkte sie in meinem Nacken und zog mich näher an sich.
    »Wow, war das sexy«, sagte sie mit unsicherer Stimme. »Ich hätte nicht gedacht, dass sich das noch steigern könnte.«
    Ich küsste sie, bevor sie weiterreden konnte, und ging Schritt für Schritt rückwärts, ohne sie loszulassen, ein Gewirr von

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