Nach dem Sturm: Roman (German Edition)
darüber hinaus einen gefährlichen Grauton in den Wolken, die von Süden her kamen. Heute würde er nirgendwo hingehen. Es regnete zwei Tage lang ununterbrochen, dann wurde der Wind noch stärker und peitschte den eisigen Regen zuerst diagonal, dann horizontal über das Land, wie ein endloses Trommelfeuer aus Graupel und Hagelkörnern. Cohen überlegte, wie er die Situation am besten überstehen konnte, aber ihm standen nur das kleine Tankstellenbüro und die Garage zur Verfügung. Also ließ er Habana in der Garage stehen und suchte selbst Schutz unter dem Tankstellentresen, das violette Chorhemd übergezogen, darüber den Sattel zum Schutz über dem Rücken und den Hund zu Füßen. Er behielt die Taschenlampe bei sich und etwas Wasser. Während er da einige Meilen weit vom Ufer entfernt ausharrte, stieg der Pegel des Meeres an, das Wasser überschwemmte die Strände und schwappte über die Ränder der Highways und die Ruinen an der Küste.
Das Schlimmste sollte erst noch kommen. Der Himmel wurde schwarz, es war fast so dunkel wie in der Nacht, und er verlor jedes Zeitgefühl. Ein beständiges Dröhnen erfüllte die Luft, es klang, als wäre er im Innern einer Maschine gefangen. Er richtete den Strahl seiner Lampe auf den Hund, der mit weit aufgerissenen Augen dalag und zitterte. Der Regen stürzte herab, und der Wind wurde noch stärker, als der Sturm weiter zunahm. In der folgenden Stunde wurde der ohnehin schon stürmische Wind zu einer brutalen Macht, und er hörte, wie das Stahlgerüst des Tankstellengebäudes ächzte und draußen Bäume entwurzelt wurden. Wasser tropfte auf den Tresen, und Metallstücke vom Dach wurden abgerissen. Ein oder zwei Mal hörte er ein lang anhaltendes metallisches Stöhnen und setzte sich auf. Der Hund tat es ihm gleich. Habana bäumte sich auf und gab einen Klageton von sich. Kurz darauf war das metallische Stöhnen erneut zu hören, und über ihm knackte und knirschte es. Dann hörte er, wie Glas zerbarst und der Regen und der Wind in die Tankstelle eindrangen. Auf der anderen Seite der Wand bäumte Habana sich auf und wieherte, schnaubte, schlug aus und trat gegen die Wand. Er rief nach ihr, aber es nützte nichts. Der Hund stand mit gespitzten Ohren da. Dann war das metallische Stöhnen wieder zu hören, und ihm wurde klar, dass die Garage nicht mehr lange hielt.
Der Wind brach über sie herein, der Regen brach über sie herein, und unter der Tür drang das Wasser ein und breitete sich auf dem Betonboden aus. Er konnte nichts weiter tun, als liegen zu bleiben und abzuwarten, bis die Garage schließlich nachgab und das letzte Stück vom Dach vom Sturm weggeschleudert wurde, die Türen nachgaben und wegfegten, wie abplatzende Knöpfe und die Aluminiumwände zerfetzten, und das war das Letzte, was er von Habana hörte. Das Metallgerüst der Garage gab der Gewalt des Sturms nach und stöhnte ein letztes Mal auf, als könnte es den Schmerz spüren.
Der Hund sprang auf seinen Schoß, und er umklammerte ihn und auch einige von den Sachen, die wegzufliegen drohten, während der Regen herniederpeitschte. Cohen kauerte sich zusammen, machte sich so klein, wie er konnte, und hielt sich den Sattel zum Schutz über den Kopf, während der Wind versuchte, sie wegzutragen. Er klammerte sich an den Hund, und er rief nach Elisa und rief nach Gott, aber es gab keine andere Möglichkeit, als es einfach auszuhalten.
Cohen blieb dort hocken, hielt den Sattel fest und versuchte, sich vor den herumfliegenden Schrottteilen zu schützen. Der Hurrikan beherrschte die gesamte Küste und tobte unbarmherzig durch die Nacht. Am Morgen fiel der Regen wieder senkrecht, und überall war Verwüstung. Er hatte bereits seit Stunden in zentimeterhohem Wasser gesessen und fror schon gar nicht mehr. Seine Lippen waren violett, sein Körper verkrampft vom Zittern, sein Atem ging keuchend. Um ihn herum schien alles verzerrt zu sein. Er stand auf, und das Wasser reichte bis über seine Fußknöchel. Er schaute nach oben, wo einmal ein Dach gewesen war, und der Regen prasselte in sein Gesicht. Er trat aus der Tankstelle und ging über den Parkplatz davor. Seine Hände und Finger waren verrunzelt und mit Wasser vollgesogen. Sein ganzer Körper war nass, und er zitterte erbärmlich.
Er kniete sich hin, legte die Hände zusammen und trank vom Regenwasser. Der Hund stand neben ihm und winselte. Cohen erhob sich wieder und schaute rechts und links die Straße entlang. Er rief nach Habana, aber seine Stimme wurde vom
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