Nach dem Sturm: Roman (German Edition)
Mitteilungen von Banken, dass seine Konten eingefroren wurden. Briefe von Versicherungen erklärten ihm, dass sie nach den neuesten Gesetzen nicht mehr zuständig waren. Der Brief einer Bank in Gulfport bestätigte den Eingang einer Zahlung auf ein Konto zugunsten des Kindes. Sie schaute sich die Daten auf den Briefen an und stellte fest, dass sich dies alles vor drei bis fünf Jahren ereignet hatte.
Sie schaute sich jedes Dokument, das sie aus dem Umschlag zog, eingehend an. Sie las sie immer wieder und versuchte sich vorzustellen, was für ein Leben die dort erwähnten Personen geführt hatten, und alles wurde immer lebendiger, als die Erinnerungen und Träume, die in dieser Schuhschachtel aufbewahrt waren, sich vermischten. Diese Menschen waren real gewesen, es waren keine romantischen Luftschlösser, die irgendwo herumschwebten und im Nirgendwo verschwanden. Draußen fiel der Regen, und der Wind wehte, aber hier drin war sie in einer anderen Welt und verlor sich in Cohens Erinnerungsstücken.
13
An alle, die es angeht – er ist nicht tot, er ist auferstanden.
Er las es einmal, zweimal, dreimal. Er setzte sich auf seiner Matratze auf, nackt, nur mit einer Decke über den Beinen. Das weiße Stück Papier war sauber gewesen, als es beschrieben wurde, aber nun vom Dreck beschmutzt, der an seinen Händen klebte. Er hatte die Botschaft während der Nacht über hundert Mal gelesen, während der Regen aufs Dach prasselte und der Wind am Trailer zerrte. Als der Sturm nicht enden wollte und der Wind immer heftiger wurde, trank er mehr und biss die Zähne noch stärker zusammen. Und die ganze Zeit über hielt er den Zettel in den Lichtschein der Lampe und las ihn wieder und wieder. Als das Schlimmste vorüber war, las er die Nachricht nicht mehr, sondern sprach sie auswendig vor sich hin, laut deklamierend. Dabei ging er in dem kleinen Raum auf und ab, als wollte er sich mit den unruhigen Kräften der Natur zusammentun. Er ist nicht tot, er ist auferstanden! Er ist nicht tot, er ist auferstanden! Er setzte die Flasche an, wiederholte die Worte noch lauter, zog sich seine Kleider aus und taumelte betrunken gegen die Wände, während der Wohnwagen vom Wind hin und her geworfen wurde. Der Sturm heulte die ganze Nacht, es dauerte lange, bis der Wind endlich nachließ. Schließlich war die Flasche leer, und er fiel mit dem Gesicht nach unten auf das Bett, mit dem zusammengeknüllten Zettel in der Faust.
Nun setzte Joe sich wieder auf und überlegte, ob er den Zettel nicht in tausend Fetzen zerreißen sollte. Stattdessen behielt er ihn in der Hand, während er sich aufrichtete, die Kleider anzog und sich nach einer Flasche mit Wasser umschaute. Er trank etwas, wischte sich mit dem Hemdsärmel über den Mund und ging nach draußen.
Aggie stand unter einer Plane, trank Kaffee und rauchte eine Zigarette. Vor ihm stand ein kleiner Gaskocher mit einer Kaffeekanne. Aggie schenkte Joe eine Tasse ein, als der auf ihn zukam. Joe nahm sie entgegen und hielt sein Gesicht mit den geröteten Augen in den Regen. Er hustete, spuckte aus und wischte sich die Tropfen von der Stirn.
»Ich würde mich gern mal ein bisschen in der Gegend umsehen«, sagte er.
Aggie streckte sich, zog die Bibel aus seiner Gesäßtasche und blätterte darin. Der Umschlag war abgegriffen und weich wie Schafsleder.
»Warte lieber ab, bis es etwas ruhiger geworden ist«, sagte er.
»Kann ich nicht. Ich kann nicht warten.«
Aggie nahm einen Schluck von seinem Kaffee. »Alles in Ordnung mit dir?«
»Mit mir ist alles okay. Ich hatte eine unruhige Nacht, weißt du.«
»Kein Wunder.«
»Du hast bestimmt durchgeschlafen.«
Aggie zuckte mit den Schultern.
»Ich geh dann mal los. Bin bald zurück. Du solltest sie auch mal rauslassen.« Joe deutete mit seiner Tasse auf die abgeschlossenen Trailertüren.
Aggie nickte. »Geh ruhig. Schau dich mal um, ob sich irgendwo Nachzügler herumtreiben. Wer weiß, wer sich hier unten jetzt alles herumtreibt. Am besten du nimmst den Jeep.«
»In Ordnung.« Joe trank seinen Kaffee und wartete auf weitere Instruktionen, aber es kamen keine. Aggie steckte die Bibel wieder in seine Hosentasche und nahm den Schlüsselring vom Gürtel ab. Er zog den Schlüssel des Jeeps ab und reichte ihn Joe. Während Joe den Schlüssel entgegennahm, fing eine der Frauen an, gegen ihre Trailertür zu schlagen und laut zu rufen.
»Letzte Nacht war es ziemlich heftig«, sagte Joe. »Lass sie mal frische Luft schnappen.«
»Ich kümmere mich schon
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