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Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Nach dem Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Farris Smith
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nervös zu werden.«
    »Es gab einen Todesfall«, sagte Cohen. »Vielleicht ist es das.«
    »Ein Leben wurde für ein Leben gegeben, und darüber muss man keine Tränen vergießen. Es sollte sowieso nicht geweint werden, jetzt, am Beginn der Sache. Aber ich sehe überall Verzweiflung. Und verzweifelte Menschen brauchen eine Botschaft. Sie müssen daran erinnert werden, um was es geht. Wenn eine von denen auch nur eine falsche Bewegung macht, dann werde ich sie auf eine Weise daran erinnern, die sie nie vergessen werden.«
    Cohen antwortete nicht. Er zog eine zerbrochene Zigarette und das Feuerzeug aus der Tasche.
    »Und du solltest dir auch keine falschen Ideen in den Kopf setzen, sonst liegst du bald da, wo der Hund liegt«, sagte Aggie. Er trat einen Schritt näher an Cohen heran. »Denk mal darüber nach, wie du dich hier beteiligen könntest. Über das, was dir praktisch vor die Füße gefallen ist. Und wenn du dich ein bisschen genauer umschaust, dann wirst du vielleicht merken, dass du etwas ganz anderes vor dir hast als das, was du jetzt siehst.«
    Cohen schnippte den zerbrochenen Teil der Zigarette weg, beugte sich vor, um den Stummel vor dem Regen zu schützen, und zündete ihn an. Er schaute an Aggie vorbei und bemerkte zwei Schaufeln auf der Ladefläche des Pick-ups.
    »Wofür ist das da alles?«, fragte er.
    »Wir werden graben. Du und ich und der Junge. Aber wir warten, bis es dunkel ist.«
    Cohen zog an seiner Zigarette und sagte dann: »Bevor wir losgehen, will ich dir noch was sagen, was du wissen solltest.«
    »Ja? Was?«
    »Falls du glaubst, dass ich mir mein eigenes Grab schaufle, dann kannst du mir auch jetzt gleich eine Kugel in den Kopf schießen.«
    Aggie schüttelte den Kopf und lachte. »Jesses, Junge. Wir heben doch keine Gräber aus. Wir wollen Geld ausgraben.«
    Cohen schüttelte den Kopf. »Du also auch.«
    »Kofferweise. Keiner weiß, wie viel es ist.«
    Cohen hatte die kurze Zigarette schnell aufgeraucht und warf die Kippe weg. Er hatte allmählich genug von diesem Gerede vom vergrabenen Geld. Von den Männern, die wie besessen an einer bestimmten Stelle gruben. Von den Schüssen, die abgefeuert wurden, woraufhin einer zu Boden ging und die anderen das Weite suchten.
    Aggie trat einen Schritt von Cohen zurück. Er bückte sich und zerrte an der Anhängerkupplung, um zu prüfen, ob sie auch wirklich eingerastet war. Dann richtete er sich auf und sagte: »Wenn du alles zusammenzählst, wirst du merken, dass du am Ende als ein Mann dastehst, der alles hat, was er braucht.«
    »Du bis genauso verrückt wie alle anderen, die glauben, dass hier an der Küste irgendwo Geld vergraben ist.«
    »Das kann nur jemand sagen, der nicht weiß, wo er graben muss.«
    »Es ist nirgendwo was zu finden. Weil nichts da ist. Wer es trotzdem versucht, hat nicht mehr alle Tassen im Schrank.«
    »Glaubst du, hm?«
    »Ja. Du bist genauso verrückt wie alle anderen hier«, sagte Cohen. Er drehte sich um und machte eine ausladende Handbewegung.
    Aggie stemmte die Hände in die Hüften und runzelte die Stirn.
    »Verrückt?«, fragte er.
    Cohen nickte. »Total bescheuert.«
    Aggie nickte vor sich hin. Dann ging er ein paar Schritte von Cohen weg und trat dann wieder vor ihn. »Verrückter, als hier unten in einem Haus mit lauter Toten zu leben?«, fragte er, nachdem er sich das offenbar gut überlegt hatte.
    Cohens Selbstsicherheit verschwand. Er starrte sein Gegenüber an und wusste nicht, was er darauf erwidern sollte.
    »Ich kenne dich«, fuhr Aggie bedächtig fort. »Ich kenne dich. Ich hab alles gesehen. Hab alles gelesen, was in diesem Umschlag steckte. Ich hab gesehen, wo du warst. Was du gemacht hast. Hab mir ihren Ring an den Finger gesteckt. Hab die kleinen Liebesbriefe gelesen, die in dem Karton lagen, den du unter dein Bett geschoben hast. Hab die Babysachen gesehen und die Kleider, die da noch im Schrank hängen. Erzähl mir nichts von verrückt sein. Du bist genauso wie all die anderen Spinner hier unten, mich eingeschlossen. Verrückt kann man auf viele Arten sein. Und du bist so verrückt wie jeder andere.«
    Er hielt inne. Wartete auf eine Antwort von Cohen. Als die nicht kam, ging er an ihm vorbei über das Feld auf die Wohnwagen zu. Cohen hörte, wie er den Frauen etwas zurief, und ging hinterher. Er wollte hören, was Aggie zu sagen hatte.
    Als Aggie in der Mitte der Wagenburg angekommen war, befahl er ihnen, einen Kreis zu bilden. Cohen blieb ein Stück weit entfernt gegen einen Trailer gelehnt

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