Nach der Hölle links (German Edition)
Tennisplatz gestanden und blind einen Ball nach dem anderen über das Netz geprügelt; nie wissend, ob er ins Feld, ins Aus oder auf die Linie spielte. Köninger war nicht mehr als ein Trainer, der für seinen Rat bezahlt wurde. Heute war zum ersten Mal ein Ball zurückgekommen; von jemandem, der mit ihm spielen wollte, obwohl er kein Profi war und nie einer sein würde.
Saschas Rückmeldung gab Andreas endlich die Möglichkeit, zufrieden mit sich zu sein. Es fühlte sich unglaublich gut an, von außen aufgezeigt zu bekommen, was er erreicht hatte und sich dessen bewusst zu sein, während er den nächsten Triumph in Form des abendlichen Spaziergangs genoss.
Er hatte etwas erreicht. Nicht alles, was er von sich erwartet hatte, aber genug, um jemanden stolz zu machen. Genug, damit Sascha ihn am Hals berührte.
Andreas’ Gesichtszüge waren weich, als er den Kopf in den Nacken legte, die Augen geschlossen. Er wollte nicht sehen, wollte nur allein draußen sein und keine Angst dabei haben.
Unvermittelt musste er an Triton denken. Es wäre schön, den Rüden in dieser Situation vor seinen Füßen zu wissen. Vielleicht war er soweit, wenn er sich draußen regelmäßig so sicher fühlte, wie es in diesen Minuten der Fall war. Dann konnte er seinen vierbeinigen Freund vielleicht bald zu sich holen.
Andreas runzelte die Stirn. Blieb einzig das Problem der Versorgung des Hundes, wenn ihm etwas zustieß. Er brauchte nur ein oder zwei schlechte Tage haben, und schon saß Triton auf dem Trockenen – oder viel mehr auf dem Feuchten.
Was, wenn er auf der Treppe stolperte, sich den Fuß brach und ins Krankenhaus musste? Wer sollte sich dann um Triton kümmern? Mandy und die Kollegen im Tierheim würden weder ihn noch den Hund im Stich lassen. Nur kam keiner von ihnen besonders gut mit Triton zurecht.
Nein, es war noch nicht soweit, entschied Andreas. Eines Tages, eines Tages würde er Triton zu sich nehmen, aber nicht jetzt. Was sich dafür an seinem Leben ändern musste, wusste er selbst nicht genau. Er wollte es im Augenblick gar nicht wissen, wenn er ehrlich war.
Andreas streckte die Beine lang aus und grub die Fersen in den Untergrund. Er ahnte, dass ihm eine lange Nacht bevorstand. Wie gut, dass er nicht an feste Zeiten zum Ausruhen gebunden war. Wichtig war nur, dass er über den Tag vier oder fünf Stunden die Augen zu machte; am besten am Stück. Abgesehen davon, dass er nach der Panikattacke eine Weile geschlafen hatte, war er aufgekratzt genug, um den Rest der Nacht wach zu bleiben. Er würde sich auf die Terrasse setzen, die Außenbeleuchtung anschalten und lesen, bis die Sonne gegen vier Uhr aufging. Dann konnte er immer noch ins Bett gehen.
Andreas überlegte gerade, ob sein Vorrat an Schokolade aufgebraucht war oder ob er sich die Nacht versüßen konnte, als das Vibrieren des Handys ihn aus seinen Überlegungen riss. Er schrak zusammen, empfand den Klingelton als unangenehm laut angesichts der Ruhe im Dunstkreis des Mahnmals.
Nachdem er das Telefon aus der Hose gezogen und aufs Display geschaut hatte, legte sein Herzklopfen ungewollt zu. Sascha. Auf einmal sehr aufgeregt nahm Andreas den Anruf entgegen: »Hey.«
»Hey, ich bin’s«, antwortete es ihm. »Störe ich? Habe ich dich geweckt?«
Andreas schüttelte den Kopf und erinnerte sich gleich darauf daran, dass Sascha ihn nicht sehen konnte. Er telefonierte viel zu selten. »Nein, keine Sorge. Ich bin gar nicht zu Hause, geschweige denn in der Waagerechten.«
Sascha war die Überraschung anzuhören: »Oh. Okay. Ich wusste nicht, ob ich so spät noch anrufen kann. Aber wenn du unterwegs bist, habe ich dich wenigstens nicht aus dem Bett geschmissen.«
»Ne, weit davon entfernt. Ich habe vorhin gepennt. Heute Abend werde ich sicher noch länger wach sein.« Dass er innerlich an dem Punkt angelangt war, an dem er sich jederzeit gern von Sascha stören ließ, sagte Andreas lieber nicht. Es war ihm unangenehm genug.
Ein kurzes Zögern, dann fragte Sascha: »Und? Wo treibst du dich so herum?«
»Du wirst lachen, ich bin in der Kirche«, grinste Andreas.
»Du bist … wo?«, gab der Freund ebenso verwirrt zurück, wie er erwartet hatte. »Was zum Teufel machst du nachts um halb elf in der Kirche?«
Leise lachend erklärte Andreas: »Ich bin spazieren gegangen und sitze gerade vor der Nikolaikirche herum. Ist nett hier.«
»Nett? Na, wenn du meinst. Aber wenn du anfängst, auf Friedhöfen herumzuhängen, sagst du mir vorher Bescheid, ja?«, witzelte
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