Nach der Hölle links (German Edition)
Er würde stottern, stammeln und sich am Ende im Badezimmer verbarrikadieren.
Schließlich nickte der Therapeut langsam und erklärte behutsam: »Sagen wir, ich habe einen gewissen Eindruck gewonnen. Er muss nicht richtig sein. Aber vielleicht möchtest du darüber nachdenken. Du bist wütend. Das haben wir inzwischen gemeinsam herausgefunden. Könnte es vielleicht sein, dass du gar nicht wütend bist, weil ihr miteinander intim geworden seid?«
»Warum denn sonst? Und hey, habe ich das nicht gesagt?« Einmal mehr war Andreas zutiefst verwundert. Gleichzeitig zwickte es in seinem Magen, als wäre eine hauchdünne Saite in ihm angeschlagen worden.
»Nehmen wir mal an, dass dir gefallen hat, was zwischen euch geschehen ist. Du hast dich für den Augenblick zu ihm hingezogen gefühlt und dem nachgegeben. Dann gäbe es keinen Grund, zornig zu sein. Es wäre eine Episode gewesen, die zwei junge Männer miteinander klären können, ohne ihre Freundschaft anzuzweifeln. Es sei denn, du hast dir unterbewusst gewünscht, dass Sascha am Morgen danach bei dir bleibt. Vielleicht bist du sauer und verstört, gerade weil er gegangen ist, und nicht, weil er dir nah gekommen ist.«
»Das ist doch absoluter Schwachsinn! Ich will nicht mit ihm zusammen sein«, explodierte Andreas wie ein getretener Hund. »Wie kommen Sie auf so einen Scheiß?«
Köninger neigte entspannt den Kopf und lächelte ihm zu. »Dann ist es ja gut. Wie gesagt, es war eine Vermutung, keine in Stein gemeißelte Wahrheit. Nur du kannst wissen, ob ein wahrer Kern darin steckt.«
Kapitel 31
Sascha kroch auf dem Zahnfleisch ins Haus. Im Flur roch es nach Tomatensoße. Der Nachmittag in der Bibliothek hatte ihn geistig gefordert – psychologische Fachbücher waren die Pest –, und der Abend im Schwimmbad hatte ihm die Energie aus dem Körper gesaugt. Jeder Muskel in seinem Körper dankte ihm die Kilometer, die er zurückgelegt hatte; nicht gegen die Uhr, sondern in dem Bemühen, seinen persönlichen Langstreckenrekord zu brechen. Als er aus dem Becken gestiegen war, hatten ihm Arme und Beine gezittert. Jetzt hingen sie schlaff an seinen Seiten herab und verlangten nach Nahrung, Ruhe und Schlaf. Die Reihenfolge war zweitrangig.
Er hoffte, dass ihm die Erschöpfung beim Schlafen helfen würde. In der vergangenen Nacht hatte er sich unruhig auf der Matratze gewälzt. Mal sinnliche, mal verstörende Träume hatten ihn regelmäßig hochfahren lassen. Schuld, Hoffnung, Verlegenheit, Sehnsucht, Irritation und tausend Fragen, die ohne Antwort blieben. Es war ihm unmöglich, ohne dümmliches Grinsen an die Nacht der Party zurückzudenken. Er bezweifelte, dass es gut war, alle fünf Minuten ein Zucken in seinem Glied zu spüren, weil er sich zu lebhaft erinnerte.
Schlapp schlich Sascha nach oben. Die Treppe, die er normalerweise mit wenigen raschen Sprüngen überwand, schien endlos lang. In seinem Zimmer angekommen, schaffte er es gerade noch, den Laptop vom Schreibtisch zu fischen, bevor er sich rückwärts aufs Bett fallen ließ.
Hatte sich je ein Dichter die Mühe gemacht, die Schönheit des eigenen Bettes zu preisen? Nein? Vielleicht sollte er unter die Poeten gehen und dieses Manko beheben.
Nur die E-Mails checken, dachte Sascha gähnend. Anschließend Essen suchen. Nudeln wären genau richtig. Hoffentlich hatte Fabian ihm etwas übrig gelassen.
Sein Cousin mästete sich derzeit mit allem Essbaren, dessen er habhaft werden konnte. Dick wurde er dabei nicht, aber er schoss so rasch in die Höhe, dass man ihm dabei zusehen konnte. Tanja konnte gar nicht so schnell einkaufen, wie Sascha und Fabian den Kühlschrank plünderten. Sie bezeichnete sie als schlechte Futterverwerter und scherzte regelmäßig, ob sie vielleicht doch nicht nur Cousins, sondern Brüder waren.
Während Sascha den Laptop öffnete, machte er sich eine innerliche Notiz, Tanja demnächst beim Einkaufen unter die Arme zu greifen. Sein E-Mail-Account enthielt neben der üblichen Werbung, Einladungen zu Partys, Spam und Warnungen vor angeblichen Virenangriffen zwei Nachrichten, die es wert waren, gelesen zu werden.
Die Erste stammte von Brain, der sich noch in den Nachwehen der Party befand, und erzählte, dass sie bis zehn Uhr morgens durchgefeiert hatten. Nachdem die letzten Gäste in den Ecken der Wohnung ihren Rausch ausgeschlafen hatten, schlugen sie am frühen Nachmittag dem Kater ein Schnippchen und machten weiter. Wörtlich schrieb er: »Jetzt bin ich so fertig, dass ich nicht mal mehr
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