Nach der Hölle links (German Edition)
Flasche.
»Kein Bier«, wehrte Sascha schnell ab. »Bier und Schokoladen-Tasting verträgt sich nicht. Solange bleibe ich bei Wasser. Und ich meine die Party.«
»Aha, traust deinen Geschmacksknospen also doch nicht ganz, hm?«, zog Andreas ihn gutmütig auf. Unsicher fügte er hinzu: »Ich habe nicht abgesagt. Ich meine, er hat mich überrumpelt. Ich denke mal, er hat mich so verstanden, dass ich komme.«
»Cool.« Die innere Anspannung fraß an Sascha. Was für ein Abend stand ihnen bevor, wenn sie sich nicht in der Gegenwart des anderen entspannen konnten?
»Wirst du auch da sein?«
»Wenn mir nichts dazwischen kommt, bestimmt«, nickte Sascha steif. »Brains Partys sollte man sich nie entgehen lassen. Er hatte mir schon geschrieben, dass er das nächste große Ding plant.« Er fragte sich, ob Brain bewusst war, wie wichtig es gewesen war, Andreas direkt einzuladen und nicht als Anhängsel zu behandeln.
»Das nächste Mal sollte er mir eine Mail schicken, um den Anruf anzukündigen«, scherzte Andreas halbherzig. »Dann kann ich mich darauf vorbereiten und mache mich nicht zum Affen.«
Sascha winkte ab. »Brain ist hart im Nehmen. Und wenn du ihn erst ein paar Mal in seinen philosophischen fünf Minuten erlebt hast, wird es nicht mehr viel geben, was dir vor ihm peinlich sein könnte.«
Vor seinem inneren Auge sah Sascha Brain vor sich, der hochaufgerichtet auf dem Sofa stand, eine Flasche Absinth schwenkte und im zerschlissenen Jogginganzug dem Verfall der menschlichen Kultur den Krieg erklärte. Viel denkwürdiger konnte man sich nicht aufführen.
Andreas machte ein Gesicht, als hätte er Zweifel an dieser Theorie, ließ es jedoch gut sein. Er setzte gerade zum Sprechen an, als das Telefon klingelte. Es schien, als würde ihnen eine Gnadenfrist gewährt.
Andreas zuckte zusammen und murmelte »Was ist denn heute los?«, bevor er das Gespräch entgegen nahm.
Der Anruf gab Sascha Zeit, sich eine geistige Ohrfeige zu verpassen und sich einzubläuen, dass es keinen Grund gab, nervös zu sein. Himmel, er war bei Andreas, sie hatten Bier, Filme und Schokolade. Sie kannten sich in- und auswendig, hatten eine Basis, eine Vergangenheit; schlicht zu viel, um von einer betrunkenen Fummelei aus dem Konzept gebracht zu werden.
Bevor mehr aus ihnen wurde, waren sie Freunde gewesen. Wie lange hatten sie damals miteinander herumgemacht, bevor sie Gefühle füreinander entwickelten? Es hatte ihre Bekanntschaft nie belastet. Was sollte sich daran geändert haben?
Dass du dieses Mal weißt, was du willst, und nicht kopfüber in die Sache hineinschlitterst, flüsterte es in Saschas Brustgegend. Das hat sich geändert.
Verstohlen musterte er Andreas, der sich ausgiebig am Rücken kratzte, während er dem Anrufer zuhörte. Ab und an stellte er eine knappe Frage und sagte schließlich gepresst: »Schade. Es schien eine gute Gelegenheit zu sein.«
Sascha glaubte eine Frauenstimme zu erkennen, die aufgebracht in den Hörer rief. Andreas verdrehte die Augen und öffnete den Mund, kam aber nicht zum Erwidern. Erst, als er sich mit einem lauten »Hey!« Aufmerksamkeit verschaffte, gelang es ihm, etwas zu entgegnen: »Ich kann es nicht ändern, okay? Du hast recht, ich fände es schön. Aber ich habe keine Wahl. Ich traue mir nicht. Und ich tue ihm keinen Gefallen … wie bitte?«
Er lauschte. »Ich weiß, verdammt noch mal. Aber damit, an einem Bienenstich im Rachen zu verrecken, weil ich ihm nicht gerecht werde, auch nicht. Komm schon, Mandy. Ich habe Besuch. Lass uns ein anderes Mal darüber reden. Oder am besten gar nicht.«
Ein Aufschrei drang aus dem Hörer, gefolgt von einem Redeschwall, der an Lautstärke zunahm, bevor er von Andreas abgewürgt wurde: »Bis dann. Wir sehen uns morgen. Ciao.«
Saschas Neugier leistete Überstunden. Ein eigentümlicher Zug lag um Andreas’ Mund, als er das Telefon grob von sich warf. Es landete in den Sofakissen zu seinen Füßen. Als wäre er sich seines Gasts nicht bewusst, griff er sich an die Stirn und fluchte leise.
In Saschas Brust klirrte es. Vor seinen Augen zog Andreas die Beine an und legte das Kinn auf die Knie. Dass der Anruf schlechte Nachrichten gebracht hatte, war nicht zu übersehen. Sascha wartete, bis Andreas einige Mal tief Luft geholt hatte, bevor er murmelte: »Alles okay?«
Was für eine dumme Frage. Natürlich war nicht alles in Ordnung.
Andreas zuckte schroff die Achseln und schob die Unterlippe vor. »Das war Mandy. Meine Kollegin. Es hat nicht
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