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Nach der Hölle links (German Edition)

Nach der Hölle links (German Edition)

Titel: Nach der Hölle links (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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dass er Andreas’ Mail ein Dutzend Mal las, bis ihm zwischen Schokolade und Kassiererin die Augen zufielen.
    * * *
    Sascha war nervös bis in die Haarspitzen. Eine Vielzahl Getier tummelte sich in seinem Bauch. Er hatte einkalkuliert, dass es Andreas nicht besser gehen würde. Wenn er schon aufgeregt war, wie musste es dann erst dem Freund gehen, der sich mit ihrer wiederbelebten Bekanntschaft schwer tat?
    Womit Sascha hingegen nicht gerechnet hatte, war, dass ihm ein schreckensbleiches Nervenbündel die Tür öffnete, in dessen runden Augen die deprimierende Erkenntnis heilloser Überforderung stand. Der Anblick setzte Sascha zu. Sein Besuch sollte Andreas nicht in einen Zustand versetzen, in dem er problemlos ein Engagement in der Geisterbahn ergattert hätte. Sie wollten doch eine gute Zeit haben und sich nicht gegenseitig zu Tode erschrecken.
    Bevor Sascha dazu kam, eine beruhigende Begrüßung zu formulieren, platzte Andreas heraus: »Er hat mich eingeladen. Schon wieder. Hat gerade angerufen. Ich dachte, es ist meine Mutter oder mein Vater, aber nein, er war es. Ich hätte beinahe den Hörer fallen lassen.«
    Falsche Abzweigung, zurück, umdenken.
    Sascha fiel es schwer, die eingeschlagene Gedankenspur zu wechseln. Nicht zuletzt, weil Andreas aufgelöster Zustand ihn in mehr als einer Weise fesselte. Über den Drang hinaus, ihm die Hände auf die Schultern zu legen und ihn zu fragen, wovon er redete, konnte er sich dem optischen Reiz nicht entziehen. Andreas hatte sich nicht herausgeputzt. Gerade, dass er ausgeblichene Jeans und ein aus der Form gegangenes T-Shirt trug, aus dem er Kragen und Ärmel herausgeschnitten hatte, machte ihn unwiderstehlich.
    »Häh?«, fasste Sascha den Stillstand in seinem Kopf in Worte.
    »Brain«, erklärte Andreas, während er Sascha mit einer Hand hektisch in die Wohnung winkte. Er ging voran, hinterließ feuchte Fußspuren im Flur. Über seine Schulter rief er: »Wie viele Partys feiert er eigentlich, wenn er schon wieder die nächste plant?«
    »Eine Menge«, antwortete Sascha einsilbig.
    Er wunderte sich über den enttäuschten Widerhall in seiner Seele. Sollte er wirklich eifersüchtig sein, weil Andreas nicht um seinetwillen blass um die Nase war? Das war lächerlich.
    Das auf seinen Besuch vorbereitete Wohnzimmer entschädigte ihn für die eigentümliche Begrüßung. Die Tür zur Terrasse stand weit offen und ließ aufreizend intensive Abendluft herein. Auf dem Couchtisch lagen aufgefächert Filme, unter denen sie wählen konnten. Ein Eimer mit Eiswürfeln stand bereit und beherbergte Bier, Cola und Wasser. Die versprochene Schokolade wartete in einer separaten Kühlbox auf ihren Einsatz.
    Andreas ließ sich auf seinen Platz fallen und presste den Handballen gegen die Stirn. »Hast du ihm meine Nummer gegeben oder war ich es selbst? Ich kann mich nicht erinnern.«
    »Glaubst du, ich verteile deine Handynummer, ohne dich vorher zu fragen?«, entgegnete Sascha, bevor er sich setzte. Mühsam hielt er sich davon ab, durch das Fenster zur Hängematte zu schauen. Er bezweifelte, dass er ein sehnsüchtiges Seufzen unterdrücken konnte, wenn er die gestreiften Fransen vor Augen hatte.
    Andreas rieb sich über das unrasierte Kinn. »Nee, natürlich nicht. Mann, ich habe gestammelt wie ein Vollidiot, glaube ich.« Er zog eine Grimasse, die preisgab, wie sehr er sich über diese Unzulänglichkeit ärgerte.
    Saschas Zunge war verräterisch steif, als er sich anschickte, die Schuhe auszuziehen. Er hatte Herzklopfen. Während er mit den Schnürsenkeln kämpfte, drängte sich hartnäckig die Frage auf, auf die er seit drei Tagen keine Antwort fand. Sollte er das heikle Thema, das zwischen ihnen stand, ansprechen oder es bleiben lassen? Er wollte keinen Fehler machen.
    Als Sascha den Kopf hob, fand er sich Andreas’ prüfendem Blick ausgesetzt. Ein Blick, der alles und nichts bedeuten konnte. Bildete er es sich ein oder bebten Andreas’ Finger, als er nach einer Bierflasche angelte?
    Sascha hatte seine Entscheidung eigentlich längst gefällt. Er musste Andreas reinen Wein einschenken. Dennoch brachte er nicht den Mut auf. Er wollte ihnen nicht den Abend verderben und Reaktionen provozieren, die ein friedliches Miteinander unmöglich machten. Heimlich baute er darauf, dass das Problem sich von selbst erledigte. Andreas musste die Spuren ihres Treibens doch bemerkt haben.
    Mit trockenem Mund schob Sascha sich auf dem Sofa zurecht. »Und?«
    »Was und?« Andreas reichte ihm die geöffnete

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