Nach der Hölle links (German Edition)
Beziehungskrise steckte. Auf beides konnte er gut verzichten. Betrunken war er selbst, und eine Beziehungskrise … Es war wohl eher eine Libidokrise, aber diese war dafür heimtückisch und verführerischer als der Gesang der Sirenen. Dass Sascha an diesem Abend zu allem Überfluss in seiner alten Röhrenlederhose mit den geschnürten Seiten auftauchen musste, hatte sein Übriges dazu getan.
Abgesehen davon, dass Andreas ernsthaft an Saschas Verstand zweifelte, bei diesem Wetter Leder zu tragen, war er stets nur eine Handbreit davon entfernt, an den Schnürungen zu spielen.
Eine Katze und ein Wollknäuel waren nichts gegen Andreas’ Fixierung auf dieses Relikt ihrer früheren Beziehung.
Wie oft hatte er Sascha die enge Hose von den Beinen gepellt, nachdem er den erregenden Anblick von Hintern und Unterleib unter dem ausgeblichenen Schwarz nicht mehr ertragen konnte? Wie oft hatte Sascha sich zufrieden gerekelt und gemurmelt: »Wurde auch Zeit.«
Das enge, weiße T-Shirt hatte ebenfalls nicht dazu beigetragen, Andreas zu beruhigen. Es betonte die sich ausbildenden Schwimmerschultern und kam ihm so fadenscheinig vor, dass man es nicht einmal ausziehen musste, um die Haut darunter zu spüren.
Ob Sascha das mit Absicht machte? So auszusehen, dass man ihn anbeißen musste, wenn man nicht den Verstand verlieren wollte? Andreas wusste es nicht – und darüber nachzudenken, ließ das Klopfen in seinem Glied eindringlicher werden. Schnell fasste er zu, um die wachsende Erektion in eine bequemere Lage zu drängen.
Seine Knie waren weich, die Beine bleischwer. Die Rinde des Baums kratzte ihm über den Rücken, als er sich setzte. Der Arm fand Platz auf einem niedrigen Stoß Brennholz, der am Fuß des Apfelbäumchens lagerte. Die Musik im Haus hatte von deutschem Schlager zu munterem Glam Rock gewechselt. Gefiel Andreas besser, obwohl es ihm im Grunde egal war, welche Musikreste bei ihm im Garten ankamen.
Vordergründig waren die intensiven Gerüche, der gnädige Windhauch, der Hamburg die Hitze des Tages aus den Straßen kehrte, und das Wohlbefinden in einer fremden Umgebung.
Dass er nicht länger allein war, bemerkte er erst, als ein Beinpaar sich in sein Gesichtsfeld schob. Langsam sah Andreas auf. Sein Blick wanderte an in Trainingshosen steckenden Beinen entlang.
Weiter oben traf er auf einen Oberkörper, der in einem Nichts von einem Tanktop steckte und es jeden Augenblick zu sprengen drohte. Das kantige Gesicht mit den ungewöhnlich runden, grauen Augen und dem verschmitzten Halblächeln kam ihm bekannt vor.
Irgendeiner der Gäste, nahm er an. Solange der Neuankömmling nicht erwartete, dass er sich seinen Namen gemerkt hatte, war alles gut.
»Hey«, sagte Andreas schleppend. »Du steht mir im Licht.«
»Und du bist ziemlich breit, wenn du hier noch Licht siehst.« Ein sanftes Lachen lag in der Stimme des Fremden. Gestelzt fuhr er fort: »Hast du den ehrenwerten Herrn Gastgeber irgendwo gesehen? Ich würde ihm gern meine Aufwartung machen.«
Eine spöttische Verbeugung folgte, die Andreas in die glückliche Situation brachte, einen näheren Blick auf das charismatische Gesicht mit dem vollen Mund zu werfen. Ob es sehr unhöflich wäre, den Neuankömmling zu bitten, sich umzudrehen, damit er seine Kehrseite überprüfen konnte?
Verstohlen fuhr Andreas sich mit der Zungenspitze über die Unterlippe. Dass er eine Antwort schuldig blieb, begriff er erst, als der Fremde sich vor ihn kauerte; die Arme locker zwischen den Beinen baumelnd.
»Alles in Ordnung bei dir?«, fragte er mit einem eigenwilligen Unterton zwischen Neugier und Belustigung. Er neigte den Kopf auf die Seite, ein winziger Nervenimpuls ließ seine Augenbrauen zucken und sich verengen. Andreas war fasziniert, wie stark sich die Mimik eines Menschen durch ein so winziges Detail verändern konnte.
»Ja, klar«, gab er mechanisch zurück. »Alles bestens.«
Blond. Dunkelblond. Sehr kurz geschoren, wie es viele Sportler hielten, um nach dem Duschen nicht ewig mit feuchten Haaren herumlaufen zu müssen. Fühlte sich bestimmt gut an, mit den Fingern hindurchzufahren. Wie das Fell eines Maulwurfs. Andreas’ Atem ging schneller, seine Lippen öffneten sich. Er konnte den Blick nicht abwenden.
Das wissende Lächeln, das auf einmal das sonnengebräunte Gesicht erhellte, löste tief in Andreas einen Widerhall aus. Etwas in ihm reagierte, als der andere Mann – er mochte vier oder fünf Jahre älter sein als er – amüsiert raunte: »So ist das also.
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