Nach der Hölle links (German Edition)
sie mürrisch: »Selber Grottenolm. Kann ja nicht ahnen, dass ihr am Vögeln seid.«
»Wir vögeln nicht«, erwiderten Sascha und Andreas gleichzeitig.
»Sieht aber verdammt danach aus.«
»Tun wir aber nicht«, stöhnte Sascha entnervt und löste sich aus der Umarmung. Er deutete zwischen dem Neuankömmling und seinem Freund hin und her. »Fabian. Andreas. Andreas, das ist mein nerviger kleiner Cousin Fabian, der nicht schnallt, dass man anklopft, bevor man in ein fremdes Zimmer latscht.«
»Konnte ich ahnen, dass du Besuch hast?«, keifte Tanjas Ältester. »Nun mach mal nicht so eine Welle, Mann. Ich wollte mir nur ’ne CD ausleihen.«
»Auch CD-Ausleihe verlangt vorheriges Anklopfen«, giftete Sascha, während Andreas sich ein Schmunzeln verbiss.
Trotz der rüden Störung erheiterte der Dialog zwischen den Cousins ihn. Abgesehen davon hatten sie Glück gehabt. Fabian hätte sie genauso gut erwischen können, wenn die Kleidung bereits unten war.
Der Übeltäter zeigte sich von der Predigt ungerührt. »Ich soll dich übrigens von Mama fragen, was mit dem Essen ist. Aber ich schätze …«, er betrachtete sie frech, »… ans Essen denkt ihr gerade nicht, oder?«
»Halt die Klappe, Kleiner«, drohte Sascha halbseiden. »Verschwinde. Und nein, wir bleiben nicht zum Essen, oder?«
Andreas schüttelte den Kopf und suchte heimlich nach Saschas Hand. Hielt sie fest. Drückte sie, bevor er sagte: »Wir gehen zu mir.«
Er hatte nicht vor, Sascha vor Montag nach Hause gehen zu lassen. Falls überhaupt.
Kapitel 39
Sobald die Wohnungstür hinter ihnen zufiel, sackte Andreas in die Knie und stützte sich an der Wand ab. Sascha hatte es kommen sehen. Auf dem Weg war sein Freund – er liebte es dieses Wort im Kopf zu wiederholen – blass geworden, hatte fahrig am Ausschnitt seines Oberteils gezerrt und in der Straßenbahn stur geradeaus gestarrt. Selbst sein Mund war bläulich-weiß geworden. Die letzten Meter zu seinem Haus war er fast gerannt.
Andreas’ Verhalten konnte die Wärme in Saschas Innerem nicht dämpfen. Sie versetzte ihr nur einen Hauch Bitterkeit, weil er es ihm und ihnen gegönnt hätte, uneingeschränkt glücklich sein zu können. Nur für einen Tag.
»Ich … muss mich hinlegen«, stammelte Andreas, bevor er eiligen Schrittes durch den Flur ging. Mit einer Hand stützte er sich an der Wand ab, als fürchte er, das Gleichgewicht zu verlieren.
Sascha sah ihm nach, unsicher und betroffen. Trotzdem fühlte er sich auf eine Weise erfüllt, die er lange nicht empfunden hatte. Andreas war zu ihm gekommen. Er hatte eingewilligt, mit ihm zusammen zu sein. Er wollte ihn, obwohl er ihn beim ersten Versuch einer Beziehung im Stich gelassen hatte.
Saschas feines Lächeln schien fehl am Platz, aber er konnte es nicht unterdrücken. Trotz aller Unsicherheit und der Angst, dass Andreas es sich anders überlegen könnte, ging er davon aus, dass von nun an vieles leichter werden würde. Andreas’ Bereitschaft, ihm zu vertrauen, lag als unsichtbares Werkzeug in seiner Hand. Und dieses Werkzeug gestattete ihm, seinem Freund ins Schlafzimmer zu folgen und für ihn da zu sein.
Er wollte es gut machen. Er wollte es richtig machen.
Deshalb führte sein erster Gang ihn ins Bad. Er schnappte sich ein Handtuch aus dem Schrank und feuchtete es an, bevor er in der Küche den Kühlschrank inspizierte.
Zucker für den Kreislauf? Nicht unbedingt. Aber Flüssigkeit war wichtig. Er nahm je eine Flasche Wasser und Cola mit. Ob Andreas Medikamente brauchte, und wenn ja, wo wurden sie gelagert? Das würde er später herausfinden.
Sobald Sascha das Schlafzimmer betreten hatte, zog er leise die Schiebetür hinter sich zu und stellte seine Last ab. Als er sich zu Andreas umwandte, machte sein Herz einen schmerzhaften Satz, und Schuld wollte sich aufbauen. Sascha war der Zusammenhang zwischen ihrer Wiedervereinigung und der Tatsache, dass Andreas auf dem Bett lag und wie Espenlaub zitterte, bewusst. Ihm war klar, dass der mutige Schritt, sich auf ihn einzulassen, Konsequenzen nach sich zog. Andreas hatte es ihm gesagt: Er hatte Angst. Diese Angst wurde nun sichtbar und tat weh.
Kurz zögerte Sascha, ob er sich zurückziehen oder lieber nah dranbleiben sollte. Auch war er anfangs nicht sicher, ob er Fragen stellen oder schweigen sollte. Er kam zu dem Schluss das Reden immer besser war als Schweigen. Das war eine Grundregel der Psychologie. Was immer in Andreas vorging, musste ans Tageslicht.
Leise trat er ans Bett, setzte
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