Nach der Hölle links (German Edition)
von heute.« Schimpfend zog sie davon.
Sascha lachte leise und hakte den Daumen in Andreas’ Gürtel. »Da hast du es. Jetzt bist du ein öffentliches Ärgernis. Ich hoffe, du schämst dich.«
»Hält sich in Grenzen«, gab Andreas leicht unruhig zurück. Er sah der Alten nach, bevor er ihre Worte mit sichtlichem Aufwand abschüttelte und sich enger an Sascha drängte. Er stützte das Kinn auf die Schulter des Freundes und raunte: »Daran werde ich mich gewöhnen müssen. Damit hatte ich bisher nie zu tun.«
»Womit? Mit Idioten?«
»Ne, mit schwul sein, wo andere es sehen können.«
Sascha schnaubte: »Du weißt schon, dass das reichlich komisch klingt, oder?«
»Und wenn schon.« Andreas gab ein Geräusch von sich, dass sowohl verzweifeltes Stöhnen als auch verschlucktes Gelächter sein konnte. »Der einzige Vorteil ist, dass ich dir die Schuld geben kann. Immerhin war ich vor dir ein anständiger junger Mann.«
»Anständige junge Männer haben nicht das Komplettangebot von Gay Shop in der Schublade …«
Sie grinsten sich an und schielten dabei auf die Nase des jeweils anderen.
Schließlich trat Andreas einen Schritt zurück und tat einen tiefen Atemzug. »Gehen wir Essen.«
»Du scheinst ja wirklich ausgehungert zu sein.«
Feixend hob Andreas die Schultern. »Sagen wir, ich wäre froh, wenn ich etwas im Magen hätte. Denn dann können wir schnell nach Hause …«
Sascha traf ein Seitenblick, der ihm die Knie weich werden ließ. Er fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen und überlegte, ob die Möglichkeit bestand, die Nahrungsaufnahme nach hinten zu verschieben.
Bevor er einen entsprechenden Vorschlag anbringen konnte, wurde Andreas’ Miene ernst. »Das Essen ist außerdem eine gute Gelegenheit, etwas mit dir zu besprechen. Ich brauche deine Hilfe. Oder könnte sie zumindest in Zukunft brauchen.« Er zögerte. »Wenn das nicht zu viel verlangt ist.«
Sascha ging das in diesen Tagen arg strapazierte Herz auf. »Heraus damit. Ich beiße nicht.«
»Nein, du nicht …«
* * *
Eine Energiewelle hatte ihn mitgerissen und eine Entscheidung fällen lassen, vor der er vor zwei Wochen noch zurückgewichen war. Andreas fühlte sich von der Kraft, die ihn durchströmte überwältigt – und wie es in der Natur seiner Krankheit lag, beobachtete ein Teil seiner selbst sie mit Misstrauen. Sich für etwas oder jemanden zu entscheiden, brachte Verantwortung mit sich. Er hatte zu lange ohne Verantwortung für andere – und für das eigene Heil – gelebt, um nicht doch zu zittern, als er ungelenk seine Unterschrift unter den Schutzvertrag setzte.
Ein Marathon lag hinter ihm. Zumindest empfand Andreas es so. Für andere Menschen wäre es sicher weniger anstrengend gewesen, sich auf den Einzug eines Hundes vorzubereiten. Besonders der Sachkundenachweis hatte ihn nervös gemacht. Triton war kein einfacher Hund. Zwar stand der Kuvasz an sich nicht auf der Liste gefährlicher Hunde, aber auch Tiere anderer Rasse konnten als »gefährlich« eingestuft werden, wenn es zu entsprechenden Vorfällen kam. Dieses Schicksal wollte Andreas Triton und sich ersparen.
»Damit wird offiziell, was der Hund schon lange wusste«, bemerkte Susanne, die Bürokraft des Tierheims, lächelnd, als sie den ausgefüllten Vertrag entgegennahm. »Er hat es verdient, der große Brocken. War viel zu lang bei uns.«
»Das sehe ich genauso«, warf Mandy ein und sprang vor Aufregung von einem Fuß auf den anderen. Sie hatte die Ehre, Triton, Andreas und Sascha mit dem Kombi der Tierärztin nach Hause zu fahren. Der Kofferraum von Tanjas Auto war viel zu klein für den riesigen Hund.
Sascha, der das Unterzeichnen des Vertrags zufrieden beobachtet hatte, hob die Hand in einer beruhigenden Geste. »Haltet mal den Ball flach. Wenn wir alle vor Aufregung Schnappatmung haben, denkt Triton, es geht zum Schlachter.« Die Bemerkung brachte ihm einen empörten Blick von Mandy ein.
Das Geplänkel der Umstehenden floss an Andreas vorbei. Kaum nahm er Saschas Nähe wahr. Für eine Sekunde hatte er das Bedürfnis, Susanne den unterschriebenen Vertrag abzujagen. Er war schrecklich nervös. War er bereit für diesen Schritt? Was, wenn die geplante Arbeit in der Hundeschule Triton unberechenbarer machte, nicht ruhiger?
Dann sind Sascha, Mandy und alle meine Kollegen da, erinnerte er sich streng.
Sascha war von seinem Vorhaben begeistert gewesen und hatte versprochen, ihm auszuhelfen, falls es Probleme gab. Andreas hatte in dieser Hinsicht anfangs
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