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Nach der Hölle links (German Edition)

Nach der Hölle links (German Edition)

Titel: Nach der Hölle links (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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hält mich davon ab. Ich habe damals Fehler gemacht. Ich habe ihn allein gelassen, obwohl ich wusste, dass er Hilfe brauchte. Ich habe ihm versprochen, für ihn da zu sein und bin es nicht gewesen. Ich bin gegangen, weil ich zu viel Angst hatte. Und deswegen frage ich mich: Wenn ich jetzt zu ihm gehe und mit ihm rede, mache ich das, damit ich mein schlechtes Gewissen loswerde oder um ihm einen Gefallen zu tun? Was, wenn ich bei ihm alte Wunden aufreiße und es ihm schlechter geht? Was, wenn ich hinterher weggehe und es wieder verbockt habe? Was, wenn wir über alles reden und ich ihm damit schade? Immer davon ausgehend, dass er sich überhaupt darauf einlässt.«
    Und dann wäre da noch Nils und die Tatsache, dass du dir eigentlich gar nicht so viele Gedanken um Andreas machen solltest, meckerte etwas in Saschas Hinterkopf und brachte ihn damit in noch größere Schwierigkeiten. Hatte er nicht Donnerstag noch fest behauptet, er wolle Andreas gar nicht mehr sehen? Wann in den letzten Tagen war daraus »Ich muss unbedingt mit ihm reden?« geworden?
    »Was von fachlicher Seite aus das Richtige ist, kann keiner von uns sagen. Ferndiagnosen sind immer gefährlich«, erklärte Christopher nach kurzer Überlegung. Er rieb sich das Kinn. »Ich merke nur, dass du Angst davor hast, wieder einen Fehler zu machen. Verständlich, denke ich. Allerdings kenne ich Andreas nicht und kann erst recht nicht beurteilen, wie es ihm gerade geht und ob er das Bedürfnis hat, die Ereignisse von damals zu klären. Normalerweise ist es besser, solche Dinge aufzuräumen, aber …« Er verstummte nachdenklich. Eine tiefe Falte teilte seine Stirn.
    »Aber?«, bohrte Sascha nach. Er war nicht sicher, ob ihm die Meinung des Professors gefallen würde.
    Mitleidig betrachtete Christopher ihn, bevor er freundlich sagte: »Du weißt zu wenig. Beispielsweise, in welcher Phase der Therapie Andreas gerade steckt. Du hast genug Einblick, um zu wissen, dass unter gewissen Umständen zusätzliche Belastungen schnell zu viel werden können. Wenn du es darauf ankommen lässt, kann es sein, dass du Andreas überforderst. Natürlich geht es um dein schlechtes Gewissen. Du würdest gerne aufräumen. Aber wenn du mich fragst, ob das auch das Richtige für Andreas ist, habe ich Zweifel. Du sagtest, er wäre Hals über Kopf über die Straße gerannt?«
    Sascha nickte stumm.
    »Das sieht schon nach einer Panikreaktion aus. Ich kann dir diesen Rat nur als Mensch geben, nicht als dein Professor. Aber ich an deiner Stelle würde darauf verzichten, ihn zu besuchen. Versuch das Kapitel für dich abzuschließen und lass ihn seinen Weg gehen.«
    »Das heißt, ich tue ab jetzt so, als wären wir uns nie wieder begegnet?«, fragte Sascha tonlos nach.
    »Nein«, lächelte Christopher traurig und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Du verhältst dich zukünftig wie ein Mensch, der einen ehemaligen Partner wiedergesehen hat und der dankbar ist, dass es ihm heute gut geht.«
    »Mist.« Die Enttäuschung schien Saschas Stimmbänder zu verknoten.
    »Ja.«
    Nachdem sie sich voneinander verabschiedet hatten, schickte Sascha Isabell eine SMS. Das gemeinsame Essen sagte er mit Verspätung ab. Ihm war nicht nach Gesellschaft zumute. Er wollte allein sein. Allein mit dem Gefühl, etwas Wertvolles zum zweiten Mal verloren zu haben.

Kapitel 9
    »Nimmst du mal bitte deine Zunge aus meiner … bah … Nase? Danke schön.«
    Lachend lehnte Andreas sich zurück. Mit beiden Händen versuchte er, Triton davon abzuhalten, ihm das Gesicht und die Ohren abzuwaschen. Übermütig machte der Kuvasz Anstalten, die Tatzen auf die Schultern seines Spielgefährten zu legen. Auch dem schob Andreas einen Riegel vor, bis Triton aufgab und stattdessen den Kopf auf sein Bein sinken ließ. Seine Rute peitschte freudig von rechts nach links.
    »Glücklicherweise bist du frisch entwurmt«, murmelte Andreas. Mit der freien Hand wischte er sich über das Gesicht. »Teufelskerl, du.«
    Hund und Mann wirkten vertraut, wie sie auf der Wiese hinter dem Tierheim saßen und miteinander spielten. Tritons helles Fell hob sich vom mit Unkraut durchwachsenen Grün ab, als er auf die Seite rollte, um sich den Bauch streicheln zu lassen.
    Andreas’ Züge zeigten einen Ausdruck zwischen entspannter Zufriedenheit und kriegerischer Aktivität. Er hatte nicht damit gerechnet, dass es ihm so schnell besser gehen würde. Am Freitag war es ihm vorgekommen, als würde er innerlich und äußerlich verglühen. Am Samstag hatte er

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