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Nach der Hölle links (German Edition)

Nach der Hölle links (German Edition)

Titel: Nach der Hölle links (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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seinen Becher zu. Er konnte nicht in Worte fassen, wie dankbar er seiner Tante war, dass sie ihm Asyl gewährte. Nils war vor einer Woche völlig grundlos durchgedreht. Mittlerweile lag ihre Trennung vier Wochen zurück. Aber Nils litt und fand keinen Frieden, was im Umkehrschluss bedeutete, dass auch in der WG kein Frieden einkehrte.
    Sascha hatte die Nase voll gehabt und sich über Nils’ Verhalten geärgert, der sich an Kleinigkeiten wie einer umgefallenen Shampooflasche im Bad hochzog. Jeder, selbst Svenja, hatte gewusst, dass es sich um einen Vorwand handelte, um Sascha noch einmal wissen zu lassen, wie enttäuscht er von ihm war.
    Allmählich war seine Geduld erschöpft. Ja, er hatte lange ein schlechtes Gewissen gehabt, weil er Nils nicht geben konnte, wonach der sich sehnte. Inzwischen war er jedoch nur noch froh und dankbar, rechtzeitig die Reißleine gezogen zu haben. Eine spätere Trennung hätte die Probleme bei ihnen zu Hause nur vervielfacht.
    »Wie war denn die Party vorgestern eigentlich?«, fragte Tanja zwischen zwei Bissen Croissant. Eine tiefe Sonnenbräune ließ sie unglaublich gesund und jung aussehen. Ihr gebrochenes Bein war vor einer Woche aus dem Gips befreit worden und ruhte auf einer umgedrehten Wasserkiste.
    »Die Party? Großartig«, hellte Saschas Miene sich auf. »Die haben sich einen Unsinn ausgedacht, das glaubst du gar nicht. Dass sie mich in den Teich geworfen haben, war noch das Harmloseste. Es war wirklich toll. Ich wusste gar nicht, dass ich so viele Freunde habe. Isa und Brain haben sogar ein paar von den Jungs und Mädels aus der Schule angeschleppt. Miriam ist aus Berlin gekommen, um dabei zu sein. Es waren Leute da, von denen ich nicht mal die Namen kannte, nur die Gesichter. Echt super.«
    »Dass Isabells Eltern im Urlaub waren und ihr das Haus für euch hattet, hat sicher geholfen«, schmunzelte Tanja. »Hoffentlich habt ihr nicht zu viel Verheerung angerichtet.«
    Sascha winkte ab. »Nein, ich denke nicht. Außerdem sind sie Kummer gewohnt. Die Jahrgangspartys finden dort seit der achten Klasse statt.«
    Dass gleich zwei Mal die Polizei angerückt war, weil die Nachbarn sich über laute Musik und auf dem Garagendach tanzende Studenten beschwert hatten, musste er seiner Tante ja nicht auf die Nase binden.
    Zu sehen, wie viel Mühe seine Freunde sich für ihn gaben, hatte Sascha gut getan. Auch, wenn er es nicht permanent vor sich hertrug, waren die letzten Wochen unangenehm für ihn gewesen. Er wartete. Jedes Mal, wenn das Telefon klingelte, schaute er hoffnungsvoll aufs Display und war enttäuscht, wenn er die Nummer kannte. Das Thema Nils verschärfte die Lage zusätzlich. Ihre Unfähigkeit, eine friedliche Koexistenz in der Wohnung zu führen, verlangte auf Dauer nach einer Lösung. Das Kernproblem war, dass Sascha nicht umziehen wollte. Nils sah natürlich nicht ein, warum er die WG und seine beste Freundin hinter sich lassen sollte, nur weil Sascha ein Arschloch war, um das Kind beim Namen zu nennen.
    »Und wie hat sich Nils verhalten?«, wollte Tanja prompt wissen. Im gleichen Atemzug sah sie auf ihre Armbanduhr und runzelte die Stirn. Sascha wusste, woran sie dachte. Sina war vorhin pünktlich aus dem Haus gegangen, aber Fabian hatte getrödelt. Sicher fragte Tanja sich, ob ihr Sohn es rechtzeitig in die Schule geschafft hatte oder ob ihr eine erneute Ermahnung von seiner Klassenlehrerin drohte, weil er dauernd zu spät kam.
    »War nicht da. Und eigentlich ist es mir auch egal.«
    Tanja blickte auf. »Wegen egal bist du aber nicht vor ein paar Tagen hergekommen und hast gefragt, ob du eine Weile bei uns übernachten kannst. Komm, ich habe dich damit in Ruhe gelassen, bis mir die Neugier aus dem Gesicht springt. Was ist los?«
    Konzentriert betrachtete Sascha das Muster der Tischdecke. Er hatte dieses Gespräch erwartet, seitdem er mit seinem Rucksack bei Tanja aufgetaucht war. Unbehaglich zuckte er die Achseln. »Naja, im Grunde genommen nichts. Es ist alles beim Alten. Er behauptet, ich hätte ihn benutzt. Er rastet dauernd aus, und er sucht mit jedem Streit. Ich weiß, dass es ihm mies geht, nur habe ich keine Lust, mich bis ans Ende meiner Tage angiften zu lassen. Ich verstehe ihn ja, aber irgendwann ist es doch auch mal gut. Jedenfalls kann ich es nicht dauernd haben, dass er nach Hause kommt und mit den Türen knallt oder unter irgendwelchen Vorwänden in mein Zimmer rauscht. Ich musste einfach mal raus.«
    Intensive Gespräche dieser Art waren nicht

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