Nach dir die Sintflut
abhandengekommen war. Sie legte den Zettel in die Kiste, schloss den Deckel und stapelte die Kisten in der alten Reihenfolge wieder auf.
Rebecca drehte sich um und nahm den höchsten Stapel an der Rückwand in Augenschein, auf dem immer noch Tropfen landeten. Der Stapel war fast so groß wie sie. Als Rebecca sich auf die Zehenspitzen stellte, konnte sie sehen, dass der aufgeweichte Deckel des obersten Kartons eingesunken war. Sie versuchte, ihn zu öffnen, und hielt plötzlich ein Stück Pappe in der Hand. Sie versuchte, den Karton vom Stapel zu heben, aber der Kistenboden war aufgeweicht. Rebecca stützte ihn mit dem linken Arm ab und stellte den Karton auf den Betonboden. Erst da bemerkte sie das Etikett:
Lisa Taylor
Rebecca beugte sich hinunter und öffnete die Kiste. Darin lagen Fotos, Briefe und Tagebücher. Alles gehörte ihrer Schwester. Alles aus Papier. Lisas handschriftliche Notizen waren verschmiert. Die Fotos lösten sich auf. Die Eintrittskarten waren unleserlich geworden, die Bücher vollgesogen. Alle Kartons des Stapels hießen LisaTaylor , und jeder einzelne war aufgequollen.
Rebecca schaute noch einmal in die Kiste auf dem Boden und untersuchte die ruinierten Stücke, bis sie Zimmers Schritte durch den Flur hallen hörte. Sie warf einen Blick über die Schulter und entdeckte ihn in der Tür. Er hatte einen roten Plastikeimer in der Hand und zog eine kleine Mülltonne auf Rädern hinter sich her.
Zimmer betrat den Lagerraum, ging an Rebecca vorbei und stellte den Eimer oben auf den Lisa-Stapel. Mit einem hohlen Plastikgeräusch klatschte ein Tropfen in das leere Behältnis.
Rebecca schob beide Hände unter den Karton mit der Aufschrift Lisa Taylor und stand auf. Sie trug die Kiste aus dem Lagerraum und ließ sie in die Mülltonne fallen. Sie und Zimmer beugten sich über den Tonnenrand, um auf die Briefe und Zettel zu starren, die aus dem Karton gerutscht waren.
Rebecca ging in den Lagerraum 207 zurück, nahm den roten Eimer vom Stapel und trug nacheinander alle Lisa-Kartons in den Flur, wo sie sie in die Tonne warf. Als sie fertig war, stellte sie den Eimer unter die Stelle, von der es tropfte. Sie knipste das Licht aus und kam in den Flur.
»Hätte schlimmer sein können«, sagte sie.
»Trotzdem ist es traurig«, sagte Zimmer.
»Nein, Edward, ist es nicht«, sagte Rebecca. Sie war selbst überrascht. Sie packte den Türgriff des Lagerraums 207 und zog die Tür zu. Sie legte das Vorhängeschloss an. Zimmer legte eine Hand auf Rebeccas Schulter. Zusammen gingen sie zum Aufzug, und die Plastikräder der Mülltonne quietschten durch die verlassenen Gänge von E. Z. Self Storage.
Elf
Der Geschmack der Vergebung
Rebecca fuhr nach Hause und überließ es Edward Zimmer, die wassergeschädigten Kartons in den Container hinter dem Gebäude zu werfen. Als sie noch drei Straßen von ihrer Haustür entfernt war, spürte sie einen Schmerz in der Brust. Er war stechend, legte sich jedoch, als sie am Straßenrand hielt. Rebeccas Hände zitterten, und plötzlich fühlte sie sich sehr müde. Die Erschöpfung wurde immer schlimmer, aber Rebecca war zuversichtlich, es allein bis nach Hause zu schaffen.
Nachdem sie das Auto in einer Seitenstraße hinter dem Haus abgestellt hatte, war Rebecca plötzlich so müde, dass sie kaum die Haustür aufbekam. Sie schlief ein, sobald sie das Sofa erreicht hatte. Sie sah sich selbst am Küchentisch in der Wohnung sitzen, die Lisa und Lewis in Toronto geteilt hatten, aber sie wusste nicht, ob das ein Traum war oder eine Erinnerung. Sie trug einen Flanellpyjama mit Entchenmuster. Ein Kinderpyjama, der jedoch wie angegossen saß. Sie schaute ihrer Schwester bei den Frühstücksvorbereitungen zu. Lisa mahlte Bohnen und setzte Kaffee auf. Sie steckte zwei Brotscheiben in den Toaster. Plötzlich hielt sie inne und legte die Hände flach auf die Arbeitsplatte, ohne sich zu Rebecca umzudrehen.
»Ich habe beschlossen, dir zu vergeben«, sagte Lisa.
Das Weißbrot schoss aus dem Toaster. Rebecca schaute zu, wie Lisa es mit Vergebung bestrich. Dann schaufelte sie zwei gehäufte Teelöffel Vergebung in einen Becher und goss sie mit
Kaffee auf. Lisa trug Toast und Kaffee an den Tisch und stellte beides vor Rebecca. Sie setzte sich auf den Platz gegenüber und sah Rebecca erwartungsvoll an.
Rebecca biss ein winziges Stück vom Toast ab. Die Vergebung schmeckte so bitter, dass sie kaum schlucken konnte. Sie nippte am Kaffee, der nicht viel besser war.
»Restlos alles?«, fragte
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