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Nach dir die Sintflut

Nach dir die Sintflut

Titel: Nach dir die Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Kaufman
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Schmerz in ihrer Brust ein. Er war um ein Vielfaches quälender als alles, was sie nach dem Verlust von Stewarts oder Lisas Kartons gespürt hatte; er war schlimmer als beides zusammen. Rebecca starrte auf ihre Brust, denn sie war überzeugt, man habe ihr ein Stück Fleisch aus dem Leib gerissen. Dann brach sie zusammen. Die Muskeln in ihrem Körper verkrampften sich. Ihre Finger krallten sich zusammen, und ihre Nägel schnitten winzige Linien in ihre Handballen. Sie bekam keine Luft mehr. Dann hörte es plötzlich auf. Sie brauchte fast fünf Minuten, um wieder normal atmen zu können, aber dann stand sie einfach auf, ging zum Auto und ließ den Motor an. Sie schaute nach links und rechts, bevor sie auf die Broadway Avenue auffuhr. Sie warf einen Blick in den Rück- und in beide Seitenspiegel, bevor sie die Spur wechselte. Sie fuhr umsichtig, ihre Hände umschlossen das Steuer in der Zehn-vor-zwei-Position.
    Sie kurbelte das Fenster herunter und drehte das Radio auf, aber es nützte nichts. Sie würde einschlafen. Noch während sie den Parkplatzwächter bezahlte, winkte sie ein Taxi heran. Sie schlief auf der Rückbank ein, kaum dass sie dem Fahrer ihre Adresse genannt hatte. Der Fahrer weckte sie, um ihr zu sagen, sie seien angekommen. Rebecca bezahlte ihn, schloss die Haustür auf und wankte direkt zum Sofa. Sie schlief sofort ein, ohne einen weiteren Gedanken an die Haustür zu verschwenden, die sperrangelweit offen stand, oder an die Folgen, die ihr Handeln haben würde.

8
    Gottesfurcht: Lewis (dritter Teil)

Siebenundzwanzig
    Lauter als Lärm
    Lewis versuchte sich auf das Gefühl des Teppichs unter seinen nackten Füßen zu konzentrieren, aber sobald er die Augen schloss, sah er den riesigen Frosch. Lewis stieg aus dem Bett und trat ans Fenster. Er schaute auf die Straße hinunter. Er ging wieder zum Bett, legte sich hin, drehte sich auf den Bauch, dann auf die Seite, und dann schaute er zu, wie der Zeiger der Uhr auf dem Nachttisch auf 6:01 sprang.
    Immer wieder musste er an die Froschfrau denken. Nicht genug, dass er sich mit ihr unterhalten hatte, oder dass er ihr zwei Mal in zwei sehr unterschiedlichen Städten begegnet war. Diese Umstände waren zweitrangig angesichts des Schlüsselbundes, den er fest in der Hand hielt, seit er ihn bekommen hatte. Lewis betrachtete das Familienfoto. Lisa stand links von ihrer sitzenden Mutter. Rebecca stand auf der anderen Seite des Stuhls, dahinter ragte der beträchtlich größere Vater auf wie ein über alle wachender, gütiger Geist. Lewis starrte den Schlüsselanhänger an, bis er zu einem zwingenden Schluss kam - es handelte sich um ein Zeichen, das ihn unmissverständlich aufforderte, das Unglaubliche zu glauben.
    Lewis zog sich an, den Schlüsselbund fest in der rechten Hand, verließ die Suite und machte sich auf die Suche nach der Frau, die sich als Gott ausgab. Weil sie sich jedes Mal gezeigt hatte, wenn Lewis irgendwo wartete, beschloss er zu warten. Er wartete den ganzen Vormittag in der Notaufnahme des Grace
General Hospital. Um 13.30 Uhr zog er in Gus’ Friseurladen um. Dann zu einem Stuhl vor dem Büro des Filialleiters der Toronto Dominion Bank an der Portage Avenue. Er wartete im Wartehäuschen der Bushaltestelle vor dem CBC-Gebäude, in einer Zahnarztpraxis im fünften Stock eines Gebäudes, dessen Namen er nicht kannte, und auf einer Bank vor der Winnipeg Art Gallery. Um kurz nach 16 Uhr saß Lewis im Wartezimmer der Anwaltskanzlei Aikins, MacAulay & Thorvaldson im neunundzwanzigsten Stock des Commodity Exchange Tower, als er die Frau, die angeblich Gott war, zum vierten Mal sah.
    Sie ging so dicht an Lewis vorbei, dass er sie hätte berühren können. Ihr Haar war zu Zöpfen geflochten, die ihr seitlich vom Kopf abstanden. Sie trug eine Radlerhose, die zu viel entblößte. Die Metallklammern unter ihren Schuhen klackerten bei jedem Schritt, als sie den Wartebereich durchquerte. Sie trug einen großen braunen Umschlag unter dem Arm. Lewis schaute zu, wie Lisa ihn der Rezeptionistin überreichte und auf die Empfangsbestätigung wartete. Dann durchquerte sie den Wartebereich ein zweites Mal und kam wieder dicht an Lewis vorbei.
    Lewis beobachtete sie, während sie im Foyer auf den Aufzug wartete. Sie drückte auf den Knopf und verschränkte die Arme. Ihre Körperhaltung war grauenhaft. Als sich die Türen öffneten, sprang Lewis auf und rannte los. Er schlüpfte seitlich durch die schließenden Türen in die Kabine. Im Aufzug standen acht Personen dicht

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