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Nach Hause schwimmen

Titel: Nach Hause schwimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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aufhängt und eine Büchse mit intensiv riechendem Darjeeling offen auf die Kommode stellt.
    Am Abend des nächsten Tages ist der Boden von den Leimresten befreit, am Nachmittag darauf fangen wir mit dem Schleifen an. Obwohl der Raum klein ist, zwölf Quadratmeter, sind wir drei Tage beschäftigt. Dann legen wir Zeitungen auf den Boden und streichen die Wände und die Decke mit der weißen Farbe, die vom Streichen der Lobby übriggeblieben ist. Drei Anstriche sind nötig, um die verdammte Tapete zu decken.
    Am siebten Tag tragen wir das Leinöl auf, drei Schichten im Abstand von vier Stunden. Am Nachmittag des achten Tages polieren wir den Boden mit Baumwolltüchern, am Abend stellen wir die Möbel zurück in den Raum. Alle kommen hoch, um sich unser Werk anzusehen. Sogar Mazursky, der sich vor ein paar Tagen den Fuß verstaucht hat und keinen unnötigen Schritt geht, humpelt auf Krücken den Flur entlang und macht große Augen. Ich habe bei Winston ein paar alte Holzrahmen gekauft, in denen jetzt Dobbs’ Heimwehbilder stecken, Landschaftsaufnahmen aus Louisiana, die vorher nur mit Reißzwecken an die Wand geheftet waren und auf den arktisweißen Wänden richtig edel aussehen.
    »Ich mag die Wände«, sagt Randolph. Er schießt mit einer Wegwerfkamera Bilder, die er dem Besitzer des Hotels schicken wird. »Besser als die Tapeten. Macht den Raum irgendwie größer.« Bestimmt erzählt er dem Kerl, die Idee für die ganzen Renovierungen sei auf seinem Mist gewachsen.
    »Ich will auch so ein Zimmer«, sagt Elwood. Mazursky schließt sich ihm an, »Mein Teppich stinkt.« Plötzlich wollen alle ihre Bude verschönert haben und bestürmen Randolph.
    »Quatscht nicht mich an«, sagt Randolph, macht ein letztes Bild und verlässt das Zimmer. »Wendet euch an die Firma Sandberg.« Er grinst mir zu und geht zum Fahrstuhl.
     
    Elwood ist der erste, der mich mit Flehen und Betteln weichklopft. Er erzählt mir, dass er in dem Haus in New Jersey, wo er vor einem halben Jahrhundert mal gelebt hat, genau solche Holzböden hatte, wie ich sie freilege. Zuerst vertröste ich ihn auf unbestimmte Zeit, aber dann bietet Dobbs mir seine Hilfe an und wir machen aus Elwoods tristem Loch ein sauberes, helles Zimmer, an dessen Wänden gerahmte Bilder hängen wie in einem vornehmen Haus. Am Tag, an dem wir fertig sind, wird Elwood einundachtzig. Am Nachmittag feiern wir, essen Bananenkuchen nach Madame Robespierres Rezept und trinken Fruchtpunsch. Enrique spendiert eine Flasche Gin, und wer will, kriegt seinen Punsch mit Schuss. Ich habe seit Spencers Beerdigung keinen Alkohol getrunken und vor, noch eine Weile abstinent zu bleiben. Dabei mache ich mir keine Illusionen. Das Leben ist eine Achterbahn, und wenn es abwärts geht und die Räder aus den Schienen springen, federt ein Rausch den Aufprall ein wenig. Elwood braucht drei Anläufe, um die zehn oder zwölf symbolischen Kerzen auf dem Kuchen auszupusten. Er weint gerührt und beschwipst und erzählt von früher. Gegen Abend döst er auf seinem frisch bezogenen Bett ein, und wir lassen ihn schlafen.
    Später in dieser Nacht sitze ich hinter dem Empfangstresen und vertreibe mir die Zeit damit, die Karteikarten mit den Personalien der Dauergäste neu auszufüllen. Randolphs Schrift ist kaum zu entziffern, winzig und kringelig, und Leonidas hat auf die Rückseite jeder Karte Bemerkungen gekritzelt. Bei Elwood, der mit Nachnamen Watts heißt, steht zum Beispiel: VORSICHT ! RELIGIÖS , KEINE SCHERZE ÜBER GOTT !, daneben: SCHWERHÖRIG . Anthony Howard Mazursky hat den Eintrag STUR UND EINFÄLTIG , KEINE DISKUSSIONEN ÜBER POLITIK , KULTUR , KRIMINALITÄT . Die letzten drei Wörter sind durchgestrichen und mit IRGENDWAS ! ersetzt. Auf der Rückseite von Spencers Karte steht: REDET NICHT , BESCHWERT SICH NIE . DER PERFEKTE GAST . S CHWESTER IN KALIFORNIEN ( ZELDA ). Ich setze seinen Todestag dazu und stecke die Karte ein.
    Alfred und Enrique sitzen nebeneinander auf dem Sofa. Sie haben den restlichen Gin getrunken und halten ein schläfriges Gespräch in Gang. Ich höre ihr Lallen und Glucksen und rauhes Lachen über etwas, das mitSicherheit nicht witzig ist, und schwöre mir, nie wieder einen Schluck Alkohol zu trinken.
     
    Enriques Boden mache ich unter der Bedingung, dass er im Gegenzug Mazursky bei seinem hilft. Alfred ist der einzige der Dauergäste, der seinen schmuddeligen Teppich behalten will. Er behauptet, die Arbeit lohne sich nicht, weil er das Hotel bald verlasse. Nach dem

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