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Nach Norden, Strolch

Nach Norden, Strolch

Titel: Nach Norden, Strolch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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erwartungsvoll.
    »Ich habe sehr bedauert, von Ihrem Unglück zu hören. Mein Sohn hat mir die Geschichte erzählt, und ich überlegte mir, ob ich Ihnen nicht behilflich sein könnte.«
    Sam hustete. »Nun, gnädige Frau, das ist sehr liebenswürdig von Ihnen, aber ich glaube nicht, daß man irgend etwas tun kann. Ich muß gute Miene zum bösen Spiel machen und von neuem anfangen. Ich sage nichts gegen Oktober - aber dieser Schuft von Strolch! Der ist von Natur aus schlecht. Ich hätte ihn umbringen sollen. Aber das wollte ich erst - wenn ich sicher war.«
    »Selbstverständlich«, sagte sie ermutigend.
    »Na ja … Ich bin ihm nachgegangen - vor der Trauung, gnädige Frau. Hinten im Wald. Sie müssen nämlich wissen, gnädige Frau, ich hatte schon meinen Argwohn. Am gleichen Vormittag hatte sie mir nämlich gesagt: ›Lieber würde ich einen Strolch heiraten.‹ Aber ich war ja nicht sicher. Da ging ich in den Wald, um mich mit ihm auszusprechen. Ich sagte … Nun, ich weiß nicht mehr genau, was ich sagte. Ich habe ihn einfach auf den Rücken gelegt.«
    »Das war sehr tapfer von Ihnen, allein gegen diesen großen Kerl anzugehen!«
    Sam fühlte sich unbehaglich. »Nun, gnädige Frau, nicht ganz allein … Zwei meiner Freunde, vielleicht drei …«
    Sie nahm drei an. Er fügte düster hinzu: »Ich hätte ihn umbringen sollen.«
    »Mr. Water« - die Frau schlug mit einer Hand, die fast unter Ringen verschwand, auf ihr Knie -, »ich finde es sehr töricht von Ihnen zu sagen, daß man nichts machen kann. Ich bin Engländerin, so daß ich allerdings in bezug auf Ihre Gesetze nicht ganz im Bilde bin. Aber Sie wissen doch, nicht wahr, daß die Gültigkeit der Trauung in Frage gestellt ist und daß der Bezirksrichter sie für illegal erklärt hat.«
    »Was - Sie - sagen!«
    Sam hatte jene Teile der Zeitungsberichte übersprungen, die nicht von ihm persönlich handelten.
    »Glauben Sie nicht, daß Sie dieses törichte Mädchen ausfindig machen und ihr klarmachen können, in welch schreckliche Lage sie sich gebracht hat? Und sind Sie nicht der Meinung, Mr. Water, daß es sehr ritterlich und edel von Ihnen wäre, ihr Ihren Namen anzubieten?«
    Sams Füße bewegten sich unruhig unter dem Stuhl.
    »Aber gnädige Frau
    »Bitte, ich möchte zu Ende sprechen. Alle Zeitungen sagen, das Mädchen - Miss Jones — habe Sie geliebt. Das ist doch richtig, nicht wahr?«
    Mr. Water rutschte auf dem Stuhl herum.
    »Ja, gnädige Frau … Oktober war etwas verrückt …«
    »Nach Ihnen verrückt?«
    »Ja, das wollte ich damit sagen.«
    Lady Georgina Loamer war eine sehr kluge Frau, und eine dreiminutenlange Unterredung mit Oktober oder eine Minute lang Oktober zusammen mit Mr. Water in ihrer Gegenwart hätte sie aufgeklärt. Unglücklicherweise nahm sie Zeitungsartikel etwas zu wörtlich. Sie war an die ›Times‹ gewohnt, die große Tragödien stets in wenigen Worten erledigte, wie zum Beispiel:
    ›Der am Trafalgar Square erschossen aufgefundene Mann wurde als Sir John Smith identifiziert. Lady Smith ist unter Polizeiaufsicht gestellt worden. Man ist der Auffassung, daß Eifersucht auf eine bekannte Tänzerin hinter dieser traurigen Geschichte steckt.‹
    Sie war nicht im Bilde über die Methoden eines farbenkräftigeren Journalismus. Es war ihr nicht möglich, sich vorzustellen, daß es in diesem Lande eine Armee von Reportern gab, deren Aufgabe es war, Menschen entweder zu verschönern oder zu verzerren und daß folglich Oktober Jones, um der Littleberger Geschichte die ihr gebührende Form zu geben, als armes Opfer dargestellt werden mußte.
    »Nun - ja. Sie war vielleicht nicht ganz verrückt nach mir, aber - wir verstanden uns sehr gut.«
    Lady Georgina überlegte einen Augenblick, wer von den beiden den anderen wohl am besten verstanden haben mochte. Ihre Gedanken hierüber waren recht scharfsinnig.
    »Das ist es, was ich gerade sagen wollte. Dem Glück junger Leute gilt das Hauptinteresse meines Lebens. Ich möchte Ihnen gern behilflich sein. Nun, Mr. Water, seien Sie nicht beleidigt, wenn ich Ihnen sage, daß ich Ihnen an dem Tage, an dem Sie mit dieser unglückseligen, einsamen, armen Frau versöhnt und getraut sind, als Hochzeitsgeschenk zehntausend Dollar auszahlen lasse.«
    Sams Knie wurden weich. Er machte Geräusche, die Überraschung und Freude ausdrücken sollten, aber auf seinem Gesicht malte sich ein Ausdruck hoffnungsloser Verzweiflung, wie etwa auf dem Gesicht eines Verhungernden, der durch einen nicht zu überquerenden

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