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Nach Norden, Strolch

Nach Norden, Strolch

Titel: Nach Norden, Strolch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Fluß von der Nahrung getrennt wird.
    »Ja, gnädige Frau … Nämlich, es ist so. Niemand weiß, wo Oktober steckt. Gestern nacht hat dieser Strolch die Kleidung eines Herrn gestohlen und den alten Elmer zum besten gehalten. Er hat sich für einen Captain der Staatspolizei ausgegeben - dafür kriegt er allein seine dreißig Jahre Kittchen -, und Oktober ist mit ihm weggegangen. Wo sie sich aber jetzt befindet -«
    Lady Georgina schritt zum Fenster und zog die Spitzenvorhänge beiseite. »Ist sie das nicht?«
    Sam starrte mit offenem Mund an ihr vorbei.
    Oktober Jones stand auf der anderen Seite der Straße auf dem Bürgersteig. Sie sah nicht das interessierte Publikum, das ihre Bewegungen beobachtete, da ihre ganze Aufmerksamkeit auf einen rotbärtigen Mann konzentriert war, der regungslos mitten auf der Straße stand und sie mit einem bösartigen Blick anstarrte.
    Wo war Robin? Ihr Herz schlug wild, aber nicht aus Angst für sich selbst. Sie blickte einen Augenblick um sich, um den Kompagnon Lenny zu suchen. Er war nirgends in Sicht. Als ihre Augen wieder zu ›Rotbart‹ zurückkehrten, interessierte sich dieser anscheinend für etwas ganz anderes. Dann schlenderte er weiter und ignorierte sie vollständig. Sie wollte ihm folgen, aber Robin hatte sie angewiesen zu bleiben, und folglich mußte sie auch bleiben.
    Die Menge wuchs. Jeder Augenblick brachte neue Trupps aus den benachbarten Orten und - oder irrte sie sich? - immer mehr Polizei. Sie sah eine Gruppe von zwölf Berittenen langsam die Straße entlang traben. Sie mußten aus einiger Entfernung gekommen sein, denn die Pferde waren staubbedeckt und abgehetzt. Und dann hielt am Bürgersteig ein Lastwagen, aus dem ein Dutzend junger Männer herauskletterten - als einer den Staub von seiner Jacke schüttelte, bemerkte sie ein Dienstabzeichen: Hilfspolizei.
    Das war doch bestimmt mehr als nötig war, um ein paar tausend braver, friedlich gesinnter Bürger in Ordnung zu halten.
    Sie fühlte, wie sie abwechselnd rot und blaß wurde. Robins Gegenwart schien hier bekannt zu sein. Aber das war noch nicht alles. Etwas Entsetzliches war geschehen.
    »Hallo, Oktober!«
    Sie zuckte zusammen. Das Lächeln Mr. Sam Waters sollte freundlich sein. Er streckte ihr die Hand entgegen.
    »Freut mich, dich zu sehen, Oktober … Hab’ nicht erwartet, dich hier zu treffen. Hast du Mr. Elmer gesehen?«
    »Nein«, gelang es ihr zu stammeln.
    Sam holte eine Zigarre aus seiner Tasche und zündete sie mit gemachter Gleichgültigkeit an. Er fand es schwierig, ihrem Blick zu begegnen.
    »All das Zeug … was ich gestern nacht gesagt habe … bitte, vergiß es, Oktober. Ich war gereizt. Aber ehrlich, bist du nicht auch gereizt gewesen? Ich bin doch ein Mann von Welt, Oktober!«
    Einen Augenblick lang hatte sie ihr Gleichgewicht verloren, aber jetzt war sie wieder sie selbst, konnte sogar ein wenig lächeln, aber so wenig, daß er nicht wußte, ob es wirklich ein Lächeln war.
    »Aber Sam, das ist ja herrlich! Seit wann hast du dich denn so verändert?«
    Er war in der Lage eines Redners, der seine Rede auswendig gelernt hat, aber nicht das Stichwort findet, loszulegen. Hätte sie gesagt, wie er erwartete: ›Weshalb folgst du mir?‹ hätte er anfangen können: ›Weil ich dich, trotz allem, was geschehen ist, liebe. Weil ich dich vor dir selbst beschützen möchte‹ - oder irgend etwas dieser Art.
    »Na, weißt du, Oktober. Ich habe mich schrecklich um dich gesorgt - kann nicht schlafen, nicht essen, nichts …«
    Er sah nicht gerade verhungert aus. Auch seine Augen zeigten, daß er nicht die ganze Nacht in einem alten Verschlag gesessen und auf das Wimmern eines alten Mannes gehört hatte.
    Sie wandte sich der Apotheke zu. »Aha - du bist unterwegs zur Apotheke? Schade um dich, aber der Apotheker wird dir schon ein Schlafmittel geben. Vielleicht willst du etwas Nervenstärkendes …?«
    »Ich will dich«, sagte Sam heiser, und bevor sie eine Antwort hervorbringen konnte, begann er mit der Einleitung zu seiner Rede: »Dich will ich, weil ich dich trotz der Art und Weise, wie du mich hast sitzenlassen - du weißt, daß du das getan hast, Oktober! -, trotzdem liebe. Ich glaube, wenn je ein anderer Mann von einer Frau so behandelt worden wäre, würde er ihr nicht nachlaufen wie ich dir …«
    Sie bemerkte plötzlich einen kleinen, unnatürlich sauberen Jungen mit einem weißen, ihm sicher hinderlichen Kragen, der neben Sam auf dem Bürgersteig aufgetaucht war.
    Er stand sehr unsicher und

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