Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nach Norden, Strolch

Nach Norden, Strolch

Titel: Nach Norden, Strolch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
geworden.«
    Sie schüttelte mutlos den Kopf und sah ihn abschätzend an. »Würden Sie lange bleiben?« fragte sie.
    »Das weiß ich nicht. Es kommt darauf an.«
    Er konnte sehen, wie sie schwankte.
    »Treten Sie bitte näher.«
    Sie schloß hinter ihm die Tür. Er stand in einem großen Vorraum, von dem eine Treppe zu einer Galerie führte, die um alle vier Seiten der Halle lief. An der Wand vor ihm hing ein Stahlstich der Königin Viktoria und darüber eine englische Fahne. Der Boden war mit viereckigen schwarz-weißen Fliesen ausgelegt; ein wuchtiger Schrank aus Rosenholz stand an einer Wand, und eine alte Uhr tickte ernst aus einer Ecke. Sie öffnete eine Tür und führte ihn in einen Salon, der sich in nichts von allen Salons der frühviktorianischen Zeit unterschied. Alles war peinlich sauber, aber schrecklich abgenutzt und ärmlich. Das ursprüngliche Muster war längst vom Teppich verschwunden, nur rotblaue Flecken waren davon übriggeblieben.
    Sie nahm Haube und Schürze ab und legte sie auf ein Sofa.
    »Ich bin selbst die Dame des Hauses«, sagte sie einfach. »Ich habe nur ein Dienstmädchen. Manchmal mache ich selber die Tür auf. Sie wollen Zimmer?«
    »Zwei«, sagte er, aber sie schüttelte den Kopf.
    »Ich habe nur eins - ein großes Doppelzimmer. Sie müssen wissen, Mr. -?«
    »Beausere!«
    »Mr. Beausere, daß ich keine Pensionäre mehr habe. Das Haus ist ziemlich weit außerhalb Ogdensburg, und in den letzten Jahren wurden dort verschiedene neue Pensionen eröffnet. Nur manchmal im Frühjahr und Herbst wohnt eine Familie aus Kanada bei mir.«
    Sie wollte ihm noch etwas erzählen, aber er wurde beim Gedanken an Oktober ungeduldig und war nicht in der Laune, vertrauliche Mitteilungen zu hören.
    »Ich darf meine Frau dann herbringen?« fragte er.
    Sie zögerte wieder.
    »Ja, bitte. Ich bin überzeugt, daß ich richtig handle. Gott hat schon, große Wunder für mich getan - ich muß Ihnen mein Vertrauen schenken.«
    Diesen geheimnisvollen Satz noch in den Ohren, rannte er zurück zur Stelle, wo er Oktober verlassen hatte, und ein Stein fiel ihm vom Herzen, als er sah, daß sie ihm langsam entgegenkam.
    »Du Engel! Ich war der Meinung, du müßtest unbedingt getragen werden!«
    Hierüber lächelte sie, und Oktober lächelte selten.
    »Was hast du ausgegraben?« fragte sie. »Robin, ich könnte Gras essen!«
    Er erzählte ihr von seiner neuen Wirtin.
    »Die Arme - wie tapfer!« sagte Oktober mit gedämpfter Stimme, »und ich liebe frühviktorianische Möbel und besonders Tische mit geröstetem Huhn und Kuchen und Melonen … Ach, ich darf gar nicht daran denken!«
    Die Wirtin erwartete die beiden an der Tür und teilte ihnen mit, daß man sie für gewöhnlich Miss Ellen nenne.
    »Ich muß Sie nur um einen Gefallen bitten«, sagte sie, nachdem sie Oktober feierlich das Wohnzimmer gezeigt hatte, »nämlich, so wenig Lärm als möglich zu machen. Ich habe - ich habe einen Kranken im Hause, mein - lieber Vater.«
    Sie suchte schnell nach ihrem Taschentuch. Das also war der Grund ihrer Tränen.
    »Vielleicht möchten Sie zu Mittag essen? Es ist allerdings etwas spät, wir essen gewöhnlich um zwei, aber wenn Sie wünschen -?« Oktober wünschte heftigst. Miss Ellen glitt aus dem Zimmer und schloß sanft die Tür hinter sich.
    »In mancher Hinsicht«, sagte Robin und blickte das Mädchen an, »kann dies nicht Wirklichkeit sein! Das gehört zu den Dingen, die es eigentlich nicht gibt. Ich danke Gott für das Geld!« Er raschelte zufrieden mit den Noten in seiner Tasche und sagte dann mit gemachter Gleichgültigkeit: »Es gibt nur ein Zimmer. Ich will sagen, ein Schlafzimmer … Ich werde der gütigen Dame mitteilen, daß ich eine eigenartige Vorliebe dafür habe, auf Roßhaarsofas zu schlafen - und wirklich, einem Mann, der gewohnt ist, auf harter Erde zu schlafen, und der selbst eine Holzbaracke als Luxus betrachtet, wird ein Sofa oder selbst ein einigermaßen weicher Teppich wie der Himmel Vorkommen.«
    Sie gab keine Antwort: Aus irgendeinem Grund war der Augenblick peinlich.
    »Ich nehme an - wir sind doch verheiratet?« fragte sie. »Selbstverständlich sind wir das. Weshalb fragst du?«
    Sie blickte starr das Fenster an. »Mr. Sam Water hegte Zweifel. Er sagte, die Trauung sei vom Bezirksrichter für illegal erklärt worden. Und vom Bischof!«
    Er war beruhigt. »Das ist doch nicht dein Ernst?«
    Sie nickte. »Das ist nur ein Trick! Oder irgendeiner dieser infamen Reporter brauchte eine Sensation und hat

Weitere Kostenlose Bücher