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Nach Norden, Strolch

Nach Norden, Strolch

Titel: Nach Norden, Strolch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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und sie wieder herausgefischt. Darauf hätte ich vorbereitet sein müssen; aber der Revolver ist ein anderer. ›Rotbart‹ hat bisher immer ein harmloseres Schießeisen benutzt.«
    »Sie haben dir doch nichts getan?«
    Oktobers Hand bewegte sich langsam an seinem Ärmel auf und ab, und diese Zärtlichkeit rührte ihn tief.
    »Nein - aber ich habe einem von ihnen etwas getan. Ich glaube, es ist Lenny. Hoffentlich ist er nicht tot. Ich werde mich überzeugen.«
    Er ging durch das Wohnzimmer, öffnete ein Fenster und ließ sich geräuschlos auf die Terrasse hinunter. Durch die Baumgruppen lief er zu der Stelle, wo die Kleider des Alten verbrannt worden waren. Eine verwitterte Tür war in der Mauer, und er hatte bemerkt, daß sie nicht ganz geschlossen war. Er schob sie weit genug auf, um sich durchzuzwängen, und befand sich in einer schmalen Allee, die auf der einen Seite von der Gartenmauer, auf der anderen von einem Drahtgitter flankiert war. Hier schlich er vorwärts, pausierte alle paar Schritte, um zu horchen. Bald war er nur mehr einige Meter von der Straße entfernt. Er rechnete sich aus, daß er jetzt gegenüber der Stelle sein mußte, wo der Schatten gestürzt war … Er hörte das Surren eines Autos, das schwächer und schwächer wurde. Vorsichtig trat er auf die Straße und spähte nach rechts und links.
    Der Weg verlief ganz gerade; eine halbe Meile entfernt sah er ein kleines rotes Licht - das Schlußlicht eines Autos, und er beobachtete, wie es verschwand. Die Pistole lag jetzt in seiner linken Hand. Er wollte nichts riskieren.
    Niemand war da - nicht einmal in dem schwarzen Schatten der Bäume vor ihm. Sie waren weg. Er schritt mitten auf der Straße. Der Mondschein spiegelte sich auf dem brünierten Lauf seiner Waffe. Nirgends ein Geräusch oder eine Bewegung. Das nächste Haus war einen halben Kilometer entfernt. Aber zweifellos gab es in diesem Augenblick ängstliche Seelen, die im Begriff waren, die Polizei anzurufen.
    Hier … oder war es dort, wo Lenny fiel? Er nahm das Risiko auf sich und zündete ein Streichholz an … ließ es aber sofort wieder fallen, als er das Tappen von Schritten vernahm.
    Es war Oktober. Sie hatte einen alten Mantel über ihr Nachthemd geworfen und war barfuß.
    »Geh’ zurück ins Haus!« zischte er.
    »Benimm dich nicht wie ein Höhlenmensch«, sagte sie. »Sie sind ja weg. Ich habe das Auto wegfahren sehen, und vorher haben sie jemand hineingehoben. Ich war oben in meinem Schlafzimmer und habe aus meinem Fenster geschaut. Das ist natürlich nicht so schlau, als über die Gartenmauer zu klettern, aber man sieht viel mehr! Ist das hier das Messer?« Sie hielt ein langes Messer in einer Hand. »Es steckte in einem der Bäume.«
    Er hob warnend seine Hand und horchte.
    »Das ist der Streifenwagen«, sagte er. Sie liefen ins Haus zurück und schlossen die Tür. Miss Ellen wartete wie ein müder Geist im dunklen Vorplatz und rieb ihre dünnen Hände nervös gegeneinander.
    »Werden sie hierherkommen?« fragte sie, als er ihr alles gesagt hatte.
    »Vielleicht werden sie sich erkundigen … Das beste ist, Sie sagen, Sie hätten die Schüsse gehört. Oktober kann in ihr Zimmer zurückgehen. Ich glaube nicht, daß sie das Haus durchsuchen werden. Wenn Sie zum Tor hinuntergingen, würde uns das eine Menge Schwierigkeiten ersparen.«
    Sie nickte - sie hatte doch Mut. So kam es, daß, als die Polizei ankam, und hinter ihr etwa ein Dutzend Einwohner der Gegend, Miss Ellen in der Lage war, ihnen eine glaubwürdige Schilderung der Schießerei zu geben.
    »Sie haben niemanden erkannt?« fragte der Polizeisergeant, denn Miss Ellen behauptete, den ganzen Vorgang von ihrem Schlafzimmerfenster aus gesehen zu haben. »Etwa einen Kerl mit einem roten Bart? Der war heute nachmittag in Ogdensburg.« Nein, Miss Ellen hatte weder den rotbärtigen Kerl noch irgendeinen anderen Kerl identifizieren können. Die Polizei nahm eine oberflächliche Untersuchung der Straße vor dem Grundstück vor und fand Blutflecke, die die Aussage der Dame nur bestätigten.
    »War kein Strolch dabei - in einem braunen Anzug … mit aufwärtsgedrehtem Schnurrbart - und ein Mädchen?«
    Miss Ellen hatte keinen solchen Strolch gesehen. «
    »Das ist aber seltsam.« Der Sergeant kratzte sich den Kopf. »Das Auto und alles das haben Sie auch nicht etwa gesehen, Miss Evington? Ich teile hiermit allen Leuten mit, daß es verdammte Schwierigkeiten für jedermann gibt, den ich mit einem Revolver finde - und das ist keine

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