Nachricht von dir
in Paris ist Mittag bereits vorbei), um Ihnen zu schreiben, wobei ich ein Sandwich mit herzhaften Rillettes aus Le Mans verspeise, liebevoll zubereitet von Pierre & Paul , Mitgliedern der herausragenden Bruderschaft der Chevaliers des rillettes sarthoises und Bäckermeistern im Laden gegenüber von meinem Geschäft. Ich sitze in der Sonne an ihrer Verkostungstheke, habe also den Mund voll Pâté, Brotkrümel überall auf meinem Pullover, und das Fett tropft auf das Display Ihres schönen Telefons: Nicht sehr glamourös, da stimme ich Ihnen zu, aber sooo köstlich. Doch ich werde sicher nicht ausgerechnet Sie von der Notwendigkeit überzeugen müssen, sich den Freuden eines guten Essens hinzugeben …
Lieber Jonathan, ich schreibe Ihnen diese kleine Nachricht, um Ihnen zwei Neuigkeiten mitzuteilen – eine gute und eine schlechte. Fangen wir mit der schlechten an: Wie Sie vielleicht wissen, wird dieses wunderbare Land Frankreich zu Beginn der Schulferien von einem Streik gelähmt. Flughäfen, Autobahnen, öffentliche Verkehrsmittel, Post: alles ist blockiert. Takumi, mein Lehrling, stand beim Postamt Boulevard Montparnasse vor verschlossenen Türen, daher kann ich Ihnen Ihr Telefon derzeit leider nicht schicken.
Alles Gute,
Madeline.
Jonathans Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Zwölf Minuten später war seine Antwort da:
Halten Sie mich zum Narren? Was ist das für eine Geschichte mit dem Streik?
Wenn sie ihm sein Handy nicht zurückschickte, würde er ihres natürlich auch nicht schicken!
Dreißig Sekunden später legte Madeline nach:
Noch wach um diese Zeit, Jonathan? Sie schlafen wohl nie. Könnte dieser Schlafmangel für die Mischung aus Reizbarkeit und schlechter Laune, die mir typisch für Sie zu sein scheint, verantwortlich sein?
Jonathan stieß einen gedehnten Seufzer aus und schrieb der jungen Frau eine neue SMS :
Sie hatten mir noch eine gute Nachricht als Ausgleich für die schlechte versprochen …
Auf ihrem Hocker thronend, verschlang Madeline den letzten Bissen ihres Sandwichs, bevor sie schlagfertig konterte:
Stimmt, hier ist die gute Nachricht: Trotz Kälte und Streik haben wir ganz prächtiges Wetter in Paris.
Kaum hatte sie die Mail abgeschickt, lauerte sie bereits auf eine Antwort, die auch nicht lang auf sich warten ließ.
Na gut, diesmal steht wenigstens einwandfrei fest: Sie halten mich zum Narren.
Trotz ihrer Unruhe konnte sie sich ein Lächeln nicht verkneifen. Der Streik im öffentlichen Dienst, der verhinderte, dass sie das Handy an seinen Besitzer zurückschicken konnte, brachte sie in Bedrängnis. Er lud ihr eine ungewollte Verantwortung auf. Sollte sie Jonathan über die Nachricht seiner Exfrau informieren, die von New York aus angerufen hatte, um ihn anzuflehen, zu ihr zurückzukehren? Völlig ungewollt verfügte Madeline über eine Information, die für die Zukunft des Paares äußerst bedeutsam war, und das gefiel ihr gar nicht.
Madeline bestellte ein zweites Glas Wein, nippte daran und beobachtete das Treiben auf der Straße. Die Rue Delambre mit ihren bekannten Geschäften war an diesem letzten Einkaufswochenende vor Weihnachten äußerst belebt. Auf den sonnenbeschienenen Bürgersteigen vermischten sich die taillierten Mäntel der Pariserinnen, die dicken Daunenjacken der Youngsters, bunte Schals, Kindermützen, klappernde Absätze und die Atemwolken, die sich vor den Mündern bildeten, zu einer betäubenden Woge aus Farben und Gesichtern.
Madeline leerte ihr Glas und griff leicht angeheitert zur Feder – wenn man so sagen kann –, um eine letzte Nachricht zu schreiben:
Lieber Jonathan,
es ist 13 Uhr. Meine Mittagspause geht zu Ende, und das ist gut so, denn wenn ich auch nur eine Minute länger in diesem Lokal bliebe, würde ich vermutlich der Tarte Tatin mit Eis und allem, was dazugehört, nicht widerstehen können. Eine echte Kalorienbombe, wie man bei Ihnen sagt, und eine Versuchung, die knapp eine Woche vor dem weihnachtlichen Festschmaus absolut unvernünftig wäre, da stimmen Sie mir gewiss zu.
Es war mir ein Vergnügen, mich – wenn auch nur kurz – mit Ihnen auszutauschen, und das trotz Ihrer schlechten Laune und Ihrer brummigen, unwirschen und schmollenden Art, die – wie ich sehr wohl verstanden habe – ein »Markenzeichen« darstellt, das manche Frauen sicher anziehend finden. Bevor ich zum Ende komme, erlauben Sie mir nichtsdestotrotz,
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