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Bestie, und Madeline war immer der Meinung gewesen, dass sich Danny vor allem in die Spirale der Gewalt hatte hineinziehen lassen, um die Kontrolle über seinen Bruder zu behalten.
Als sie den Innenhof erreichten, trat ein Rotschopf vor, der die junge Polizistin durchsuchen wollte, doch da kannte er Madeline schlecht.
»Wenn du mich anfasst, schlitze ich dir den Bauch auf!«
Danny lächelte und hob die Hand, um seine Leute zu beruhigen und wegzuschicken. Dann nahm er ihr selbst die Waffe ab und vergewisserte sich, dass sie nicht eine zweite im Rücken oder am Knöchel verbarg.
»Nutz bloß die Gelegenheit nicht, um mich zu befummeln!«
»Ich muss mich absichern, denn wenn die Bullen eines Tages beschließen, mich abzuknallen, werden sie dich diese Drecksarbeit erledigen lassen …«
In einer romantischen Laube nahmen sie einander gegenüber an einem emaillierten Gartentisch Platz.
»Man könnte meinen, wir wären in der Provence oder in Italien«, rief Doyle, um die Situation zu entspannen.
Madeline fröstelte. Es war nicht einfach, dem Teufel gegenüberzusitzen.
Außer dass Danny Doyle, bevor er der Teufel wurde, mit ihr die Grundschule besucht hatte und später der erste Junge gewesen war, von dem sie sich hatte küssen lassen.
»Na, dann schieß mal los«, sagte Danny und verschränkte die Hände.
Doyle hatte ein kantiges Gesicht, war mittelgroß, dunkelhaarig und versuchte, wie ein Durchschnittsbürger auszusehen. Madeline wusste, dass er das Chamäleonhafte des Darstellers Kevin Spacey in dem Film Die üblichen Verdächtigen bewunderte. Er war ganz in Schwarz gekleidet und trug, ohne damit zu protzen, einen Anzug von Ermenegildo Zegna, der sicher tausend Pfund gekostet hatte. Im Gegensatz zu seinen Handlangern wirkte Doyle nicht wie eine Karikatur. Im Gegenteil, er besaß den Charme jener Männer, die nicht mehr zu verführen versuchen.
»Ich komme wegen Alice Dixon, Daniel.«
»Das Mädchen, das verschwunden ist?«
»Ja, ich leite seit drei Monaten die Ermittlungen. Hast du vielleicht Informationen?«
Doyle schüttelte den Kopf.
»Nein, warum?«
»Schwörst du mir, dass du nicht hinter der Sache steckst?«
»Warum hätte ich das Mädchen entführen sollen?«
»Um sie für dich arbeiten zu lassen …«
»Sie ist erst vierzehn!«
Madeline zog ein Foto von Alice aus ihrer Brieftasche.
»Sie sieht mindestens wie sechzehn aus. Und sie ist hübsch, oder?«, meinte sie und zeigte ihm das Bild. »Sag mir nicht, dass du sie nicht gerne vernaschen würdest!«
Diese Provokation war Doyle unerträglich. Mit einer schnellen Geste packte er Madeline beim Kopf, zog sie dicht an sich heran und sah ihr in die Augen.
»Was soll das, Madeline? Ich habe sicher alle Fehler dieser Welt, ich habe Blut an den Händen, und mein Platz in der Hölle ist bereits reserviert, aber ich habe nie ein Kind angerührt.«
»Dann hilf mir«, sagte sie und befreite sich aus seinem Griff.
Nach einer Weile fragte Doyle, noch immer leicht verärgert:
»Was erwartest du von mir?«
»Du kennst Gott und die Welt hier im Viertel, und die meisten Leute sind dir etwas schuldig. Du schlichtest Nachbarschaftsstreitigkeiten, du schützt die Geschäftsleute und lässt sogar zu Weihnachten Geschenke an die ärmsten Familien verteilen …«
»Das ist meine Robin-Hood-Seite«, meinte Doyle ironisch.
»Dir ist vor allem daran gelegen, möglichst viele Menschen von dir abhängig zu machen.«
»Das ist die Grundlage des Geschäfts …«
»Nun, ich möchte, dass du deine Verbindungen nutzt, um Informationen über die Entführung von Alice zu bekommen.«
»Welche Art Informationen?«
»Die Informationen, die die Leute nicht der Polizei mitteilen wollen.«
Doyle seufzte und dachte kurz nach.
»Maddie, das Mädchen ist seit über drei Monaten verschwunden. Dir muss doch klar sein, dass man sie nie finden …«
»Ich bin nicht gekommen, um mir solchen Blödsinn anzuhören«, unterbrach sie ihn und fuhr fort: »Zu deinem Kreis gehören auch Politiker und Geschäftsleute. Typen, die dir ebenfalls etwas schulden, weil du kompromittierende Fotos von Sexgelagen mit Callgirls nicht an ihre Ehefrauen oder an die Presse geschickt hast. Aber du kennst die Einzelheiten besser als ich, denn du hast die Mädchen ja bezahlt.«
Ein nervöses Grinsen umspielte Doyles Lippen.
»Woher weißt du das?«
»Ich bin Bulle, Daniel. Du musst doch wissen, dass dein Telefon seit Monaten abgehört wird.«
»Ich habe Dutzende von Handys«, meinte er
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