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Titel: Nachricht von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Musso
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für eine dumme Kuh!«, schimpfte sie und schlug mit der Faust auf die Kühlerhaube. »Acht Tage zu warten, ehe sie das Verschwinden ihrer Tochter anzeigt! Die bringe ich in den Knast!«
    Bei jeder Vermisstenmeldung waren die ersten achtundvierzig Stunden entscheidend. Hatte man die Person in dieser Zeitspanne nicht gefunden, würde man sie vielleicht niemals finden.
    »Beruhige dich«, sagte Jim. »Ich habe die Handynummer des Mädchens. Vielleicht können wir ja ihre Anrufe verfolgen.«
    Erneut betrachtete Madeline das Foto, und ihre Kehle zog sich zusammen. Sie sah in Alice eine kleine Schwester oder gar ihre Tochter. Wie Erin hätte sie mit siebzehn Jahren nachts nach einem Disco-Besuch auf dem Rücksitz eines Rover 200 von einem Idioten dieses Viertels geschwängert werden können.
    Wo bist du ?, murmelte sie.
    Sie war, was selten vorkam, der unerschütterlichen Überzeugung, dass Alice lebte. Doch selbst in diesem Fall machte sich Madeline keine Illusionen. Das Mädchen befand sich gewiss nicht in einer angenehmen Lage. Vermutlich eher im dunklen, feuchten Keller eines Irren oder in den Klauen einer Mafia, die auf Mädchenhandel und Prostitution spezialisiert war.
    Eines jedenfalls war sicher.
    Sie hatte Angst.
    Furchtbare Angst.


    Kapitel 13
    Tage des Scheiterns
    Everybody counts or nobody counts.
    Michael Connelly,
The Last Coyote
     
     
     
     
    Die letzte »Person«, die Alice Dixon lebend gesehen hatte, war … eine Überwachungskamera. Auf dem Video, das am Pickle Cross aufgenommen worden war, erkannte man das schlanke Mädchen, wie es, den Rucksack über der Schulter, aus einem Bus stieg. Man sah deutlich, dass sie an der Ecke in die Seitenstraße bog, die zu ihrer Schule führte. Ein Weg von kaum achthundert Metern. Und dann … nichts mehr. Tage des Schweigens, der Gleichgültigkeit und des Mysteriums. Niemand hatte etwas gesehen oder gehört. Man hätte glauben können, Alice hätte sich in Luft aufgelöst.
     
     
    Seit zehn Jahren führte die Politik der Videoüberwachung dazu, dass Manchester, wie alle englischen Großstädte, bis in den letzten Winkel mit Kameras ausgestattet war. So konnten die Bürger unter Umständen bis zu dreihundert Mal pro Tag gefilmt werden. Ein unvergleichliches Mittel im Kampf gegen die Kriminalität. Das zumindest behaupteten die Politiker, denn die Realität sah anders aus, da das Material aus Geldmangel oft defekt war. Am Morgen von Alices Verschwinden waren alle Kameras auf dem Weg zu ihrem Gymnasium funktionsunfähig oder falsch eingestellt gewesen, sodass die Aufnahmen verschwommen oder völlig unbrauchbar waren …
     
     
    In den folgenden Tagen mobilisierte Madeline einhundertfünfzig Polizisten, um die Wohnungen, Keller und Gärten in einem Umkreis von drei Kilometern um die Schule durchsuchen zu lassen. Hunderte von Personen wurden befragt, aktenkundige Pädophile in Polizeigewahrsam genommen und nach einem verdächtigen weißen Kombi gefahndet, den mehrere Schüler gesehen hatten.
     
     
    Da Madeline überzeugt war, dass Erin Dixon erhebliche Schuld am Verschwinden von Alice traf, wurde auch sie in Gewahrsam genommen und mehr als zwanzig Stunden verhört. Für die Kommissarin war Erin total von Crack abhängig und zu allem fähig. Um an ihren Stoff zu kommen, wäre sie sogar in der Lage gewesen, ihre eigene Tochter an Zuhälter zu verkaufen. Doch die Befragungen ergaben nicht viel. Auf Anraten ihres Anwalts verlangte Erin, an einen Lügendetektor – ein riesiger Schwindel – angeschlossen zu werden, und bestand den Test. Sie wurde freigelassen und erdreistete sich, vor den Kameras mit bebender Stimme an eventuelle Entführer zu appellieren.
     
     
    Die Informatikabteilung knackte mühelos das Passwort von Alices Computer: HEATHCLIFF , wie der Name des Helden in ihrem Lieblingsroman Sturmhöhe . Leider ergab weder die Auswertung der Festplatte noch die der E -Mails einen verwendbaren Hinweis.
     
     
    Bei der Lektüre von Alices Tagebuch stellte Madeline fest, dass das Mädchen unter Angabe eines falschen Alters kleine Jobs übernahm. So verdiente sie sich das Geld für ihre Bücher und ihr Kulturprogramm. In den letzten Monaten hatte sie im Soul Café , einer Bar an der Oxford Road im Universitätsviertel, gearbeitet. Der Wirt wurde wegen Beschäftigung Minderjähriger festgenommen, vom Verdacht einer möglichen Entführung jedoch freigesprochen.
     
     
    Am 15. Dezember suchten Taucher das Westufer des River Irk auf zwei Kilometer Länge ab,

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