Nachricht von dir
schulterzuckend.
»Egal, ich möchte, dass du diese ›feinen Herren‹ einspannst, um die Öffentlichkeit zu mobilisieren.«
Der Barmann brachte eine Flasche Bordeaux, die er doch noch aufgetrieben hatte.
»Ist der der gnädigen Dame genehm?«
»Ein Haut-Brion 1989!«, rief sie nach einem Blick auf das Etikett. »Nein, den können wir nicht aufmachen, das ist ein Grand Cru.«
Doyle befahl dem Barmann mit einer Kopfbewegung, ihnen zwei Gläser einzuschenken.
»Der gehörte dem dreckigen Ruskoff, der jetzt sechs Fuß unter der Erde ruht! Es ist mir also ein großes Vergnügen, auf sein Wohl zu trinken!«
Um ihn nicht zu verärgern, nahm Madeline das Glas und wartete auf Doyles Antwort.
»Was bekomme ich dafür, wenn ich dir helfe, das Mädchen zu finden?«
»Persönliche Befriedigung, Gottes Nachsicht für all deine Taten, eine Art Ablass …«
Er lachte leise.
»Und ernsthaft?«
Um sich Mut zu machen, nahm Madeline einen kräftigen Schluck Wein. Sie hatte diesen Deal vorbereitet. Bei Doyle bekam man nichts umsonst, darum hatte sie sich auch erst als eine letzte Möglichkeit an ihn gewandt.
»Seit mehreren Wochen informiert ein Spitzel die Great Manchester Police über deine Pläne …«, begann sie.
Doyle schüttelte den Kopf.
»Willst mir weismachen, unter meinen Männern gäbe es einen Verräter?«
»Er hat uns von dem Einbruch bei der Butterfly Bank in Kenntnis gesetzt, den du für nächsten Freitag geplant hast …«
Doyle reagierte nicht.
»Gibst du mir seinen Namen, wenn ich dir helfe?«
Madeline lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.
»Kommt nicht infrage, ich habe schon zu viel gesagt. Sieh zu, dass du den Kerl selbst findest.«
»Du setzt deinen Ruf aufs Spiel, indem du hierherkommst und mich um Hilfe bittest, willst dir aber gleichzeitig die Finger nicht wirklich schmutzig machen, stimmt’s?«
»Daniel, bitte … wenn ich dir den Namen gebe, ist der Mann noch vor heute Abend tot.«
»Daran besteht kein Zweifel«, erwiderte er und sah sie mit einer Mischung aus Vorwurf und Zuneigung an.
Sie waren einander auf seltsame Weise verbunden. Außer ihr hatte ihn niemand je »Daniel« genannt, und er war sich ziemlich sicher, dass auch niemand sie »Maddie« nennen durfte.
»In dieser Angelegenheit gibt es keine Halbheiten, Maddie. Entweder du riskierst was, um das Mädchen zu retten, oder du wäschst deine Hände in Unschuld. Das musst du selbst entscheiden.«
»Du lässt mir keine Wahl.«
» Wir haben alle die Wahl. Wir sind die Summe unserer Entscheidungen . In welchem Buch kommt das vor? Es war einer der Romane, die du mir bei meinem ersten Gefängnisaufenthalt geschickt hast.«
Vor seinen Männern gab sich Daniel unkultiviert, was aber in Wirklichkeit nicht der Fall war. Im Gegensatz zu seinem Bruder interessierte er sich für Kunst und hatte vor seiner Verhaftung Betriebswirtschaft, zunächst in London, dann an der Universität von Kalifornien studiert.
Madeline zog ein gefaltetes Blatt aus der Tasche ihrer Jeans und reichte es Doyle.
»Okay, hier ist der Name unseres Spitzels«, sagte sie.
Sie erhob sich, um zu gehen.
»Bleib noch fünf Minuten«, bat er und hielt sie an der Hand zurück.
Sie zog ihre Hand zurück. Um sie umzustimmen, griff er nach einem Feuerzeug und hielt die Flamme unter das Papier, ohne den Namen gelesen zu haben.
»Gut, du hast gewonnen.«
Also setzte sie sich wieder, und er schenkte ihr noch ein Glas Wein ein.
»Warum hast du dieses beschissene Manchester nicht verlassen?«, fragte er und zündete sich eine Zigarette an. »Du hast immer gesagt, du wolltest in Paris leben …«
»Und warum bist du nicht in den USA geblieben? Wozu dienen dir die Restaurants und Immobilienbüros, die du in Los Angeles gekauft hast? Nur zur Geldwäsche?«
Er wich der Frage aus.
»Du wolltest ein Blumengeschäft aufmachen …«
»Und du hast gesagt, du wolltest Theaterstücke schreiben!«
Bei dieser Anspielung lachte Doyle kurz auf. Der Theaterclub im Gymnasium. 1988. Er war damals dreizehn Jahre alt gewesen.
»Das Buch meines Lebens war schon vor meiner Geburt geschrieben. Wenn du in Cheatam Bridge geboren bist und Danny Doyle heißt, entkommst du deinem Schicksal nicht.«
»Ich dachte, man hätte immer die Wahl«, neckte sie ihn.
Ein Aufblitzen erhellte seinen Blick, und ein offenes Lächeln machte seinen Gesichtsausdruck geradezu sympathisch. Schwer vorstellbar, dass dies derselbe Mann war, der einen Monat zuvor einem Ukrainer mit einer Machete Hände und
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